In Delray Beach war's, im Februar 2016, gegen Denis Kudla. Delpo hatte ein erneutes Comeback gewagt, nach der zigsten OP am linken Handgelenk, nach vielen Unklarheiten, ob das überhaupt noch mal was wird. Oft war er gefragt worden, ob er denn überlege, auf eine einhändige Rückhand umzustellen - nein, keinesfalls, so seine Antwort.
Gegen Kudla - und in den Matches darauf - war abzusehen, wie seine Gegner künftig gegen ihn spielen würden. Immer auf die Rückhand, es war die alte Clubtaktik gegen den Spieler, der über eine Hammer-Vorhand verfügt, auf der Rückhand aber nur über einen mittelschlechten Slice. Del Potro kam in Delray Beach direkt ins Halbfinale, trotz der schlechten Rückhand; er dominierte mit Aufschlag und Vorhand, nutzte den Slice, um Tempo rauszunehmen, um noch mehr zu umlaufen. Aber eins war auch klar: Für die Spitze - nein, dafür würde es so nicht mehr reichen.
Ein neuer Spieler
Es wurde viel geredet seither, del Potro erklärte immer wieder, dass er mehrere Stunden pro Tag alleine fürs Handgelenk investiere, dass er vor allem in den Matches wieder Mut und Kraft brauche, die Rückhand beidhändig durchzuziehen. Zwei Jahre später stellen wir fest: Ja, die Rückhand ist druckvoller geworden, aber Juan Martin del Potro auch ein völlig neuer Spieler. Ein besserer.
Mit tollen Auftritten in Auckland und dem Sieg in Acapulco hat sich der ehemalige Weltranglistenvierte wieder auf Rang neun der Welt gespielt; seine Matches gegen Dominic Thiem, Alexander Zverev und Kevin Anderson waren teils taktische Meisterleistungen. Während del Potro früher fast ausschließlich auf die Brechstange setzte - harter Aufschlag, harte Rückhand, ultraharte Vorhand - zeigt er nun die feine Klinge. Der Slice ist um Welten bissiger als vor zwei Jahren, dank seiner Größe sägt ihn Delpo von oben richtiggehend ins Feld und bietet nur selten eine Angriffsfläche. Dazu streut er immer öfter den Stopp ein. Und die Vorhand? Ist hammerhart wie immer.
Spaß mit dem Slice
"Ich weiß, dass ich ein anderes Spiel spiele als vor ein paar Jahren. Ich mixe es mit Slice, mit Dropshots. Ich versuche öfter ans Netz zu kommen", erklärte er in Indian Wells. Und Delpo weiß um die Attraktivität des Ganzen: "Ich mag es, wie ich nun spiele. Es macht mehr Spaß zuzuschauen." Seiner "alten" Rückhand trauere er dennoch hinterher.
In puncto Beliebtheit ist der "Turm von Tandil" ohnehin ganz weit vorne dabei, in die Geschichte eingehen würde er liebend gerne als der geduldigste Spieler aller Zeiten, vielleicht auch als der emotionalste, sagte er.
Macht er so weiter wie in den letzten Wochen, sollte er auch als ein anderer Spieler in Erinnerung bleiben: als einer, der im fortgeschrittenen Tennisalter ein neues Spiel für sich entdeckt hat - und Tennisfans hinzugewonnen hat, denen die Eintönigkeit blinder Schießerei seit längerer Zeit auf die Nerven geht.