Als sich gleich zu Beginn der ersten US-Open-Woche tropische Hitze über dem Schauplatz Flushing Meadow breitmachte, draußen vor den Toren des Big Apple, reagierten die Macher des letzten Major-Turniers der Saison schnell mit einem Akt der Vernunft.
Auch den männlichen Profis wurde umgehend eine Zehn-Minuten-Pause bei längeren Matches zugestanden, Turnierärzte und die Grand Slam-Direktion hatten sich eilig zusammengesetzt und den historischen Beschluß ohne langes Zögern umgesetzt. Es war eine logische, eine zwingende Entscheidung, aber es war auch ein Indiz dafür, wie sich der einst als "Grusel Slam" abgekanzelte Wettbewerb und seine Dirigenten in den letzten Jahren verändert haben.
Wirre Ansetzungen, kränkliche Infrastruktur: Das ist Vergangenheit
Vielen in der Tenniskarawane sind noch die Chaosjahre aus nicht allzu ferner Vergangenheit in lebhafter Erinnerung, die parteiische Ansetzung der Matches, der wirre Spielplan, das übermächtige Diktat der US-Fernsehnetworks, die kränkliche Infrastruktur. Doch die Zeiten, in denen der amerikanische Grand Slam sogar auf der Kippe stand und Spielervertretungen offen mit Boykott drohten, sind zum Glück vorbei.
John McEnroe, einst einer der unbarmherzigsten Kritiker seines eigenen Tennisverbandes USTA, ist nun zum eingeschworenen Fan der neuen US Open geworden: "Sie haben wirklich die Kurve gekriegt hier", sagt der New Yorker, "es war eine Rettung irgendwie in letzter Sekunde."
Seit diesem Jahr verfügen die US Open-Häuptlinge gleich über drei schmucke Toparenen, zum Ashe-Stadion und dem vor zwei Jahren fertig gewordenen Grandstand ist nun der neue Louis Armstrong-Court hinzugekommen, eine 14.000 Zuschauern fassende Konstruktion mit luftig-leichter Anmutung. Und genau wie der Centre Court mit einem mobilen Schutzschild-Dach ausgerüstet.
Das Dach fehlte lange - Fünfmal ein Montagsfinale
Eigentlich hatte schon der Bau des Arthur Ashe Stadions vor gut 20 Jahren den Aufbruch in eine neue Ära einleiten sollen. Doch die größte Tennisarena der Welt hatte vom ersten Jahr an einen Geburtsfehler - nämlich keinen Schutz vor den keineswegs untypischen Regenfällen im Spätsommer an der US-Ostküste.
So wurden Turnierjahre serienweise in Spielplan-Turbulenzen gestürzt, das Herrenfinale musste wegen fataler Wetter-Kapriolen gleich fünf Mal hintereinander auf den Montag verschoben werden. Hinzu kam der eigenwillige Terminablauf, diktiert von den großen Fernseh-Geldgebern wie CBS - am sogenannten "Super Saturday" etwa mussten die männlichen Profis nur 24 Stunden vor dem Endspiel zu den Halbfinals auf den Court schreiten.
Roger Federer lobt: "Man kommt aus dem Staunen nicht heraus"
Lange und hartnäckig hatte sich die USTA-Exekutive gegen eine große Grand Slam-Umwälzung ausgeprochen, noch zu Beginn dieses Jahrzehnts rief der damalige Turnierboss Jim Curley die Devise aus, "andere Turniere hätten viel größere Probleme mit dem Wetter - etwa Wimbledon."
Doch dort, im All England Club, war eine Utopie da schon längst Wirklichkeit geworden, ein Regen-Schirm über dem Centre Court, ein Stück Planungssicherheit in den Wetterunbilden. Neue Köpfe in der Verbandsspitze brachten dann auch in New York die kleine Revolution auf den Weg - ein 600-Millionen-Dollar-Projekt zum technischen Stadionumbau und zur kompletten Schönheitskorrektur wurde beschlossen und zeitgerecht umgesetzt. "Wenn man überlegt, wie es hier vor zehn Jahren ausgesehen hat und wie es jetzt aussieht, kommt man aus dem Staunen nicht heraus", sagt Roger Federer, der Schweizer Maestro.
Ein besserer Shuttleservice und aufgewertete Menüs
Auch Rafael Nadal, sein kongenialer Rivale, ist voll des Lobes: "Inzwischen macht es wieder richtig Spaß, hier zu spielen, ohne Wenn und Aber." Einst hatte sich Nadal beschwert, das Turnier sei respektlos gegenüber den Profis, außerdem würden "nur die TV-Sender bestimmen, was hier passiert."
Man merke ziemlich deutlich, "dass nun auch ehemalige Spieler in der USTA-Führung mitreden", sagt der deutsche Trainer, Manager und Verbandsfunktionär Dirk Hordorff: "Sie wissen eben, an welchen Stellschrauben man drehen muss." So sind denn auch die nicht unwichtigen Details im täglichen Ablauf verbessert worden: Ein besser funktionierender Shuttleservice, aufgewertete Menüs in der moderneren Player Lounge. "Man hat endlioch das Gefühl, ein willkommener Gast zu sein", sagt der Coach eines europäischen Topspielers, "das war früher ganz anders."
Am Finalwochenende ist der "Super Saturday" längst verschwunden
Auch der Spielplan folgt nun rationalen Überlegungen - und nicht dem egoistischen Willen von mächtigen Fernseh-Konglomeraten. Jede Turnierrunde wird über zwei Tage ausgespielt, so wie in Wimbledon. Und am Finalwochenende ist der fragwürdige "Super Saturday" längst verschwunden, das Damenendspiel am Samstag und das Herrenfinale am Sonntag müssen mehr als genügen.