Maximilian Marterer: Erfolgreich durch Gleichmut, Geduld, Stabilität

Von Jörg Allmeroth
Maximilian Marterer ist in Miami nach Wunsch gestartet
© getty

Maximilian Marterer ist aus deutscher Sicht der Aufsteiger der bisherigen Saison. Bei den French Open überzeugte der Franke durch einen 5:7, 7:6, 7:5, 6:4-Zweitrundensieg gegen den hochgehandelten kanadischen Teenager Denis Shapovalov. Im Achtelfinale könnte Anfang nächster Woche Sandplatzkönig Rafael Nadal warten.

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Im letzten Jahr hatte Maximilian Marterer irgendwann genug von der etwas größeren Welt des Tennis. Als er bei den US Open zum 14. Mal hintereinander ein Erstrundenmatch auf der ATP-Tour und bei Grand Slams verloren hatte, beschloss er einen vorübergehenden Rückzug.

Fortan versuchte Marterer wieder sein Glück auf überschaubaren Bühnen, bei den Challenger-Wettbewerben. Er wollte einfach wieder öfter das Gefühl des Gewinnens spüren und nicht mit den Meldungen über das werweißwievielte Scheitern konfrontiert werden. Und tatsächlich gelang das Experiment des kontrollierten Abstiegs, Marterer siegte wieder regelmäßiger, tankte Selbstbewusstsein auf. "Manchmal", sagt er, "muss man einen Schritt zurückgehen, um wieder voran zu kommen."

Michael Kohlmann lobt: "Maxi hat einen kräftigen Schritt nach vorne gemacht"

2017, die dunklen Tage der Spielserie - das scheint gegenwärtig alles weit, sehr weit zurückzuliegen. Marterer ist, aus deutscher Sicht, gerade der Aufsteiger der Saison im Herrentennis. Als der 22-jährige Nürnberger am Himmelfahrtstag die Stierkampfarena der French Open verließ, hatte er sogar seinen bisher spektakulärsten Karrieremoment zur rechten Zeit am rechten Ort gefeiert: Gegen den hochgehandelten kanadischen Teenager Denis Shapovalov (19), eins der globalen Gesichter der NextGeneration-Kampagne der ATP, siegte der deutsche Youngster mit 5:7, 7:6, 7:5 und 6:4.

Marterer überzeugte bei diesem Grand Slam-Coup mit einer erstaunlichen Mischung aus Gleichmut, Geduld und Stabilität in kritischen Situationen, er wirkte ganz einfach wie der reifere, abgeklärtere der beiden talentierten Professionals. "Maxi hat einen kräftigen Schritt nach vorne gemacht", sagt der deutsche Davis Cup-Kapitän Michael Kohlmann, der auch Marterers persönlicher Coach ist.

Kohlmanns unaufgeregte, stets fachlich fundierte Erziehungsarbeit hinterlässt mehr als gedeihliche Spuren bei Marterer, der sich in praktisch allen Aspekten seines Berufs verbessert hat. In der Weltrangliste rückte Marterer inzwischen bis unter die Top 70 vor.

Auch Boris Becker erwartet noch einiges von "Maxi"

Schon bei den Australian Open, gleich zu Jahresbeginn, hatte Marterer für Aufsehen gesorgt. Denn nach den monatelangen Enttäuschungen der Saison 2017, jedenfalls in der Ersten Liga des Tennis, landete der junge Deutsche umgehend einen Coup in Melbourne, als er nach Landsmann Cedric-Marcel Stebe auch den ausgebufften Spanier Fernando Verdasco bezwang. Erst in der dritten Runde scheiterte er knapp am Amerikaner Tennys Sandgren.

Kurz danach kam er ins Viertelfinale des ATP-Wettbewerbs von Sofia, es war, zusammen genommen, so etwas wie der Durchbruch ins Spitzenfeld seines Sports, auch der Abschluss eines Lehr- und Lernprozesses beim Übergang vom Junioren- ins Erwachsenentennis. "Er ist ein Spieler, der uns noch viel Freude bereiten wird", sagte damals schon Boris Becker, der Herren-Abteilungsleiter des DTB. Als Belohnung für den hart erkämpften Aufstieg nahmen Becker und Kohlmann den Franken dann auch zum Davis Cup-Match nach Spanien mit.

Ein Sieg noch, dann könnte Sandplatzkönig Nadal warten

Dort sah Marterer dann auch aus nächster Nähe den unwiderstehlichen Matador Rafael Nadal über den Platz wirbeln, den Mann, der verantwortlich dafür war, dass die deutschen Siegträume schließlich noch zerplatzten. In Paris könnte der 22-jährige den legendären Fighter jetzt noch ein gutes Stückchen besser kennenlernen, Auge in Auge sozusagen. Denn wenn Marterer sein nächstes Match am Samstag gegen den Esten Jürgen Zopp gewinnen sollte, träfe er am Montag aller Voraussicht nach auf den zehnmaligen Roland Garros-Champion, an dessen Vorankommen bestehen wenige Zweifel.

"Natürlich sehe ich, was da passieren könnte", sagt Marterer, aber er hat gelernt, sich nicht in übermäßigen Erwartungen zu verrennen. Schön eine Aufgabe nach der anderen gilt es zu erledigen, also erstmal gegen Zopp gewinnen, den cleveren Routinier, der als Lucky Loser ins Hauptfeld kam. Und dann auf Nadal warten, den Meister aller Klassen. "Es ist schön", sagt Marterer, "dass ich mir diese Chancen jetzt erarbeitet habe." Er sei schon ein bisschen stolz, so Marterer, "wie ich die Dinge in den letzten Monaten gedreht habe."

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