Titelverteidigerin Stephens ausgeschieden - Sevastova im Halbfinale

Von Ulrike Weinrich
Sloane Stephens, US Open
© getty

Titelverteidigerin Sloane Stephens ist überraschend im Viertelfinale der US Open ausgeschieden. Die Weltranglistendritte unterlag Anastasija Sevastova (Nr. 19) mit 2:6, 3:6. Für die 28-jährige Lettin ist es die erste Halbfinalteilnahme bei einem Grand-Slam-Turnier überhaupt. In ihrem bislang größten Match trifft Sevastova am Donnerstag entweder auf die sechsmalige Flushing-Meadows-Siegerin Serena Williams (USA/Nr. 17) oder Karolina Pliskova (Tschechien/Nr. 8).

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Nach 1:24 Stunden verwandelte Sevastova ihren dritten Matchball und konnte ihr Glück kaum fassen. In den vergangenen beiden Jahren war sie beim letzten Major des Jahres jeweils im Viertelfinale gescheitert. Besagte Hürde nahm die mit ihrem österreichischen Coach Roland Schmidt liierte Sevastova diesmal souverän.

Nicht zuletzt, weil Stephens zu keiner Phase an ihre glänzenden Auftritte gegen Elise Mertens (Belgien) und Victoria Azarenka (Weißrussland) in den Runde zuvor anknüpfen konnte. Besonders beim Verwerten ihrer Breakchancen offenbarte die French-Open-Finalistin, die nach dem frühen Aus von Simona Halep (Rumänien/Nr. 1) beziehungsweise Caroline Wozniacki (Dänemark/Nr. 2) die am höchsten platzierteste Spielerin im Draw war, große Schwächen.

Stephens größte Schwäche? Breakbälle verwandeln

Erst ihre achte Breakchance konnte Stephens nutzen - zum 1:2-Anschluss im zweiten Satz. Bis zu diesem Zeitpunkt war Sevastova die klar dominierende Spielerin, die die Favoritin mit ihrer einhändigen Slice-Rückhand und gefährlichen Stopps vor unlösbare Probleme stellte. Die Amerikanerin wirkte ratlos und schaute immer wieder fragend Richtung Box.

Stephens wirkte zu passiv. Bezeichnend der erste Satzball, den Sevastova nach 41 Minuten mit einem Vorhandwinner verwandelte - es war ihr neunter Gewinnschlag im Auftaktdurchgang. Auch vom Publikum im 23.771 Zuschauer fassenden Arthur-Ashe-Stadium ließ sich die erfahrene Lettin, die zuvor unter anderem Görges-Bezwingerin Ekaterina Makarova (Russland) und die Weltranglistensiebte Elina Svitolina (Ukraine) ausgeschaltet hatte, nicht beirren.

Stephens kam im zweiten Satz nach einem 1:4-Rückstand noch einmal auf 3:4 heran, doch letztlich behielt Sevastova an einem erneut schwülwarmen Tag kühlen Kopf und revanchierte sich für die Viertelfinal-Niederlage gegen die Amerikanerin bei den vergangenen US Open.

Immer wieder Slice und Stopps: Sevastova entnervt ihrer Gegnerin

Dabei hatte sich Stephens in diesen New Yorker Tagen wieder äußerst selbstbewusst präsentiert. Wenn sie beschrieb, wie es sich anfühlte, bei ihrem Heim-Grand-Slam die Titelverteidigerin zu sein, dann klang das so: "Super spaßig", "super aufregend", aber auch "super verrückt - sogar ein bisschen "super verwirrend". Am Dienstag schien sie nun "super genervt".

Stephens hatte im vergangenen Jahr bei der Siegerehrung für viel Heiterkeit gesorgt. Die Tochter eines tödlich verunglückten NFL-Profis und einer College-Schwimmerin hatte es gar nicht glauben können, als ihr im Arthur-Ashe-Stadium der Siegerscheck in Höhe von 3,7 Millionen Dollar in die Hand gedrückt wurde: "Wow, das ist eine Menge Geld!", meinte sie. Der Satz ging um die Welt.

Dirk Nowitzki und Shaquille O'Neal gratulierten Stephens 2017

Und Stephens war plötzlich ein Star: Unter anderem die Basketball-Helden Dirk Nowitzki und Shaquille O'Neal ("Wenn du eine Legende bezwingst, bist du selbst eine Legende") gratulierten dem neuen Stern im Tennis-Universum. Auf ihrem Smartphone hatte sie nach dem Final-Triumph über ihre Freundin Madison Keys (USA) über 200 Glückwunsch-Nachrichten. "Es ist cool, seinen Kindern irgendwann zu erzählen, dass man ein US-Open-Champion ist", hatte Stephens damals gesagt.

Die Art und Weise ihres Triumphs war umso beeindruckender, wenn man die Vorgeschichte kennt: Wegen einer Fußoperation zu Beginn der Saison 2017 hatte Stephens monatelang nicht Tennis spielen können. Wenige Woche vor ihrem Heim-Major in New York belegte sie lediglich Platz 934 im WTA-Ranking. "Eigentlich ist es unmöglich, das zu erleben, was mir passiert ist", befand sie nach ihrem Triumph, der die selbstbewusste Frau aus Florida allerdings aus der Bahn warf.

"Wo die Arbeit getan wird, ist sozusagen auf Court 75"

Nach ihrem Durchbruch auf der schillerndsten aller Tennis-Bühnen kassierte Stephens acht Niederlagen in Serie - und konnte erst im Februar 2018 wieder ein Match gewinnen. In den Tagen der Miami Open, die sie im Frühjahr gewann, hatte sie auch erklärt, was die Basis des Erfolges ist.

Nämlich keineswegs primär die Motivation, gegen große und namhafte Kontrahentinnen anzutreten. "Wo die Arbeit getan wird, ist sozusagen auf Platz 75. Wenn du gegen Niculescu spielst und sie dich nach Peking slict und schnippelt, wenn du wirklich kämpfen und dich quälen musst. Da kämpfst du darum, überhaupt auf den Center Court zu kommen und gegen solche Mädels zu spielen", gab Stephens zu Bedenken.

Der Traum von der Titelverteidigung platzte nun im Viertelfinale. Stephens wäre die erste Spielerin seit Serena Williams 2014 gewesen, die ihren Coup bei den US Open hätte wiederholen können.

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