Sichere Niederlage - So verliert man ein Match

Von Marco Kühn/tennis-insider.de
Ernüchterung - Kei Nishikori kennt das Gefühl einer bitteren Niederlage
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Eine Niederlage kann viele Gründe haben. Wer zu viel grübelt, hat meist schlechte Karten. Hier ist die klassische Anleitung, wie man garantiert ein wichtiges Match verliert.

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180 Minuten. Das ist die Zeit, die man in die Internetrecherche über den nächsten Gegner investiert. Ergebnisvergleiche bis das Smartphone qualmt. Die Ergebnisse der letzten vier Jahre werden analysiert. Kein Quervergleich, der davon kommt. Spiele und Sätze werden mit Zeigefinger und Daumen herangezoomt. Es wird gerechnet. Wie viele Spiele hat der nächste Gegner gegen den eigenen Angstgegner geholt? Wie oft haben die Beiden gegeneinander gespielt? Hat der nächste Gegner den besagten Angstgegner etwa bereits geschlagen? Die mentale Vorbereitung durch das Smartphone, welche die spielerische komplett zur Seite geschoben hat, wird mit der aktuellen Form des nächsten Gegners beendet.

Das Einspielen

Wow. Die Vorhand, des zuvor in der virtuellen Welt komplett in seine nicht bekannten Einzelteile zerlegten Gegners, besitzt Topspin. Viel Topspin. Das eigens mitgebrachte Selbstvertrauen beginnt bereits nach den ersten vier Schlägen im Einspielen zu schmelzen. Zwei Minuten sind gespielt. Der Gegner auf der anderen Seite des Platzes hat tatsächlich noch keinen Fehler gemacht. Zwar werden noch keine Punkte ausgespielt - es wird sich im Grunde nur zugespielt. Aber doch steht bereits fest, dass das da drüben ein echtes Kaliber ist. Die Recherche am Smartphone hatte zwar einen noch stärkeren Gegner ausgemacht, doch sind nun fünf Minuten gespielt und der Gegner hat erst einen leichten Fehler mit der Rückhand begangen. Diese war nur ein Stück zu weit hinter der Grundlinie. Mensch. Die Sicherheit in seinen Grundschlägen ist unglaublich. Selbst Roger Federer verlegt beim Einspielen mit Denis Istomin reihenweise seine Rückhände.

Das Match beginnt

Der Gegner serviert. Ein guter Aufschlag mit Slice nach außen. Danach ein krachendes Geschoss direkt auf die T-Linie. Der Ballabdruck wird durch die T-Linie sogar geteilt, so lang ist die Marke des Aufschlags. Wahnsinn. Bereits nach zwei gespielten Punkten und zehn auf dem Platz verbrachten Minuten beginnt man sich zu fragen, warum man den Gegner noch nicht auf Eurosport bei einem Grand-Slam-Turnier gesehen hat. Selbst Markus Zoecke und Alex Antonitsch wären bei diesen beiden Aufschlägen sprachlos vor ihren Mikrophonen gewesen. Das erste Aufschlagspiel ist rum. Das eigens mitgebrachte Selbstvertrauen ist zerschmolzen. Der Gegner scheint nicht nur mehr übermächtig - er ist es.

Das Match nimmt seinen Lauf

Ohne Selbstvertrauen und mit verkrampften Arm wird versucht die große Schmach in Grenzen zu halten. Hilfesuchende Blicke in Richtung Mannschaftskameraden. Regelmäßiges Zucken mit den Schultern, der Blick dabei Richtung Himmel gerichtet, die Hände in die Hüften gebohrt. Mit jedem Schlag wird versucht, direkt einen Winner zu spielen. Der Gegner macht ja keine Fehler, wie wir aus dem Einspielen wissen. Die Spiele gehen durch das erhöhte Risiko in den Schlägen schnell rum. Der Gegner wirkt von Spiel zu Spiel noch übermächtiger. Ab und an unterläuft diesem Mal ein Fehler - wenn der Ball mal mehr als dreimal über das Netz geflogen ist in einem Ballwechsel. Diese Information, den Ball einfach mal im Spiel zu halten, wird gekonnt ignoriert.

Fazit

Der Gegner wird zu oft auf ein Podest gestellt, welches er eigentlich gar nicht einnehmen kann. Zu schnell lässt man sich von großartigen Schlägen des Gegners blenden - und vergisst dabei vollkommen sein eigenes Spiel. Tennis wird nicht nur gespielt, sondern auch gedacht. Der Kopf muss ebenso wie der Körper stets voll auf der Höhe sein. Wenn der Gegner im Einspielen wenig Fehler begeht, hat dies keine Bedeutung. Juniorenspieler können von der Grundlinie beim lockeren "Bälle schlagen" problemlos mit einem Roger Federer mithalten. Doch im Match, wenn es um Punkte geht und sich das Spiel ganz anders verhält, hat der Junior nicht den Hauch einer Chance.

Der Gegner muss vom ersten Schlag an genau beobachtet werden. Kann er auch aus dem Lauf heraus sicher spielen? Oder spielt er nur sicher, wenn der Ball direkt auf ihn zukommt und er sich nicht bewegen muss? Kann der Gegner auch langsame Bälle schnell machen? Oder nur schnelle Bälle noch schneller? Was passiert, wenn der Ball einfach mal nur im Spiel gehalten wird? Ist der Gegner dann immer noch so sicher? Oder bietet er Fehler und zu kurze Bälle an?

Nicht beeindrucken lassen und stets nach Lösungen suchen. Scharf das Spiel des Gegners beobachten und kreativ werden. Das ist der bessere Weg ein wichtiges Match zu gewinnen.

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