tennisnet.com: Frau Rittner, Sie sind seit Anfang 2005 Fed-Cup-Kapitänin und damit länger im Amt als Bundeskanzlerin Angela Merkel. Gibt es bei Ihnen schon Anzeichen von Amtsmüdigkeit?
Barbara Rittner: Natürlich bin ich zwischendurch mal müde. Wenn etwas Zeit ins Land geht nach den anstrengenden Wochen zu Beginn des Jahres mit den beiden Fed-Cup-Partien im Februar und April, freue ich mich dann auch wieder auf die neue Aufgabe, wie nun bald auf Hawaii. Wo ich etwas müde geworden bin, ist bei der Reiserei, auf die ich hin und wieder verzichten könnte. Aber ohne die Reiserei könnte ich den Job nicht so gut machen, das gehört nun mal dazu. Die Arbeit mit dem Fed-Cup-Team und den jungen Talenten macht mir nach wie vor sehr viel Spaß.
tennisnet.com: Sie haben 2004 in Ihrem letzten Fed-Cup-Match mit drei Siegen dem deutschen Team den Klassenerhalt gesichert. Im nächsten Match saßen Sie dann bereits auf der Bank. Wie lief die Umstellung auf die neue Situation?
Rittner: Wir hatten ein Auswärtsspiel in der Ukraine. Die Situation war ziemlich kurios. Ich habe damals mit sehr vielen Schmerztabletten gespielt, weil ich einen Fersensporn hatte. Es war ziemlich an der Grenze. Danach ging es mir dementsprechend schlecht. Ich habe gespürt, dass es meine letzte Fed-Cup-Partie sein würde.
Gleichzeitig habe ich gewusst, dass der DTB in Person von Georg von Waldenfels Interesse an mir als Fed-Cup-Kapitänin angedeutet hat. Ich habe mir darüber konkrete Gedanken gemacht, wie es aussehen könnte. Eine meiner Bedingungen war es, neben dem Fed Cup auch in der Jugendarbeit mitzuwirken. Im Nachhinein war es die beste Entscheidung, die ich für mein Leben und meine persönliche Entwicklung treffen konnte, weil man Herz am Tennis hängt.
tennisnet.com: Im Gegensatz zum deutschen Davis-Cup-Team, wo es seit Jahren immer wieder Querelen gibt, besticht das Fed-Cup-Team durch Harmonie. Von dem oft besagten Zickenkrieg ist nichts zu sehen. Wie sorgen Sie für Harmonie oder auch dafür, dass kein Streit nach außen dringt?
Rittner: Ich alleine kann das sicherlich nicht. Ich habe das Glück, dass ich ein wunderbares Betreuerteam um mich versammelt habe. Dirk Dier als Co-Trainer und die beiden Physios, die lange dabei sind, Mike Diehl als Konditionstrainer oder unseren Arzt Ulf Becker, jeder hat seine Rolle in der Fed-Cup-Woche.
Ohne mein Team könnte ich nie dieses Bauchgefühl entscheiden lassen über gewisse Dinge oder unter der Woche richtig zu reagieren und auf jede Spielerin eingehen zu können. Was noch hinzukommt, ist, dass ich Glück habe mit den Charakteren der Spielerinnen, die alle den Fed Cup auf ihre Prioritätenliste geschrieben haben und an Grenzen gegangen sind, so wie bei der Reise nach Australien, wo im Anschluss der Porsche Tennis Grand Prix stattgefunden hat. Genau deshalb wünsche ich dieser Generation so sehr, dass sie noch mal ins Fed-Cup-Finale kommt und um den Titel spielt.
Editorial - Tennisnet und SPOX: We are One!
tennisnet.com: Angelique Kerber ist in der Form Ihres Lebens. Muss man daher nicht sagen, wenn Deutschland den Fed Cup gewinnen soll: Wenn nicht 2017, wann dann?
Rittner: So könnte man ein bisschen denken. Ich denke, dass wir bis 2019 gute Chancen haben. Eigentlich wäre 2016 das Motto gewesen: Wann dann? Angie hat nach dem Triumph bei den Australian Open das Einzel gegen Belinda Bencic entkräftet verloren, wo Bencic auch überragend gespielt hat. Es gibt immer irgendwelche Konstellationen. Frankreich war dieses Jahr im Finale und hätte es beinahe gewonnen, und das mit keiner Spielerin unter den Top 20. Fed Cup hat seine eigenen Gesetze. 2017 ist natürlich viel möglich, aber wenn man in den USA gegen Serena Williams und Madison Keys spielt, kann man auch mit 0:5 nach Hause fliegen.
tennisnet.com: Wie haben die Spielerinnen die Nachricht aufgefasst, dass die Partie in den USA auf Hawaii stattfinden wird?
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge, wobei das weinende Auge größer ist. Nach den Australian Open ist eine Woche dazwischen bis zum Fed Cup. Daher geht es nicht, dass man in Australien bleibt und dann weiterfliegt. Die Spielerinnen werden nach Hause fliegen, was eine große Belastung ist. Man fliegt 23 Stunden in die eine Richtung, hat dann in Deutschland mit Jetlag und Temperaturstürzen von 30 bis 40 Grad zu kämpfen, um eine Woche später 18 Stunden in die andere Richtung zu fliegen. Danach geht es weiter mit Doha, Dubai und Indian Wells und Miami. Die Spielerinnen wären im April platt, wenn sie das alles spielen.