"Delpo" - Der Kerl, der niemals aufgibt

SID
Juan Martin del Potro - Publikumsliebling weltweit
© getty

Die Fans standen kopf: Juan Martin del Potro hat einmal mehr mit einer famosen Aufholjagd für Furore gesorgt und trifft im US-Open-Viertelfinale auf Roger Federer.

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Die Nase war feuerrot, die Augen schimmerten glasig. Wie ein Held sah Juan Martin del Potro nun wahrlich nicht aus, als er müde im vollen Presseraum saß und mit gewohnt leiser Stimme zu erklären versuchte, warum ihn die Tennis-Fans so lieben. "Ich weiß es gar nicht", flunkerte der frischgebackene US-Open-Viertelfinalist und sagte dann: "Sie mögen einen Kerl, der niemals aufgibt."

So wie del Potro Stunden zuvor. Als es vollbracht war, stand der Argentinier nach seinem Fünfsatz-Coup breitbeinig auf dem Grandstand, blickte dankbar in den Himmel und bekreuzigte sich. Zwei Matchbälle hatte er beim 1:6, 2:6, 6:1, 7:6 (7:1), 6:4 gegen den an Position sechs gesetzten Dominic Thiem (Österreich) abgewehrt. Dazu einen 0:2-Satzrückstand aufgeholt.

"Eines der epischsten Matches"

Die 8500 Zuschauer fassende Arena glich nicht erst nach dem Triumph des bescheidenen Publikumslieblings, der einst an depressiven Verstimmungen litt, einem Tollhaus. Es herrschte eine Stimmung wie bei einem Fußballspiel, als die Gauchos in den hellblau-weißen Trikots ihre "Delpo, Delpo"-Sprechchöre anstimmten. "Das war eines der epischsten Matches meiner Karriere - und das bei meinem Lieblingsturnier", sagte der Weltranglisten-28.

In den letzten Tagen hatte del Potro an einer fiebrigen Erkältung gelitten. Nach dem zweiten Satz gegen Thiem wollte er schon aufgeben. "Aber ich habe für die tollen Zuschauer weitergekämpft", erklärte er und meinte: "Es wäre schön, wenn ich jetzt schon den Siegerpokal gewonnen hätte."

So wie 2009, als er bei den US Open seinen einzigen Grand-Slam-Titel holte. Und das im Endspiel gegen Superstar Roger Federer, der kurioserweise auch jetzt im Viertelfinale am Mittwoch auf den 28-Jährigen wartet. "Es ist eine Ehre, gegen den größten Spieler der Geschichte antreten zu dürfen", meinte del Potro gewohnt demütig.

Heraus aus der Dunkelheit

Der 1,98-m-Riese mit dem verträumten Blick weiß aber auch, dass der Erfolg vor acht Jahren Folgen für sein Leben hatte. "Delpo" kam mit dem Rummel nicht klar, nachdem er in der sportverrückten Heimat zum Volkshelden wurde. Er zog sich zurück, weil er an Depressionen litt. Hinzu kamen drei Handgelenkverletzungen. Ein Teufelskreis, der den "Turm von Tandil" ins Wanken brachte. "Ich hatte traurige, dunkle Tage", erzählte del Potro damals.

Der ehemalige Weltranglistenvierte rutschte ab und kehrte nach seiner Auszeit als Nummer 1045 (Februar 2016) zurück auf die Tour. Die Liebe der Fans wirkte wie Balsam. Als "Delpo" das olympische Finale in Rio gegen den Briten Andy Murray verlor, wurde er als Sieger der Herzen gefeiert.

Seine Beliebtheit verwundert nicht. Als sein Gegner Nicolas Almagro bei den French Open im Juni verletzt aufgeben musste, setzte sich del Potro neben ihn auf die Bank, legte den Arm um den Spanier und tröstete ihn minutenlang.

Auch Federer hat tiefsten Respekt vor dem Davis-Cup-Helden von 2016: "Er ist ein feiner Kerl. Es ist großartig, ihn wieder auf der Tour zu sehen.

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