Tomas Berdych, so viel darf man wohl anmerken, ist nicht prädestiniert zum Entwicklungshelfer. Zumindest nicht in Hinblick auf die nächste Generation an Tennisprofis, die sich anschickt, in der Weltrangliste nach oben zu klettern. Dominic Thiem kann darüber trefflich Zeugnis ablegen: 2014 beendete Berdych den Run des damals noch sehr jungen Österreichers bei den US Open mit einer äußerst humorlosen Vorstellung im schütter besuchten Louis Armstrong Stadium.
Andrey Rublev kann neuerdings mitfühlen - auch wenn die Einsätze am Samstag in Miami nicht ganz so hoch waren wie weiland in new York City. Der Russe war mit der Empfehlung eines Kantersiegs gegen Florian Mayer in die zweite Runde des ATP-Masters-1000-Turniers gestürmt, hatte seine Wildcard mit dieser Leistung für gerechtfertigt erklärt. An Tomas Berdych biss sich der 19-Jährige auf Court 1 indes die Zähne aus.
Starker Challenger-Auftritt
Rublev hatte beim bestens besetzten Challenger in Irving sechs Matches gewonnen, bei Grand-Slam-Turnieren reicht das allen direkt Qualifizierten für den Finaleinzug. Die aktuelle Nummer 120 der Welt gelangte damit in Texas über die Qualifikation immerhin bis ins Halbfinale, bei Aljaz Bedene war dann Schluss. Bis dahin durfte allerdings erfahrene Herren wie Jan-Lennard Struff, Jeremy Chardy oder Benjamin Becker am Netz Gratulationen an Rublev aussprechen.
Berdych wiederum lässt sich gerne gratulieren. Rublev hatte versucht, die Rückhand des Tschechen dauerzubelagern - der 13-fache Turniersieger auf der Tour eben dies mit Fassung ertragen, immer wieder zum richtigen Zeitpunkt im Ballwechsel die Initiative ergriffen. Stoff genug für seinen Gegner, um die Fassung verlieren. Rublev eilt schon in jungen Jahren der Ruf des Heißsporns voraus, gegen Berdych hatte er seine Emotionen unter Kontrolle.
Zu hohes Tempo
Die Wildcard für das Hauptfeld in Miami hat Rublev beinahe schon Tradition, die veranstaltende Agentur IMG betreut auch die russische Nachwuchshoffnung. Die sich auch schon in Deutschland versucht hat: Vor wenigen Jahren hat Andrey Rublev bei Jan de Witt in dessen Break Point Base trainiert, nicht allzu lange, de Witt ist ein Übungsleiter, bei dem Disziplin groß geschrieben wird. Rublev hatte zum damaligen Zeitpunkt nur Kleinbuchstaben anzubieten, die Trennung verlief einvernehmlich.
Im Vergleich zum gleichaltrigen Alexander Zverev, dem Vernehmen nach ein guter Kumpel von Rublev, hat der Moskauer noch einige Baustellen zu bearbeiten. Gegen Berdych suchte er konsequent die Position nahe an der Grundlinie, war dem Tempo des erfahrenen Tschechen allerdings oft nicht gewachsen. Die Netzangriffe, selbst wenn gut vorbereitet, brachte Rublev selten zu einem erfolgreichen Abschluss, zu stark passierte Tomas Berdych.
Platz fünf im Race
Dennoch: Unter jenen jungen Männern, die sich seit Jahresbeginn ein Rennen um die Startplätze beim #NextGen-Masters in Mailand liefern, liegt Rublev derzeit an Position fünf, der Einzug in Runde zwei in Miami sollte diese Position gefestigt haben. Ob Tomas Berdych im zweiten Versuch zu knacken ist, könnte Rublev übrigens im Achtelfinale beobachten: Dort steht laut Papierform die Revanche zwischen Dominic Thiem und dem 31-jährigen Routinier an.
Andrey Rublev im Steckbrief
Das ATP-Turnier in Miami im Überblick