Yannick Noah war immer für Überraschungen gut. Schon früher - als Spieler. Der French-Open-Sieger von 1983 verfügte über ein beachtliches Repertoire an Kunstschlägen. Manchmal stand ihm der Hang zur Show aber auch im Weg.
Am Donnerstag zauberte der 58-Jährige bei der Auslosung Jeremy Chardy aus dem Hut. Der Weltranglisten-40. bekam unerwartet den Vorzug gegenüber Lucas Pouille (ATP-Nr. 32), der nach den Absagen von Richard Gasquet (ATP-Nr. 26), Gael Monfils (ATP-Nr. 29) und Gilles Simon (ATP-Nr. 30) eigentlich als Frankreichs Nummer eins gesetzt schien.
Der 31-jährige Chardy eröffnet das 106. Davis-Cup-Finale am Freitag um 14.00 Uhr MEZ im 26.429 Zuschauer fassenden Stade Pierre Mauroy gegen Kroatiens Nummer zwei Borna Coric (ATP-Nr. 12). Für das zweite Einzel nominierte Noah bei seiner Abschiedsvorstellung als Teamchef Jo-Wilfried Tsonga, der am ersten Tag den früheren US-Open-Sieger Marin Cilic herausfordert. Die Nummer sieben der Welt meinte: "Es gibt bei diesem Duell keinen Favoriten."
Kroatiens Teamchef Krajan nicht überrascht vom "Joker"
Pouille bleibt auf Seiten der Gastgeber zunächst außen vor. Für Chardy spricht: Er hat von seinen sechs Einzeln in der Equipe Tricolore fünf gewonnen - alle auf Sand. Auch im Endspiel wird auf Asche gespielt, wenngleich der rote Belag in der Halle natürlich schneller ist als im Freien.
"Nachdem ich jetzt jeden Tag geschaut habe, was so passiert ist und wie die Jungs bei den Trainingsspielchen aufgetreten sind, glaube ich, dass es das Beste ist, mit diesen beiden Spielern zu starten", begründete Noah sein Votum pro Chardy und Tsonga.
Tsonga (33) war nach siebenmonatiger Pause wegen einer Knie-OP erst Mitte September in Metz auf die Tour zurückgekehrt und hatte auch in den vergangenen Tagen Rückenbeschwerden. Kroatiens Teamchef Zeljko Krajan zeigte sich indes wenig überrascht von der Nominierung Chardys: "Man weiß, dass Yannick manchmal einen Joker aus dem Ärmel zieht", sagte Krajan.
Abschiedsgeschenk für scheidenden Noah?
Frankreich geht in Lille als Titelverteidiger ins Rennen und greift im letzten Finale der traditionellen Form nach seinem elften Titel. Ein Hauch von Wehmut wird auf jeden Fall durch die Arena wehen. Die ersten beiden Endturniere des radikal veränderten Davis Cups werden 2019 und 2020 mit 18 Teams (!) in Madrid stattfinden. Die Reform war von vielen Seiten harsch kritisiert worden - unter anderem vom Deutschen Tennis Bund (DTB).
Im direkten Duell zwischen Frankreich und Kroatien steht es 1:1. Die Hausherren wollen ihrem Cäpt'n einen Abschied nach Maß bereiten: Noah wird nach dem Finale von der zweimaligen Grand-Slam-Siegerin Amelie Mauresmo abgelöst.
Im Doppel am Samstag (ab 13.00 Uhr) werden sich Pierre-Hugues Herbert/Nicolas Mahut und Ivan Dodig/Mate Pavic gegenüberstehen. Herbert und Mahut hatten am vergangenen Wochenende das Endspiel des ATP-Finals ganz knapp mit 7:5, 1:6, 11:13 gegen die US-amerikanische Kombination Mike Bryan/Jack Sock verloren.