tennisnet.com: Wie besorgt ist die ATP eigentlich über die schwindende Free-TV-Präsenz in Deutschland? Wird Tennis zum Pay-TV-Sport?
Kermode: Zuerst muss man noch einmal festhalten, dass es aus einer globalen Perspektive keine schwindende TV-Präsenz gibt. Wenn man nun ganz speziell auf den deutschen Markt schaut, hatten wir vor sechs Jahren überhaupt keinen TV-Vertrag. Sport1 hat eine Gelegenheit geschaffen, die ATP-Tour zurück zu den deutschen Zuschauern zu bringen, und der Vertrag mit Sky bedeutet eine weitere Steigerung unserer Präsenz in diesem wichtigen Markt. Pay-TV war ein Türöffner für umfangreichere Berichterstattung, hat mehr Inhalte mit flexibleren Zeitplänen angeboten. Und das alles, während Spieler wie Alexander Zverev und Dominic Thiem deutlich steigendes Interesse an unserem Sport in dieser Region schaffen.
tennisnet.com: Wie bewerten Sie die Turniere in Deutschland, Österreich und der Schweiz im Moment - und deren Chancen auf der ATP-Tour in der Zukunft?
Kermode: Deutschland, Österreich und die Schweiz sind im Kalender der ATP-Tour sehr gut vertreten. Zusammen kommen sie auf neun Events, mit drei ATP-World-Tour-500-Turnieren und sechs ATP-250ern. Die Zukunft sieht sehr rosig für diese Region aus, vor allem wegen Spielern wie Zverev und Thiem, die in den kommenden Jahren an der Spitze unseres Sports mitspielen werden. Es hilft Turnieren immer, wenn es lokale Helden gibt. Auf der anderen Seite glaube ich nicht, dass irgendjemand die Erfolge vorhergesehen hat, die die Schweiz in den vergangenen Jahren mit Roger und Stan hatte. Das war einfach großartig.
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tennisnet.com: Zverev und Thiem sind wie angesprochen die Zugpferde in Deutschland und Österreich. Wie bewerten Sie deren bisherige Entwicklung - und wie sehen Sie die Chancen, dass sich die beiden 2017 weiter verbessern?
Kermode: Ich könnte keine höhere Meinung von diesen beiden Spielern haben. Sowohl Österreich als auch Deutschland können sich glücklich schätzen, dass sie zwei der wahrscheinlich größten zukünftigen Stars auf der ATP-Tour haben. Sie haben beide ein unglaubliches Talent und haben sich schnell in der Weltrangliste empor gearbeitet. Es wird faszinierend sein, ihren Fortschritt in den kommenden Jahren zu verfolgen.
tennisnet.com: Lassen Sie uns noch einmal über die deutschen Turniere sprechen. Vor nicht allzu langer Zeit hatte Deutschland in Hamburg ein Turnier der 1000er-Kategorie. Wie realistisch ist es, dass die deutschen Fans in der nahen Zukunft eine solche Veranstaltung wieder in der Heimat zu sehen bekommen?
Kermode: Diese Frage bekomme ich sehr häufig gestellt, überall auf der Welt. Die Nachfrage nach ATP-World-Tour-Tennis ist weltweit groß, ganz besonders nach jenen auf Masters-1000-Level. Im Moment haben wir neun Masters-1000-Turniere. Wenn man bedenkt, dass diese Turniere für unsere Top-Spieler verpflichtend sind, ist diese Anzahl eigentlich genau richtig. Unsere Top-Turniere funktionieren auf der Basis, dass unsere Top-Spieler auch an diesen teilnehmen und um den Sieg spielen. Das setzen unsere Fans, unsere TV-Partner und TV-Zuseher voraus und es ist essenziell, dass wir dieses Premium-Produkt so belassen, wie es ist. Wenn aber ein Lizenzinhaber wünscht, seine Lizenz zu verkaufen oder sein Turnier an einen anderen Ort zu verlegen, dann wird das ATP-Board darüber Fall für Fall abstimmen.
tennisnet.com: In diesem Jahr hat das Turnier in Hamburg auch durch den Terminkonflikt mit dem Davis Cup aufgrund der Olympischen Spiele gelitten. Was kann die ATP in Zukunft tun, um derartige Probleme zu vermeiden?
Kermode: Es ist keine Frage, dass die Olympischen Spiele alle vier Jahre Herausforderungen bei der Terminplanung mit sich bringen. Wir werden weiterhin mit der ITF zusammenarbeiten, um zukünftig die Auswirkungen von Olympia auf die ATP-World-Tour-Turniere zu minimieren.
tennisnet.com: David Haggerty, der Präsident der ITF, denkt derweil über Änderungen am Davis-Cup-Format nach. Inwieweit ist die ATP in diese Diskussionen involviert?
Kermode: Wir haben ein gutes Arbeitsverhältnis mit allen Institutionen des Welttennis. Das Format des Davis Cups wird seit vielen Jahren diskutiert. Obwohl wir dafür nicht verantwortlich sind, treffen wir uns in regelmäßigen Abständen mit der ITF, um die Sicht der Dinge unserer Spieler und unserer Turniere darzulegen - mit Blick auf den Spielplan und das Format.
tennisnet.com: Novak Djokovic und Andy Murray repräsentieren die Profis im ATP-Spielerrat. Wie viel Einfluss nimmt dieses Duo hinsichtlich der Terminplanung, Formaten und so weiter?
Kermode: Es ist von großem Vorteil, dass die Top-Spieler in einer offiziellen Rolle am Entscheidungsprozess in unserem Sport teilnehmen. Wir haben das mit Roger Federer gesehen, der sechs Jahre lang Präsident des Spielerrates war. Und jetzt freuen wir uns, dass Novak und Andy sich einbringen. Ich bin unglaublich beeindruckt, wie engagiert sie waren und sind. Das ist auf der einen Seite unheimlich positiv für uns, andererseits aber auch für sie, damit sie vollständig verstehen, wie die Tour im Gesamten abläuft, auch hinter den Kulissen.
tennisnet.com: Wie wichtig ist es für die ATP, dass Roger Federer und Rafael Nadal nicht nur gesund zurückkommen, sondern auch sofort wieder um große Titel mitspielen?
Kermode: Ich glaube, jeder freut sich auf die Rückkehr von Roger und Rafa. Sie sind ikonische, globale Sport-Stars, die unseren Sport längst überflügelt haben. Natürlich werden solche Spieler schmerzlich vermisst, jedes Mal, wenn sie auch nur kurz fehlen. Ich bin mir sicher, dass sie im nächsten Jahr ganz an der Spitze mitspielen werden.
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