Man hört nur wenig von ihm - eine Tatsache, die bei Stars im Ruhestand oft ein gutes Zeichen ist. Pete Sampras, so hat man den Eindruck, ist mit sich und der Welt im Reinen, seitdem er mit seinem US-Open-Sieg 2002 vom Profitennis zurückgetreten ist, diesem 14. Grand-Slam-Titel, den ihm viele nicht mehr zugetraut hatten.
"Federer? Das ist unfassbar!"
Sampras teilt dieses Schicksal mit Roger Federer, der mit seinem 18. Grand-Slam-Turniersieg im Januar bei den Australian Open einen ähnlichen Überraschungserfolg feierte. Das Verrückte: Sowohl Sampras bei den US Open 2002 als auch Federer in Melbourne 2017 waren an Position 17 gesetzt. Ein Zufall? "Als ich damals an 17 gesetzt war, habe ich nicht sonderlich gut gespielt. Das waren zwei Jahre zuvor, in denen ich nicht richtig konkurriert habe. Roger hingegen hat sechs Monate ausgesetzt", erklärte Sampras kürzlich in einem Interview mit Andrew Krasny den kleinen, aber feinen Unterschied. "Es ist großartig, so zurückzukommen wie er, mit 35 Jahren - das ist unfassbar."
Der gegenseitige Respekt der beiden ist bekannt, und Sampras kommt auch heute nicht aus dem Schwärmen heraus über den Mann, der seinen Rekord von 14. Grand-Slam-Titeln dann doch schneller gebrochen hat als er wohl gedacht hätte. "Ich liebe sein Spiel, ich mag es, wie demütig er ist, das ganze Paket. Dass er hart arbeitet, ohne groß darüber zu sprechen."
"Habe hart für meine Titel gearbeitet"
Während Federer neue Altersrekorde aufstellt, hat es die junge Generation umso schwerer. Sampras macht dies, wie so viele, an der größeren Athletik heutzutage fest. Dass jemand mit gerade mal 19 die US Open gewinnt, wie er im Jahr 1990? Unwahrscheinlich, wenn auch vor 20, 30 Jahren nicht unmöglich. Dennoch verblüfft Sampras der damalige Erfolg nach wie vor. "Ich weiß selbst nicht, wie das passiert ist."
Sampras genießt sein mittlerweile "normales" Familienleben - 6.15 Uhr aufstehen, Frühstück machen, Kinder aus dem Haus bringen - und verbringt noch immer viel Zeit mit Sport, täglich ab 9 Uhr im Fitnessraum. Die Gründe, warum der Papa nichts mehr arbeiten muss, versucht Sampras seinen Kids ehrlich zu erklären. "Ich bekam keine Titel oder Geld geschenkt, ich habe dafür gearbeitet."
Eine Einstellung, die er versucht, an seine mittlerweile 15- und 11-jährigen Jungs weiterzugeben. Aber auch ein ehemaliger Superstar hat hierbei mit ähnlichen Herausforderungen zu kämpfen wie alle Eltern. "Mit der Technologie heutzutage ist es schwierig. Ich versuche, sie auf den Tennisplatz zu bekommen, zum Basketball oder Football. Ich möchte, dass sie aktiv sind und nicht nur fernsehen. Das war auch nicht meine Kindheit, ich habe immer irgendwas gemacht."
Showkampf gegen Tim Henman im Juni
Aktiv wird Sampras auch wieder ins Geschehen eingreifen, im Showkampfbetrieb, versteht sich. Anfang Juni sei ein Match gegen seinen alten Rivalen Tim Henman geplant, dem er bei einem Wimbledonsieg immer gerne im Weg stand. Und auch, wenn es "nur" noch um die Ehre geht - sobald man den Platz betrete, wolle man nach wie vor gewinnen. "Wir alle haben Egos und wollen den Zuschauern etwas bieten", so "Pistol Pete", an dem auch der Zahn der Zeit nicht spurlos vorbeigegangen ist. "Tennis wird frustrierend, wenn du älter wirst. Ich bewege mich nicht mehr so gut, spiele nicht mehr so gut", gibt der mittlerweile 45-Jährige offen zu. "Aber sobald es losgeht, wird es dann doch ein Wettkampf."