Von Ulrike Weinrich aus Wimbledon
Die grün-lilafarbenen Regenschirme in den Souvenirläden auf der Anlage des altehrwürdigen All England Lawn Tennis und Croquet Clubs im Südwesten von London entwickeln sich in diesem Jahr zu wahren Ladenhütern. Was nicht so sehr am stolzen Preis von 30 Pfund l(für die XXL-Ausgabe) beziehungsweise 16 Pfund (für die XXS-Version) liegt. Vielmehr sorgt der ungewöhnlich heiße und regenfreie britische Sommer mit Temperaturen bis zu 30 Grad Celsius für die "Umbrella"-Verkaufsflaute.
Kohlschreiber nach vergebenem Satzball gefrustet
Philipp Kohlschreiber wird Wimbledon ohne Regenschirm verlassen. Dafür mit einem zwiespältigen Gefühl im Gepäck. Im "Ü30"-Duell" mit dem zwei Jahre jüngeren Südafrikaner vergab der 34-Jährige einen Satzball - beim Stand von 5:4 im zweiten Durchgang und Aufschlag Anderson.
Ein Aufschlagreturn, mit der Vorhand geschlagen, landete im Netz. Und Kohlschreiber war der Frust über die ausgelassene Chance deutlich anzumerken. Breakchancen ergeben sich gegen einen wie den 2,03-m-großen Hünen eben nicht allzu oft. Einmal konnte der Deutsche seinem Kontrahenten Anderson (22 Asse) den Aufschlag abnehmen - verlor sein Service aber insgesamt vier Mal.
"Kohli" und Wimbledon: "Es ist eine kleine Hassliebe"
An der Church Road hatte Kohlschreiber vor sechs Jahren mit dem Sprung ins Viertelfinale seinen bislang größten Erfolg bei einem Major-Event eingefahren. Ausgerechnet! Denn mit dem bedeutendsten Tournament des Tennis-Universums, für viele der Himmel auf Erden, verbindet den Weltranglisten-27. ein - sagen wir - durchaus ausbaufähiges Verhältnis.
"Auch wenn ich hier mein bislang bestes Ergebnis bei einem Grand-Slam-Turnier gefeiert habe, ist es eine kleine Hassliebe", sagte Kohlschreiber nach dem Tiebreak-Krimi in der zweiten Runde gegen Gilles Muller aus Luxemburg (7:6, 7:6, 7:6) und erklärte: "Wenn man hier gut spielt, ist alles okay. Aber am Anfang der Woche empfinde ich es immer als schon sehr anstrengend. Man muss zum Beispiel um die Plätze kämpfen."
"Kleinigkeiten, bei denen ich andere Turniere besser sehe"
Was er meint: 2017 musste sich Kohlschreiber mit drei anderen den Trainingscourt teilen, weil er nicht gesetzt war. "Außerdem kann man sich nicht auf dem Platz einschlagen, auf dem man dann sein Match spielt. Es gibt einfach Kleinigkeiten, bei denen ich andere Turniere besser sehe."
Die Chance, dass sich aus der Hassliebe aber trotzdem noch etwas komplett Umwerfendes und Atemberaubendes entwickelt, besteht aber weiterhin. "Wenn ich Wimbledon gewinne, dann wird es sicher auch mein Lieblingsturnier", meinte Kohlschreiber augenzwinkernd. Zumindest 2018 kann er sich diesen Traum in der Kathedrale des Tennissports nicht mehr erfüllen.
Am Freitag spielen noch Alexander Zverev (Nr. 4) und Jan-Lennard Struff um den Achtelfinal-Einzug.