"Boris bezahlt für seinen Einsatz als Profi"

Von SID
Boris Becker und Günther Bosch in Wimbledon 1986
© GEPA

Günther Bosch war sein engster Vertrauter, als Boris Becker am 7. Juli 1985 in Wimbledon die Tenniswelt auf den Kopf stellte. Der heute 80-Jährige spricht vor dem 50. Geburtstag seines früheren Schützlings mit dem SID über die Nebenwirkungen, die Beckers Karriere mit sich brachte, über den abgebrochenen Kontakt zur deutschen Tennis-Ikone.

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SID: "Sie haben den 17-jährigen Leimener Boris Becker zum ersten Titel in Wimbledon geführt. Hatten Sie damals eine Idee davon, welches Leben er mit 50 Jahren führen wird?"

Günther Bosch: "Es war schwierig, sich das vorzustellen. Was heute von seiner Karriere übriggeblieben ist, ist ja nicht so erfreulich. Er muss jetzt für seinen Einsatz als Profi bezahlen. Seine Spielweise hat seinen Körper sehr in Anspruch genommen, seine Probleme mit der Hüfte und den Sprunggelenken kommen ja nicht von ungefähr."

SID: "Gab es eine Alternative zu dieser kraftraubenden Spielweise?"

Bosch: "Nein. Diese Art zu springen und zu hechten, die kam ja von seinem inneren Drang, jeden Ball noch zu erreichen, egal wie aussichtslos es erschien. Als wir auf Long Island auf Hartplatz trainiert haben, hat er sich nach jedem Ball geschmissen, da habe ich nur die Augen geschlossen und gedacht: 'Um Gottes willen, das ist ja viel zu gefährlich.' Aber Boris hat seinen Körper in diesen Momenten vergessen."

SID: "Dennoch hatte er zeit seiner aktiven Karriere kaum Probleme mit Verletzungen ..."

Bosch: "Boris hatte einen besonderen Körper. Er war kräftig, am Anfang sogar etwas füllig, er hatte noch keine richtigen Muskeln. Aber er war sehr gelenkig, er konnte Dinge machen, die kein anderer Spieler konnte. Sein Körper war nicht so gebaut, dass er anfällig für Verletzungen war. Dazu haben wir sehr natürlich trainiert, waren im Höhentrainingslager im Schnee statt im Kraftraum. Das Stretching vor den Matches war das A und O."

SID: "Haben Sie mit ihm damals darüber gesprochen, wie das Leben mit 50 Jahren aussieht?"

Bosch: "So weit ist es nie gegangen. Er hat mir mit 17 gesagt, dass er nach seiner Karriere Trainer werden möchte. Ich würde mir wünschen, dass er heute Jugendlichen erzählt, wie es in diesem Alter für ihn war, wie viel er trainiert und wie viel er geopfert hat. Aber er erzählt ja nur von den tollen Hotels und der schönen Zeit."

SID: "Boris Becker hat einmal gesagt, er habe als Kind davon geträumt, Wimbledon zu gewinnen, aber nicht davon, Wimbledon als Kind zu gewinnen. Welchen Einfluss hatte dieser 7. Juli 1985 aus Ihrer Perspektive auf sein Leben?"

Bosch: "Die Nebenwirkungen des Erfolgs hatten sicherlich Einfluss auf sein Leben, auf ihn als Person. Aber Erfolg kann man nicht planen. Wenn ein Spieler die Chance hat zu gewinnen, dann gibt er sein Bestes dafür, ohne Rücksicht auf sein Alter. Daher kann ich nicht sagen, dass der Wimbledonsieg mit 17 Jahren zu früh kam."

SID: "Werden Sie ihn zum 50. Geburtstag anrufen?"

Bosch: "Sie wissen ja, dass unser Verhältnis nicht so ist, wie es sein sollte. Boris kann mir nicht verzeihen, dass ich damals gekündigt habe. Aber es ging für mich nicht mehr so weiter. Die Entscheidung bereue ich nicht. Und wissen Sie, was an meinem 50. Geburtstag (1. März 1987, d.Red.) passiert ist?"

SID: "Verraten Sie es uns bitte ..."

Bosch: "Eigentlich sollte der größte Mercedes als Geschenk von Boris vor meiner Tür stehen, aber wir haben uns einen Monat vorher am 27. Januar getrennt. Meine Freunde haben mich für verrückt erklärt, sie meinten, ich solle durchhalten, um den Mercedes zu bekommen. Der ging dann an Boris' Vater. Aber das Auto hat für mich keine Rolle gespielt."

SID: "Wünschen Sie sich wieder Kontakt zu ihm?"

Bosch: "Kontakt? Das wäre was. Aber für seine aktuellen Probleme kann ich ihm keinen Rat geben. Das Rätsel Boris Becker kann ich nicht lösen. Es ist mir ein Rätsel, was sich alles um ihn herum abspielt. Ich will mich an die gemeinsame Zeit erinnern, an das, was ich hautnah mit ihm erlebt habe. Das waren die schönsten Zeiten. Damit lebe ich. Daran erinnere ich mich."

SID: "Und was wünschen Sie ihm zum 50. Geburtstag?"

Bosch: "Mehr als alles andere wünsche ich Boris Gesundheit. Ich wünsche ihm, dass er sich wieder schmerzfrei bewegen kann, dass alles in Ordnung kommt, dass er dem Tennis erhalten bleibt und dass er sein Alter und seine Gesundheit wieder besser genießen kann."

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