Von Jörg Allmeroth aus Dubai
Als er im letzten Jahr Dubai verließ, lag das beste Spiel seines Lebens hinter ihm. Aber auch die bitterste Niederlage seines Lebens. Sieben Matchbälle vergab Philipp Kohlschreiber damals im Viertelfinale gegen den britischen Großmeister und Weltranglisten-Ersten Andy Murray, den zweiten Satz des 174-Minuten-Thrillers verlor der inzwischen 34-jährige Augsburger im Tiebreak mit 18:20. "Die Erinnerungen an das Spiel sind immer noch ein wenig zwiespältig. Großer Stolz, aber auch große Enttäuschung", sagt Kohlschreiber, ein Veteran der Dubai Duty Free Championships, "ich werde noch überall in Dubai darauf angesprochen."
2018 ist die 26. Auflage des Millionenspiels am Golf, Kohlschreiber ist bereits zum neunten Mal dabei. Sein bestes Ergebnis war das Semifinale im Jahr 2014, sein bester Auftritt aber war natürlich diese legendäre Viertelfinal-Partie gegen Murray in lauer Frühlingsluft, im Zeltstadion nahe des geschäftigen Al Maktoum-Airports. Kohlschreiber ist schon seit Donnerstag vor Ort, zusammen mit Lebensgefährtin Lena Alberti und Coach Markus Hipfl, er brauche seine Akklimatisierungszeit, sagt der Davis Cup-Spieler, "außerdem kann man es hier ja ganz gut aushalten."
Solider "Kohli"-Auftakt gegen Sakharov
Kohlschreiber will noch ein bisschen länger bleiben in einem Turnierjahr, das mit einem 6:4, 6:2-Sieg über den französischen Qualifikanten Greb Sakharov ziemlich geruhsam begonnen hat. Allzu viel Energie verschwendete der Deutsche nicht in der nachmittäglichen Winterhitze, bei etwa 26 Grad in praller Sonne. "Das war sehr solide, sehr erfreulich. Ich brauche jetzt auch wieder ein paar Siege nach dem bisherigen Verlauf der Saison", sagte Kohlschreiber, der tatsächlich soweit nur ein Match in 2018 gewann, in Rotterdams Auftaktrunde gegen den Russen Karen Khachanov. Nächster Gegner Kohlschreibers ist der junge Grieche Stefanos Tsitsipas.
Der 34-jährige kann sich durchaus Chancen ausrechnen, in der entscheidenden Phase des Wettbewerbs mitzuspielen, schließlich ist das Turnier für Dubai-Verhältnisse in diesem Turnier erstaunlich mager besetzt. Nach Spielzeiten, in denen drei der Big Four-Spieler am Start waren, grüßt in diesem Jahr einzig Grigor Dimitrow als Top Ten-Spieler von den großen Posterwänden in der Metropole - ein scharfer Kontrast auch zu dem stark besetzten Frauenturnier der Vorwoche.
Davis Cup? "Wenn man mich fragt, bin ich natürlich dabei"
Bis zuletzt hatten die Organisatoren noch auf eine Last-Minute-Zusage von Dubai-Teilzeitresident Roger Federer gehofft, aber der Eidgenosse zieht nach seinem Sprung auf Platz 1 in Rotterdam nun lieber die Ehrenrunde bei den Laureus World Sports Awards in Monte Carlo vor. Es sei immer noch ein sehr gutes Feld, sagt derweil Kohlschreiber, Nummer 6 der Setzliste, "aber natürlich will man da auch seine Chancen nutzen." Verliefe alles nach Plan, würde der Augsburger allerdings schon in der Runde der letzten Acht auf den topgesetzten Dimitrow treffen.
Kohlschreiber hat sich längst wieder von seiner heftigen Erkältung erholt, die ihn zum Jahresstart in Australien behinderte und dort auch sein Davis Cup-Mitwirken verhinderte. Nun will sich der Nationalspieler keinesfalls irgendwie aufdrängen bei der Besetzung für das Viertelfinale in Spanien, aber er sagt: "Wenn man mich fragt, bin ich natürlich dabei. Die Bedingungen dort in Valencia sind eigentlich ideal für mich." Sein Ansprechpartner bleibe dabei Michael Kohlmann, der Kapitän. Er habe allerdings auch ein Gespräch mit Boris Becker in Rotterdam geführt, sagte Kohlschreiber.
Routinier Mayer in Runde eins gescheitert - "Seh-Fehler" gegen Bautista-Agut
Florian Mayer ist unterdessen als erster von vier deutschen Teilnehmern bei den Dubai Duty Free Championships ausgeschieden. Der Bayreuther unterlag dem an Nummer 3 gesetzten Spanier Roberto Bautista-Agut nach weitgehend ausgeglichenem Spiel etwas unglücklich mit 3:6 und 4:6. Mayer hatte sich im zweiten Satz nach einem 2:4-Rückstand noch einmal auf 4:4 herangekämpft, doch dann leistete sich der Deutsche einen vorentscheidenden "Seh-Fehler" im neunten Spiel.
Mayer unterbrach einen längeren Ballwechsel bei Einstand, weil er geglaubt hatte, ein Schlag von Bautista-Agut sei im Aus gelandet. Eine Überprüfung durch Hawk-eye ergab allerdings, dass der Ball gut war. Danach verlor Mayer sein Aufschlagspiel und auch das Match. Am Dienstag sind dann noch Jan-Lennard Struff gegen den Österreicher Andreas Haider-Maurer und Qualifikant Yannick Maden gegen Damir Dzumhur (Bosnien-Herzegowina) im Einsatz. Zaungast beim Turnier war am Montag auch der frühere Davis-Cup-Teamchef Patrik Kühnen, der inzwischen in Dubai lebt.