Von Ulrike Weinrich aus Stuttgart
Nach 1:56 Stunden verwandelte Pliskova in der mit 4500 Zuschauern ausverkauften Porsche Arena ihren ersten Matchball. Damit revanchierte sie sich für die im Viertelfinale der US Open 2017 erlittene Niederlage gegen Vandeweghe. Und Pliskova krönte einen knapp zweiwöchigen Aufenthalt in Stuttgart.
Exakt eine Woche zuvor hatte sie mit dem tschechischen Team auf demselben Court gegen Gastgeber Deutschland gewonnen (4:1) und den Einzug ins Fed-Cup-Finale perfekt gemacht. "Das hat mir eine Menge Selbstvertrauen gegeben. Es war eine tolle Woche für mich. Die Atmosphäre hier war einfach die beste", sagte Pliskova.
Spannendes Finale war von Aufschlägen geprägt
Doch auch Vandeweghe, erst durch eine sogenannte Top-20-Wildcard ins Hauptfeld gekommen, darf die Woche in der Schwabenmetropole als großen Erfolg werten. Die Powerspielerin aus Kalifornien ("Jede Teilnahme von mir an einem Sandplatzturnier ist eine zu viel") hat bislang noch keine "Liebesbeziehung" zur roten Asche aufbauen können...vielleicht jetzt!
Doch insbesondere Pliskova, Flushing-Meadows-Finalistin von 2016, stellte eindrucksvoll unter Beweis, dass sie auf jedem Belag um Titel mitspielen kann. Allerdings ist der Untergrund in der Halle von Stuttgart viel schneller als bei den typischen Asche-Events in Madrid (ab 6. Mai), Rom (ab 13. Mai) oder eben bei den French Open in Paris (ab 21. Mai).
Das Endspiel entwickelte sich zum erhofft spannenden Schlagabtausch, der zur Freude des Publikums zunächst von vielen direkten Punkten geprägt war. Und das nicht zuletzt wegen der Aufschlagstärke der beiden Protagonistinnen. Zwar gab Pliskova gleich ihr erstes Servicespiel ab, doch die 1,86 Meter große Tschechin machte ihren Fehlstart kurz drauf wieder wett, als sie Vandeweghe zum 2:2 breakte. "CoCo" feuerte sich immer wieder mit "Come on!"-Rufen an, während die Favoritin gewohnt cool blieb.
Pliskova wohnte einst in Niedersachsen und spielte für Fallersleben
Die Sympathien in der Arena waren verteilt: Pliskova, die als "Queen of Aces" in der vergangenen Saison 452 Asse in 68 Partien geschlagen hatte, hat durchaus einen Bezug zu Deutschland. Zusammen mit ihrer Zwillingsschwester Kristyna und ihren Eltern lebte sie als Kind einst zwei Jahre in Wolfsburg und spielte TC Fallersleben.
Aber auch für New-York-Halbfinalistin Vandeweghe war das Event kein Turnier wie jedes andere. Wie ihr ihre Mutter Taura in diesen Tagen via Textnachricht mitteilte, stammt die Uroma der US-Amerikanerin aus Pforzheim - zirka 50 Kilometer von Stuttgart entfernt. "Lustig, oder?", meinte die Fed-Cup-Spielerin mit dem blonden Pferdeschwanz und schmunzelte.
Im Tiebreak zeigte Pliskova ihre Coolness
Es wunderte nicht, dass die Entscheidung im ersten Satz im Tiebreak fiel. Vandeweghe führte dort zwar mit 2:1, gab dann aber sechs Punkte in Folge ab. Mit einem Vorhand Winner holte sich Pliskova den ersten Durchgang nach 58 Minuten.
Vandeweghe ließ beim folgenden Seitenwechsel ihren Coach Pat Cash, australischer Wimbledonsieger von 1987, auf den Court kommen. Kurz darauf hatte die 26-Jährige Pech, als sie ausrutschte und sich wenig später am kleinen Finger der Schlaghand tapen lassen musste. Pliskova, die im zweiten Satz ihres Halbfinals gegen die Estin Anett Kontaveit (6:4, 6:2) bei eigenem Aufschlag keinen einzigen Punkt abgegeben hatte, nahm auch das stoisch hin.
Nun wartet in Prag ein besonderes Duell: In Runde eins gegen die Zwillingsschwester
Pliskova bog dann auf die Zielgeraden der Siegerstraße ein, als sie Vandeweghe das Service zur eigenen 3:2-Führung abnahm. Die gebürtige New Yorkerin zeigte in der Folge noch einmal ihr Temperament: Nach einer vergebenen Breakchance zertrümmerte sie ihr Racket. Ohne den erhoffte "Hallo-wach-Effekt". Pliskova kam bei einem 5:2-Vorsprung zwar noch einmal ins Straucheln und musste ihre Kontrahentin auf 4:5 verkürzen lassen. Doch letztlich machte die Asse-Königin (11 Asse im Endspiel) den Sack zu.
Einziger Wermutstropfen für die neue Stuttgart-Queen: Beim Heimturnier in Prag ab Montag kommt es zu einem besonderen Duell. Die topgesetzte Karolina trifft in der ersten Runde auf ihre Zwillingsschwester Kristyna. Bislang steht es in den Duellen 4:4. Am Sonntag aber durfte sie sich erstmal über ihren etwas unerwarteten Sand-Coup freuen.