26! So viele Fußfehler wurden gegen Stefan Edberg bei den US Open 1983 in der ersten Runde gegen Aaron Krickstein verhängt - laut unseren Aufzeichnungen ist dies absoluter Rekord im Profitennis. Gegen Yevgeny Kafelnikov wurden 1998 in Wimbledon im Match gegen Mark Philippoussis 22 Fußfehler gegeben. Die letzte prominente Fußfehlerarie leistete sich Ivo Karlovic beim Wimbledonturnier 2012 im Match gegen Andy Murray. Der Kroate legte, nachdem gegen ihn neun Fußfehler verhängt wurden, sogar eine formelle Beschwerde bei den Wimbledonveranstaltern ein und plädierte für ein "Slide-Eye", um genau zu überprüfen, ob ein Spieler tatsächlich einen Fußfehler begangen hat.
Regel 18 der ITF
Im Regelwerk der International Tennis Federation wird laut Regel 18 ein Fußfehler gegeben, wenn ein Spieler während der Aufschlagbewegung seine Position durch Gehen oder Rennen ändert, oder wenn er die Grundlinie oder den Platz mit einem Fuß berührt, oder wenn er mit einem Fuß den Bereich außerhalb der imaginären Verlängerung der Seitenlinie berührt, oder wenn er die imaginäre Verlängerung der Aufschlagmarke im Zentrum mit einem Fuß berührt. So weit, so gut. In früheren Jahrzehnten wurden im Einzel weitaus häufiger Fußfehler gerufen als heutzutage, sicherlich auch aufgrund der vielen Serve-and-Volley-Spieler. Justin Gimelstob war selbst ein Serve-and-Volley-Spieler, merkte jedoch 2011 an: "Ich sage dies: 95 Prozent der Fußfehler werden nicht gegeben. Wenn sie gegeben werden, sind sie fast immer zu hundert Prozent korrekt."
Vor allem bei den US Open gab es in den letzten 15 Jahren immer wieder bizarre Zwischenfälle wegen Fußfehlerentscheidungen. Lleyton Hewitt beschwerte sich 2001 im Match gegen James Blake beim Schiedsrichter darüber und deutete an, dass der dunkelhäutige Linienrichter diese Entscheidungen aus einem bestimmten Grund getroffen habe. 2008 rief Marat Safin den Oberschiedsrichter, weil gegen ihn beim zweiten Aufschlag ein Fußfehler verhängt wurde, weil er die Aufschlagmarke im Zentrum überschritten haben soll. Den berühmtesten Zwischenfall gab es 2009 im Halbfinale zwischen Serena Williams und Kim Clijsters. Nachdem Williams mit dem zweiten Aufschlag einen Fußfehler begangen hatte, beschimpfte sie die Linienrichterin. Das resultierte schließlich in einem Strafpunkt. Dumm nur, dass der Fußfehler zum Matchball für Clijsters geführt hatte und die Partie danach beendet war.
Wenn beim Matchball ein Fußfehler gegeben wird...
Ein Jahr später rastete Andy Roddick nach einer völlig richtigen Fußfehlerentscheidung aus, weil die Linienrichterin ihm den falschen Fuß als Grund mitgeteilt hatte. Später erklärte Roddick, dass er zu weit gegangen sei. Dass ein Fußfehler ein Match entscheiden kann, hat der Fall Serena Williams gezeigt. Es gibt auch noch einen weiteren bizarren Vorfall mit einem der kuriosesten Matchbälle, die es im Tennis je gegeben hat. Der Mexikaner Bruno Echagaray konnte 2008 beim Challenger in Dallas nicht glauben, was er bei 5:6 im Tiebreak des dritten Satzes und damit Matchball gegen ihn gehört hatte. Bei seinem zweiten Aufschlag entschied die Linienrichterin auf Fußfehler. Das Match gegen den US-Amerikaner Jesse Witten war damit verloren. Echagaray blieb fassungslos stehen. Danach zerstörte er seinen Schläger vor den Augen der besagten Linienrichterin und ließ seinen Frust auch an einem Stuhl aus.
Die Profis müssen auf ihre Fußstellung beim Aufschlag zwingend achten, um nicht einen Fußfehler von den Linienrichtern zugerufen zu bekommen. Ganz anders sieht es im Amateurtennis aus. Achtet mal demnächst darauf, wenn ihr Leuten beim Spielen zuschaut oder wenn ihr als Doppelspieler eurem Gegner beim Aufschlagen beobachtet. Ihr werdet sehen, dass Fußfehler im Amateurtennis nicht die Ausnahme sind, sondern die Regel, es ist geradezu inflationär. Auch der Autor dieser Zeilen ertappt sich gelegentlich dabei, dass sein Fuß dahin wandert, wo er nicht hingehört. Aber es gibt auch zahlreiche Spieler, die bei jedem Aufschlag einen Fußfehler begehen, manche berühren mit ihrem Fuß nur ein bisschen die Grundlinie, manche stehen mit ihrem Fuß jedes Mal bereits mitten im Feld.
Was tun ohne Schieds- und Linienrichter?
Doch wie soll man damit im Amateurtennis umgehen, wo hauptsächlich der Spaß im Vordergrund steht? Es geht ja dennoch ums Gewinnen und das Einhalten von Spielregeln. Wenn der Gegner einen Ball im Aus sieht, der klar gut war, regt man sich auch völlig zu Recht auf. Warum aber echauffiert man sich dann nicht bei klaren Fußfehlern? Dass Spieler darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie ständig Fußfehler machen, ist im Amateurtennis eine Rarität. Es ist jedoch ein Wettbewerbsvorteil, wenn ein Spieler im Doppel beim Aufschlag mit seinem Fuß bereits klar im Feld steht und dann nach vorne ans Netz läuft. Er verschafft sich somit eine viel bessere Ausgangsposition, um einen Volley zu schlagen.
Was ist also die Lösung? Jeder sollte für sich entscheiden, ob er damit leben kann, dass sein Gegner ständig Fußfehler macht oder ob es ihm irgendwann zu bunt wird, wenn er nach den Regeln spielt, seine Gegner aber nicht. Auch die Tennistrainer sind in der Pflicht, ihren Schülern zu erklären, was man beim Aufschlag darf und was nicht. Denn umso erfolgreicher man spielt, umso größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass man sich in Matches wiederfindet, wo es Schieds- und Linienrichter gibt. Und dann könnte es zum bösen Erwachen kommen, wenn die Fußfehlerarien hart bestraft werden. Für viele Amateurspieler wäre es hingegen auch ein Segen, wenn es auch bei ihren Matches Schieds- und Linienrichter geben würde, um sich auf das zu konzentrieren, worauf es ankommt: Tennis zu spielen.
Wie ihr es beim Aufschlag nicht machen solltet, seht ihr in diesem Video.