Auf der großen Comeback-Tour spielten sie im letzten Jahr auch in Miami die Hauptrollen. Roger Federer gewann das immer noch prestigeträchtige Masters-Spektakel, es war damals der dritte große Sieg beim dritten großen Turnier der Saison 2017 - nach den vorherigen Triumphen beim Grand Slam in Melbourne und dem Wettbewerb in Indian Wells. Und im Miami-Finale stand ihm wieder einmal sein ewiger Rivale gegenüber, kein anderer als Rafael Nadal.
Miami ist so etwas wie ein Blick in die Zukunft des Welttennis
Nicht alles ist anders in der laufenden Saison im Wanderzirkus. Federer gewann zwar wieder die Australian Open in Melbourne im Januar, doch im Süden Floridas ergibt sich 2018 ein ganz anderes, ein spannendes und noch ungewohntes Bild. Dort, beim letzten Hurra auf dem Eiland Key Biscayne vor dern Toren der Millionenmetropole, eröffnet sich ein Blick in die Zukunft des Welttennis.
Federer ist früh ausgeschieden, Nadal ist verletzt. Und verletzt sind auch andere Größen der jüngeren Vergangenheit: Novak Djokovic, Andy Murray oder Stan Wawrinka.
Und so ist der Kampf um den Titel auch und vor allem zum Schaulaufen der nächsten und übernächsten Generationen geworden. Zu einer Bewerbungstour von Spielern, die als "The next Big Thing" in der Branche gehandelt werden. Und die selbst für sich reklamieren, in der näheren und mittleren Zukunft ein gewichtiges Wörtchen mitreden zu wollen.
Alexander Zverev, der 20-jährige Hamburger, ist einer dieser potenziellen Stars von Morgen. Er hat schon eine veritable Achterbahnfahrt in den letzten Monaten und Jahren hinter sich, jene Höhen und Tiefen, die nicht untypisch sind für die Übergangsphase vom Junioren- ins Herrentennis.
Zverev scheint in Key Biscayne die Gunst der Stunde erkannt zu haben
In Miami allerdings sieht es nach manchen Enttäuschungen auch in diesem Jahr, darunter bei den Australian Open, ziemlich gut aus für Zverev. Es scheint, als habe er in aller Klarheit den günstigen Moment erkannt, der sich ihm in Miami bietet - in Abwesenheit oder Formschwäche der alten Recken, der Big Five.
Zverev schwächelte ein wenig zu Beginn der Ausscheidungsspiele, gleich zwei Mal quälte er sich zu harten Drei-Satz-Siegen. Doch als die Aufgaben noch schwerer wurden, wuchs der junge Deutsche mit der Größe der Herausforderung.
Nach einem makellosen Zwei-Satz-Erfolg über den schillernden Australier Nick Kyrgios gewann Zverev in der Nacht zu Freitag auch gegen seinen bisherigen Angstgegner Borna Coric (Kroatien) mit 6:4 und 6:4 und erreichte damit die Runde der letzten Vier gegen den Spanier Pablo Carreno-Busta (in der Nacht zu Samstag deutscher Zeit).
Zum dritten Mal steht Zverev damit im Halbfinale eines Masters, bei den beiden vorherigen Gelegenheiten gewann er jeweils später das Turnier - im letzten Mai in Rom gegen Novak Djokovic, im August dann in Kanada gegen Roger Federer.
Ohne Emotionstheater - Zverev spielt, wie sein Ex-Coach es wollte
Zverev überzeugte in Miami insbesondere durch seine Fokussierung und seine Disziplin, von der inneren Zerrissenheit, die nicht selten sein Spiel behindert, war keine Spur. "Ich fühle mich gut. Und ich spiele die Matches konzentriert durch", sagte Zverev, der kurioserweise genau so auftritt, wie es sein kürzlich geschaßter spanischer Trainer Juan Carlos Ferrero von ihm verlangte.
Ohne großes Emotionstheater, ohne Schlägerwürfe, ohne Diskussionen mit dem Schiedsrichter, stattdessen mit der Besinnung auf das Wesentliche, mit Coolness und mentaler Stärke.
Zverevs Aufschwung kommt zur rechten Zeit. Denn schon am Wochenende nach Ostern steht dem Youngster ein weiterer Kraftakt bevor - dann, wenn er eine tragende Rolle beim Davis Cup-Viertelfinale in Valencia gegen Spaniens Cracks einnehmen soll. Ohne Zverev-Punkte wird ein Erfolg gegen die Toptruppe um Sandplatzkönig Rafael Nadal kaum möglich sein.
Das Davis-Cup-Duell mit Rafael Nadal spielt noch keine Rolle
Aber noch spielt das in Zverevs Gedanken eine Nebenrolle, das Länderspiel, das Match dann auch gegen Nadal. Zuerst will Zverev den Titel in Miami - und damit auch Entschädigung für einige unnötige Ausrutscher im Jahr 2018: "Ich will den Weg hier bis zum Ende gehen", sagt der 20-Jährige.