Als Dominic Thiem am Donnerstag dann doch noch ein WM-Spiel in London gewonnen hatte, gegen Kei Nishikori aus Japan, kam dennoch keine rechte Freude beim österreichischen Star auf: "Toll war das jetzt nicht", sagte Thiem in einem TV-Statement nach dem versöhnlichen Schluss-Punkt seiner Aktivitäten. Und dann gab Thiem eine Beobachtung zu Protokoll, die er gewiß mit vielen Tausend Fans bei den ATP Finals in der O2-Arena teilte: "Ich habe hier noch gar kein vernünftiges Match gesehen. Eins, das man in Erinnerung behalten würde."
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Tatsächlich ist beim letzten Turnier des Jahres nur der Rahmen groß, die Kulisse, das Drumherum: Rund 17.000 Zuschauer pilgern jeweils zu den Nachmittags- und Abendveranstaltungen hinüber nach North Greenwich, in den Osten der englischen Kapitale, aber was sie zu sehen bekamen, ist kein rauschendes Ball-Erlebnis. Sondern allenfalls Durchschnittsware. Und manchmal nicht mal das. Als der Südafrikaner Kevin Anderson am Dienstag ebenfalls gegen Kei Nishikori zugange war und zwischenzeitlich auf eine Doppel-Null gegen den komplett indisponierten Vorzeigeprofi aus Japan zustrebte - er gewann schließlich 6:0, 6:1 - waren erstmals seit Jahren deutliche Unmutsbekundungen auf den Rängen hörbar, Pfiffe gellten durch die Arena.
Djokovic: "Am besten einfach über den Sieg freuen"
Keiner der acht Profis vermag bisher die Belastungen einer erneut auszehrenden Saison abzuschütteln. Auch nicht die beiden haushohen Favoriten auf den Titel in London, Novak Djokovic und Roger Federer. Federer startete mit einer heftig enttäuschenden Niederlage gegen Nishikori ins Turnier, kam dann besser und zielstrebiger ins Spiel gegen Thiem und Anderson, sodass er doch noch als Gruppenerster ins Halbfinale vorstieß. Aber der Maestro gab selbst zu, dass die Partien auch "von vielen Fehlern" geprägt gewesen seien. Djokovic sagte nach seinem Sieg gegen den Deutschen Zverev, der Level des Matches sei "nicht gerade atemberaubend" gewesen: "Man kann sich nach so einem langen Jahr am besten einfach über den Sieg freuen."
Bis zum Freitag und der Entscheidung in der Guga Kuerten-Gruppe war nur ein einziges der WM-Matches über drei Sätze und damit die volle Distanz gegangen. Der große Rest indes war gekennzeichnet von Einseitigkeit der Zahlen und Eintönigkeit im Spiel. Zverev, der 21-jährige Deutsche, sandte Mitte der Woche eine Art Hilferuf aus: Die Saison im Tennis sei absurd lang, sagte er, "wir spielen so lange wie kein anderer Sport, haben die kürzesten Pausen." Er traf damit einen Nerv zumindest bei vielen anderen Topspielern, die traditionell die meisten und herausforderndsten Matches über die elf Monate währende Saison bestreiten müssen. Federer, oft so etwas wie ein honorarfreier Berater von Zverev, sagte am Donnerstag, vielen Spielern stünde es frei, sich mehr Pausen zu nehmen. Was tatsächlich zutrifft, aber eben nur für verdiente Kräfte wie ihn - Federer muss gemäß den ATP-Regularien markant weniger Pflichtturniere bestreiten als die sonstige Tourkarawane, er nimmt sich seit geraumer Zeit auch diese Erholungsintervalle.
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Viele Topstars ohnehin nicht in London dabei
Einige der echten Spitzenkräfte des Tennis sind in London ja gar nicht am Start, die Verletztenliste ist lang. Rafael Nadal ist wieder angeschlagen, Andy Murray und Stan Wawrinka sind seit längerer Zeit außer Gefecht gesetzt. Auch der Argentinier Juan Martin del Potro ist aufs Neue im Patientenstatus, auch er konnte die WM-Feierlichkeiten nicht bereichern. Doch wenn der große Machtkampf um Turniere und Termine nicht einigermaßen schiedlich-friedlich aufgelöst wird, dann wird die Hatz im Wanderzirkus schon bald noch schlimmer.
Allein in den letzten Wochen sind nun mit dem Davis Cup-Finalturnier Mitte/Ende November und dem soeben vorgestellten ATP Cup zum Saisonstart 2020 zwei neue Teamevents hinzugekommen, eine echte Pause zur körperlichen Erholung und Regeneration zwischen den Spielzeiten würde damit de facto nicht mehr existieren. In der Saison 2020 würde es dann den ATP Cup, den Davis Cup, den Schauwettbewerb Laver Cup und das olympische Tennisturniere geben. Neben allen regulären Turnieren und den vier Grand Slams. Der Tenniscircuit, so sagt ein europäischer Turniermanager, "ist dabei, sich selbst zu zerstören."