Geht es nach Erfolgen zur aktiven Zeit, müssten die besten Spieler im späteren Leben die besten Trainer stellen. Dem ist nicht so - in kaum einer Sportart. Bestes/Traurigstes Beispiel aus dem Fußballgeschäft: die deutschen WM-Helden 1990. Die Zahl derer, die nachhaltig im Trainergeschäft Fuß gefasst haben, und derer, die ins Dschungelcamp mussten, hält sich in trauriger Weise die Waage.
Schaut man sich im Tennis um, ist die Lage ähnlich. Von den in Mode gekommenen Supercoaches abgesehen, stellen einen Großteil der Erfolgstrainer ehemalige Spieler aus der zweiten Reihe - Thomas Högstedt, Paul Annacone, Franco Davin und Co. Womöglich auch, weil es den ehemaligen Stars doch zunächst schwerfällt, in die zweite Reihe zu treten.
Darren Cahill: Spieler lehren, Probleme selbst zu lösen
Darren Cahill und Simona Halep gelten seit 2016 als eines der besten Trainer/Spielerinnen-Gespanne der Damen-Tour, auch wenn die ganz großen Erfolge für Halep unter Cahill (auch verletzungsbedingt) bisher ausgeblieben sind. Cahill, ehemalige Nummer 22 der Welt und als Profi früh von einer Knieverletzung in den Ruhestand versetzt, hat sich unter anderem als Trainer von Lleyton Hewitt und Andre Agassi einen Namen gemacht und genießt als ESPN-Experte höchstes Ansehen.
Sein Credo, was einen guten Trainer - neben technischem und taktischem Verständnis - ausmacht: dem Spieler zuzuhören, ihn kennenzulernen, zu verstehen, warum er welche Entscheidungen getroffen hat. Mithin: das Spiel aus der Sicht seines Spielers zu sehen. Als großer Fan des On-Court-Coachings gilt Cahill nicht, der Großteil des Coachings sei ohnehin geschehen, bevor der Spieler auf den Platz trete, dann schon mit einem Plan A, B und C ausgestattet. In 60 Sekunden On-Court-Coaching sei es schwierig, Dinge zu ändern, sagte Cahill vor einiger Zeit; hierbei gehe es darum, vom Spieler zu hören, was in ihm vorgehe, was ihn beschäftige. Das Ziel eines Trainers müsse es letztlich sein, den Spieler zu lehren, die Probleme im Match selbst zu lösen.
"Versuchen, in diesen Situationen besser zu werden"
Simona Halep ist dies am Mittwoch in Miami nicht gelungen. Halep führte in ihrem Viertelfinalspiel gegen Johanna Konta 6:3, 5:4 bei eigenem Aufschlag, später 5:3 im Tiebreak - der zweite Durchgang ging dennoch verloren. Halep war entsprechend frustriert, was auch Coach Cahill zu spüren bekam, als er zur Satzpause auf den Platz kam.
Seine Ansage: "Du hast die Möglichkeit, etwas anders zu machen. Das ist alles, was ich sagen kann. Du warst schon einige Male in einer solchen Situation und bist meist als Zweitbeste hervorgegangen. Jetzt kannst du etwas ändern. Du kannst entscheiden, was du machen willst. Du kannst das Spiel sausen lassen - okay. Oder du kannst tief durchatmen, dein Handtuch über den Kopf ziehen und versuchen, in diesen Situationen etwas besser zu werden. So einfach ist es. Es liegt an dir. Es kommt aus deinem Inneren. Es ist kein Thema, wenn du mal alles rauslässt. So lange du bereit bist, etwas zu verändern. Und wenn sie dich schlägt, indem sie gutes Tennis spielt, kein Problem. Dann schüttle ihr die Hand und sag ihr: Gut gemacht."
Blaupause für gutes Coaching
Halep musste an diesem Mittwoch Letzteres tun, Satz drei ging mit 2:6 verloren. Cahills Ansprache: dennoch eine Blaupause für sinnvolles Coaching, mit taktischen und mentalen Aufforderungen, mit der Ansage, in wichtigen Momenten mutig zu agieren. Gleichzeitig ein Einblick in das mentale Spiel Tennis - das innere Spiel eben -, der zeigt, dass selbst gestandene Profis mit ähnlichen Herausforderungen zu kämpfen haben wie der Hobbyspieler.
Ob Simona Halep dank Cahills Hilfe diese vielleicht größte Schwierigkeit im Tennis - Vergangenes abhaken, neu starten, positiv bleiben - umsetzen kann? Es bleibt ihr zu wünschen. Denn wird die Rumänin endlich von körperlichen Wehwehchen verschont, hat sie rein tennismäßig das Zeug zum Grand-Slam-Champion. Erst recht mit Darren Cahill an ihrer Seite.