Von Florian Goosmann aus Stuttgart
Pünktlich wie ein Schweizer Uhrwerk... nun, das war Roger Federer nicht. Um 12.30 Uhr war seine erste Presserunde in Stuttgart angesetzt, kurz nach 13 Uhr wurde es dann doch. Federer hatte um 11 Uhr noch mit Tomas Berdych trainiert, gewohnt entspannt und gewohnt feinfühlig auf dem geliebten Rasen.
Federer hat etwas gutzumachen am Weissenhof: Im Verletzungsjahr 2016 war im Halbfinale gegen Dominic Thiem Schluss, 2017 gegen Tommy Haas im Eröffnungsmatch - beide Male trotz Matchbällen. Von einer "großen Freude, wieder dabei sein zu dürfen" sprach der Maestro, der mit einem Finaleinzug noch mal die Nummer 1 der Welt werden könnte.
Dort steht nach seiner erneuten Fabel-Sandsaison nach wie vor French-Open-Champ Rafael Nadal - "unglaublich, da bleiben nur die Superlative übrig", lobte Federer, der während des Paris-Finals in Stuttgart angereist ist und im Anschluss trainiert hat, also kaum was von Nadals Auftritt gesehen hat. "Aber das muss ich auch nicht, um zu wissen, wie stark er ist und was er geleistet hat." Von der "Souveränität eines Champions" schwärmte der Schweizer weiter, "überhaupt ein Turnier elf Mal zu gewinnen, ist unglaublich."
Wimbledon höhere Prio als Paris-Sieg über Nadal
Federers Absage auf Sand, speziell für die French Open, hatte natürlich nicht alle erfreut; French-Open-Turnierdirektor Guy Forget gehörte kaum überraschend zu den Kritikern. Und auch in Stuttgart kam die interessante Frage auf, ob es nicht sogar die größere Herausforderung gewesen wäre, gegen Nadal in Paris gewinnen zu wollen als erneut in Wimbledon.
Federer aber hat einen entscheidenden Vorteil im Leben: Er weiß, was er will. "Für mich bleibt der Wimbledonsieg das Nonplusultra auf der Tour", sagte er. "Für andere wäre es vielleicht, dass ich Nadal auf Sand schlagen würde." Wenn er die Wahl hätte, noch ein mal Nadal auf Sand zu schlagen oder noch mal Wimbledon zu gewinnen, "da nehme ich immer Wimbledon."
Hier wäre schließlich ein Turniersieg inbegriffen, in Paris "hängt das vielleicht auch damit zusammen, aber vielleicht auch nicht." Aber Federer blickte auch hier auf das Gesamtbild: "Bei mir geht es um viel mehr: um Gesundheit, darum die Freude am Tennis beizubehalten, ich habe vier Kinder - das vergessen auch sehr viele. Bei mir ist viel los zu Hause, ich brauch auch mal meine Ruhe."
Auch wenn er schon "gerne noch mal eine French-Open-Schlacht gegen Rafa" haben würde, aber vielleicht ja im nächsten Jahr oder danach. Eine "Idee" für das Spiel auf Sand in der Zukunft komme vielleicht nach den US Open, im Herbst. Denn komisch sei es immer noch, ein Grand-Slam-Turnier nicht zu spielen, obwohl er fit sei, so Federer. "Ich war ja immer derjenige, der alle gespielt hat." Aber die Entscheidungsabläufe seien mittlerweile andere.
Nike oder nicht Nike? Mal schauen
French Open hin oder her: Das aktuelle Federer-Ziel heißt natürlich Wimbledon - und damit zusammenhängend natürlich Stuttgart. "Die Auslosung ist hart, die Leute um mich herum können alle gut auf Rasen spielen", weiß Federer, und er weiß ebenso um die Gefahr, speziell auf Rasen, ohne Matchpraxis anzureisen. "Ich komme aus einem Kaltstart, muss schnell gut spielen." Aber er fühle sich gut, habe "wunderbar trainiert".
Apropos trainiert: Das hat Federer auch in Stuttgart im Nike-Outfit. Gerüchte um einen Wechsel zu Uniqlo bezeichnete er als genau das: Gerüchte ("Wie heißt noch mal das deutsche Wort für 'rumours'?"). Kein Gerücht sei aber, dass der Nike-Vertrag im März ausgelaufen sei und man sich umschaue. "Das ist Teil des Spiels", philosophierte Federer weiter. "Ein unschöner... aber ebenso eine Möglichkeit zu schauen, was abläuft."
Einen "modischen" Wechsel gab es hingegen bereits: Sein pechschwarzer Wilson Pro Staff RF 97 Autograph, mit dem er seine letzten drei Major-Titel holte, ist in der neuesten Version mit etwas Weiß verziert, ebenso mit einem weißen Wilson-Schriftzug. Und das vermutlich nicht nur für den, Achtung Wortspiel, Auftritt am Weissenhof.