Geplatzte Träume, Verletzungspein - Wimbledon 2018 ist für Sabine Lisicki vorbei

Selbst auf dem Rasen geht es für Sabine Lisicki nicht leicht von der Hand
© Jürgen Hasenkopf

Fünf Jahre nach dem Finaleinzug in Wimbledon scheitert Sabine Lisicki bei ihrem nächsten Comeback-Versuch bereits früh im Qualifikations-Wettbewerb.

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Als Sabine Lisicki vor zwei Wochen auf den Trainingsplätzen des Stuttgarter Weissenhofs das alte Gespür für die Tennisgrüns wiederfinden wollte, war auf den ersten Blick vieles wie früher. Rund um die Übungscourts des Mercedes Cup hatte sich eine größere Menschenmenge versammelt, und Lisicki legte sich mit ihrem typischen Lächeln ordentlich ins Zeug beim Schlagbetrieb mit ihrem Sparringspartner.

Der Auflauf der Besucher allerdings, das war der kleine Schönheitsfehler der Szene, galt nicht der 28-jährigen Berlinerin, sondern dem neben Lisicki trainierenden Maestro Roger Federer. Er war, natürlich auch in Deutschland, das Objekt der Fanbegierde.

"Bum-Bum-Bine" das Gesicht von Wimbledon 2013

Es ist noch keine Ewigkeit her, da gehörten Lisicki sogar einmal auf der größten Tennisbühne der Welt die größeren Schlagzeilen als dem Überspieler Federer. 2013 war das, in Wimbledon: Federer schied sensationell in der zweiten Runde gegen den Ukrainer Sergiy Stakhovsky aus, Lisicki aber marschierte nach kleineren und größeren Tennis-Dramen, zwischendurch auch einer Grand Slam-Sternstunde gegen Serena Williams, bis ins Finale vor.

"Bum Bum-Bine" wurde die strahlende Deutsche am Londoner Boulevard getauft, sie war das einnehmendste Gesicht des ganzen Turniers, ein Publikumsliebling auch nach der Endspielniederlage gegen Marion Bartoli. "Sie wird sicher eines Tages Wimbledon gewinnen", sagte damals die Grande Dame der Branche, die US-Amerikanerin Martina Navratilova.

Lisicki auf den schmucklosen Plätzen in Roehampton

Und nun, fünf Jahre später? Federer, der inzwischen sagenhafte achtmalige Champion, ist noch gar nicht in London zu den Grand-Slam-Festivitäten eingetroffen, er erholt sich erst mal von den Turnier-Gastspielen in Stuttgart und Halle. Wimbledon hat noch nicht begonnen, jedenfalls nicht das große Wimbledon, das Wimbledon der Stars und Superstars. Und doch: Wimbledon 2018 ist auch schon wieder vorbei, jedenfalls für Lisicki, die einstige deutsche Hoffnungsträgerin.

Auf den schmucklosen Plätzen des Qualifikationsturniers, draußen in der gefühlten Pampa von Roehampton, weit weg vom All England Club, endete bereits in der ersten Runde ihr Grand Slam-Anlauf - 4:6 und 6:7 verlor sie gegen die Russin Anna Kalinskaya, die Nummer 146 der Welt. Ganz überraschend war das Ergebnis nicht, Lisicki tastet sich nach einer Knieverletzung und dreimonatiger Tour-Absenz gerade erst wieder an das Geschehen im Wanderzirkus heran.

"Es war ein erster Schritt. Ich bin stolz, überhaupt schon hier gewesen zu sein", sagte Lisicki, "hinter mir liegen viele Schmerzen, viel harte Arbeit."

Alte Fußballer-Weisheit gilt auch für Lisicki

Kalinskaya, die Juniorensiegerin der Australian Open, ist ein Gesicht der Zukunft im Frauentennis, sie hat mit ihren 19 Jahren noch ihre ganze Karriere vor sich, sie hat allen Grund zum Träumen. Und Lisicki, selbst gerade die Nummer 185 der Welt? Seit sie damals als klare Wettfavoritin gegen Bartoli das größte Match ihres Lebens auf der größten Tennisbühne der Welt verlor, ist nicht mehr vieles richtig und gut gelaufen in ihrem Berufsleben als Profi.

Man kann es auch, aber nicht nur mit dem geflügelten Fußballer-Bonmot beschreiben, der Weisheit von Jürgen Wegmann: Erst hatte Lisicki kein Glück, und dann kam auch noch Pech hinzu. Pech, dazu zählten besonders die vielen Verletzungen, die immer neuen körperlichen Rückschläge, die immer neuen, oft vergeblichen Comeback-Anläufe.

Mehr mit dem eigenen Körper gekämpft

Schaut man auf ihre Matchstatistiken der letzten Jahre, schaut man eigentlich auch in eine Krankenakte hinein: Verletzungen an der Schulter, am rechten Handgelenk, später mehrfach an den Knien. Während Lisicki mehr mit dem eigenen Körper kämpfte als mit den Gegnerinnen, veränderte sich die Tenniswelt um sie herum: Angelique Kerber wurde zur deutschen Frontfrau, zur Grand Slam-Gewinnerin, sogar zur Nummer 1 der Welt.

Alles das, was manche auch Lisicki zugetraut hatten. Dann, wenn alles optimal gelaufen wäre, wenn sie das Maximum aus ihren Möglichkeiten hätte machen können.

Beziehung mit Pocher mit Argwohn betrachtet

Aber es gab nicht nur das Schicksal, das mit aller Bosheit über Lisicki hereingebrochen wäre. Lisicki fehlte oft der klare Blick für ein geordnetes, kompetentes Serviceteam, für die richtigen Hilfskräfte an den richtigen Schaltstellen ihres Tennis-Unternehmens. Den Trainer, der sie ins Wimbledon-Endspiel geführt hatte, musste schon im Herbst 2013 wegen "unterschiedlicher Auffassungen" gehen - der Belgier Wim Fissette, heute Coach von Kerber. Das Heuern und Feuern ging danach munter weiter, auf allen Ebenen.

Auch von ihrem langjährigen Managementpartner IMG trennte sich Lisicki, fortan besorgte die Geschäftsvertretung eine Kölner Agentur, die auch für Lisickis Lebensabschnittspartner Oliver Pocher tätig war. Jene Liaison wurde in Tenniskreisen mit äußerstem Argwohn betrachtet, weil vielen klar war, dass der sogenannte Comedian sich vor allem gern im Ruhm seiner Freundin sonnte. Als die Beziehung später in die Brüche ging, trat Pocher noch übel gegen Lisicki nach, mit Spötteleien über ihre Fitness und Professionalität.

Vater Lisicki glaubt an ein Comeback

Auf Court 11 konnte man am Dienstag immer wieder "Bravo"-Rufe hören, ein aufmunterndes Hintergrundrauschen während der ganzen Partie gegen Kalinskaya. Es gehörte dem Mann, der Sabine Lisicki immer unterstützte, selbst als sie einmal eigene, verschlungene Wege gegangen war in den Irrungen und Wirrungen nach dem Wimbledon-Turnier des Jahres 2013 - Richard Lisicki, der Vater und langjährige Trainer. Der Doktor der Sportwissenschaften glaubt auch jetzt daran, dass noch längst nicht alles vorbei ist in der Karriere seiner Tochter: "Wir kommen stark zurück. Wir kommen wieder", sagt er. In Wimbledon allerdings erst 2019.

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