Von Florian Goosmann aus Singapur
Caroline Wozniacki gehört zu den wenigen Spielerinnen in dieser Woche, die den Center Court in Singapur lieben. Offensive, Defensive - alles sei möglich, schwärmte die Dänin dieser Tage, und wenn man das Spiel gegen Karolina Pliskova verfolgte, ahnte man schnell, was sie meinte. Der Seitenwechseldialog zwischen Pliskova und Interimstrainerin Rennae Stubbs in Satz eins - Pliskova: "Sie ist überall" - Stubbs: "Ist das eine Überraschung?"
Zur Mitte des ersten Satzes nahmen sich Pliskova und Wozniacki gleich vier Mal am Stück das Service ab, drei Satzbälle bei Aufschlag Wozniacki konnte die Tschechin beim 5:4 nicht nutzen. Im Tiebreak führte Wozniacki dann mit 6:1, die fünf Satzbälle aber wehrte Pliskova beherzt ab, konnte drei weitere eigene Satzbälle aber nicht verwerten. Wozniacki nutzte schließlich ihren sechsten zum 11:9. In Satz zwei zog Wozniacki auf 3:1 davon, bekam das 3:3, ließ dann aber kein Spiel gegen sich mehr zu.
Es war ein Match-up der guten Sorte: die offensiv eingestellte Pliskova gegen die laufstarke Wozniacki, gegen die sie, speziell auf dem langsamen Court, die Punkte mehrfach machen musste. Aber auch Pliskova schlug sich aus der Defensive überraschend gut; ihr aggressives Spiel zog dennoch mehr Fehler mit sich, während Wozniacki in Durchgang zwei überhaupt keinen einfachen Schlag mehr verzog.
25 Winner bei 9 Unforced Errors standen bei ihr am Ende auf dem Zettel, bei Pliskova hieß die Bilanz 34 zu 27. Sie wird sich vor allem über die schlechte Verwertung ihrer Breakchancen ärgern: 13 Stück hatte sich sich erspielt, aber nur 4 davon genutzt.
Wozniacki trieb nach dem Match speziell der erste Satz noch um. "Beim 6:1 im Tiebreak habe ich mich ziemlich gut gefühlt. Dann hat sie plötzlich Winner am laufenden Band geschlagen - dann habe ich mich nicht mehr so gut gefühlt. Es war eine Achterbahnfahrt", sagte sie auf dem Platz; in der Pressekonferenz gab sie weitere Einblicke in ihr Innenleben: "Beim 6:6 hätte ich mich am liebsten gekillt, das war kein Spaß mehr. Dann dachte ich: Okay, ich hatte den Satz schon fast verloren, das ist nur ein Bonus. Ich hatte viele Selbstgespräche."
Im Finale spielt Wozniacki nun um ihren ersten Titel bei den WTA Finals. 2010 hatte sie ihr einziges Endspiel erreicht, damals unterlag sie Kim Clijsters in drei Sätzen. 2017 stand sie bereits bei sieben WTA-Turnieren im Finale, die ersten sechs hiervon verlor sie. Zuletzt gelang ihr Ende September in Tokio ein Sieg.
Halep bleibt die Nummer 1
Durch die Niederlage von Karolina Pliskova steht auch fest, dass Simona Halep als Weltranglistenerste überwintern wird. Zu Beginn des Turnier hatten sechs Spielerinnen die Chance, Halep abzulösen; nach den Gruppenspielen wäre nur noch Pliskova in der Lage dazu gewesen. Hierfür hätte die das Turnier jedoch gewinnen müssen.
"Das ist absolut okay für mich. Daran denke ich jetzt nicht. Natürlich wusste ich, dass ich die Chance dazu habe, aber ich hätte zwei harte Matches gewinnen müssen. Daher ist das ganz weit weg für mich", meinte Pliskova.