Tu felix, Germania!

Alexander Zverev sind keine Limits gesetzt
© getty

Der Fußball dominiert in der deutschen Sportlandschaft alles. Was ein Jammer: Die nächste Generation an Superstars ist nämlich schon da. Und verdient unsere volle Aufmerksamkeit.

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Wenn man nostalgisch veranlagten Sportfans glauben darf, dann hat es im deutschen Farbfernsehen Zeiten gegeben, da die "Sportschau" diesen Namen tatsächlich verdient hat. Angeblich, so hört man, soll damals auch anderen Disziplinen zur besten Vorabendsendezeit hier und da ein kleines Plätzchen eingeräumt worden sein. Klingt natürlich völlig absurd, wer könnte schon dem Reiz einer fünften Meisterschaft in Folge für den FC Bayern widerstehen, zumal kein Zweifel daran besteht, dass die nächsten fünf Jahre in exakt derselben Art enden werden, nämlich mit einem lähmend langweiligen Titelrennen. Gut, der letzte Spieltag hat die Menschen in Hamburg und Köln jubeln lassen, in Wolfsburg zittert man plötzlich, weil man die Braunschweiger nicht jubeln sehen möchte.

Hamburg, Köln und Braunschweig übrigens, aus exakt diesen Städten stammen drei der aufregendsten Sportler, die Deutschland zu bieten hat. Davon wissen halt leider nur die Nischeninteressierten, sei es aus der Basketball-, der Eishockey-, der Tennisecke. Es trägt sich gerade Großartiges zu für den deutschen Sport, aber in erster Linie ist in den Medien natürlich die Diskussion zu führen, warum Joachim Löw Max Kruse doch nicht mit zum Confed Cup nimmt. Was kümmert da schon der erste Masters-Titel von Alexander Zverev, dem Hamburger? Die schier unglaubliche Saison, die Leon Draisaitl mit den Edmonton Oilers hingelegt, mit seinen Auftritten bei der WM in seiner Geburtsstadt Köln noch veredelt hat? Die glanzvollen Spiele von Dennis Schröder, dem Autodidakten aus Braunschweig, in den NBA-Playoffs?

Mehrere Hochbegabte

Es ist dies ein Trio, das sportweltweit für Aufsehen sorgt, das Gemeinsamkeiten aufweist, Unterschiede auch. Zverev und Draisaitl entstammen Elternhäusern, die eine ganz genaue Vorstellung davon hatten, wie es in der zukünftigen Berufswelt ihrer Söhne zugehen wird. Alexander Zverev sr. hat sich für Russland im Davis Cup versucht, Peter Draisaitl darf man hierzulande getrost als Eishockey-Legende bezeichnen. Dennis Schröder indes hat ganz viel Fantasie aufbringen müssen für den Sprung aus der schwachen deutschen Bundesliga in die Position als Starter bei einem NBA-Team. Ohne Hilfe seines Vaters, der starb, als Dennis 16 Jahre alt war.

Schröder und Draisaitl sind als Mannschaftssportler auf die Fähigkeiten ihrer Mitspieler angewiesen, Titel können auch dem Zufall geschuldet sein. Dirk Nowitzki hat 2006 mit dem besten Team den NBA-Titel verschenkt, eben jenen 2011 von Miami retour geschenkt bekommen. Die Edmonton Oilers haben neben Draisaitl noch Connor McDavid unter Vertrag, auch so einen Hochbegabten, der als 20-Jähriger schon die Kapitänsbürde trägt. McDavid hat die NHL als bester Offensivspieler, Leon Draisaitl, ein Jahr älter als sein Teamkollege, als großartiger Achter der Punktewertung abgeschlossen.

Synchrone Sommerpause

Alexander Zverev hat alles selbst in der Hand. Das Finale in Rom gegen Novak Djokovic hat gezeigt: Dieses Wissen beflügelt ihn eher, als dass es den 20-Jährigen belastet. Es fehlt Zverev nicht an Selbstvertrauen, auch Dennis Schröder gilt eher nicht als der schüchterne Typ. Schröder hat erste Rückschläge - seine temporäre Versetzung in das Farmteam der Hawks - ebenso gut verkraftet wie Zverev etwa seine noch erfolglosen Auftritte im Davis Cup. Für Draisaitl geht es bis jetzt stetig nach oben, in der extrem ausgeglichenen National Hockey League sind kleine Karrieredellen allerdings kein Alleinstellungsmerkmal.

Die Crux mit den US-amerikanischen Top-Ligen besteht natürlich in der Zeitverschiebung - und dem Umstand, dass die Basketball- und Eishockeyspieler ihre Sommerpause dummerweise mit jener der deutschen Fußballer synchronisieren. Volle Aufmerksamkeit in den nächsten Monaten also auf Alexander Zverev, mit ordentlich Augenmaß. Ein schlechter Tag im Tennissport hat in der Regel nunmal andere Auswirkungen als zwei Fehlwürfe von Dennis Schröder. Die Quintessenz ist aber die: Deutschland hat drei Sportler, die sich anschicken, ihre jeweiligen Disziplinen zu erobern, dabei schon ziemlich weit gekommen sind. Das verdient mindestens Respekt. Und Aufmerksamkeit. Aus fremden Ländern kann durchaus auch Neid aufkommen. Tu felix, Germania.

Alexander Zverev im Steckbrief

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