"Och Mann, ernsthaftes Wrestling?!"

Von Interview: Maurice Kneisel
In München besiegten Daniel Bryan und CM Punk die Wyatt Family
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SPOX: Wie verlief Ihr Wechsel von den Indys zur WWE - fiel es Ihnen leicht, oder mussten Sie sich stark anpassen?

Bryan: Manche Dinge waren einfach, andere schwer. Das Schwierigste - und darüber denkt vorher niemand wirklich nach - ist der Entrance. In den Indys machst du eigentlich nichts Besonderes, du gehst einfach raus nach dem Motto "Hey, hier bin ich!", steigst in den Ring und es kann losgehen. Aber dann spielt plötzlich deine Musik, du kommst raus auf die Bühne und alle starren dich an! Tausende Leute starren dich an und du stehst praktisch nur in deiner Unterhose auf dieser erhöhten Plattform! Das ist doch ziemlich anders als im Independent Wrestling. Klar, damals bin ich auch in meiner Unterhose raus spaziert, aber ich stand eben nicht auf dieser erhöhten Plattform. Die Leute freuten sich auch damals, mich zu sehen, aber sie starrten mich nicht an und waren auch nicht so weit weg. Nun stehst du plötzlich auf dieser Plattform und alle sind so verdammt weit weg. Also hast du das Gefühl, irgendetwas machen zu müssen und fragst dich: "Was soll ich denn jetzt anstellen? Irgendwas werde ich wohl machen müssen" (lacht). Das war für mich das Schwierigste. Davon abgesehen musst du natürlich lernen, was die Leute hier von dir erwarten, was auch nicht einfach ist. Aber der Entrance - oh Mann! Das setzt dir ganz schön zu, wenn du nicht darauf vorbereitet bist.

SPOX: Und was hat Sie dann zu der Entscheidung veranlasst, Ihre Finger in die Luft zu strecken und "YES!" zu rufen?

Bryan: (lacht) Damit habe ich begonnen, als ich die World Heavyweight Championship gewonnen hatte. Ich war einfach RICHTIG begeistert. Damals habe ich damit angefangen, weil ich der World Heavyweight Champion war... aber wieso mache ich es noch immer? Ich habe keine Ahnung! In erster Linie, weil die Fans es mögen.

SPOX: Haben Sie erwartet, dass es bei den Fans dermaßen over kommen würde?

Bryan: Nein, das habe ich nicht erwartet. Ich habe damit einfach nur aus Spaß angefangen und es kam verdammt gut an. Es ist unerklärlich, welche Dinge sich im Wrestling durchsetzen (lacht). Ein Beispiel: der People's Elbow. Die Leute lieben diese Aktion, nicht wahr? Als ich sie zum ersten Mal gesehen habe, dachte ich, es sei das Dümmste, was ich je im Leben gesehen habe. Aber die Leute lieben es, das ist verrückt!

SPOX: Wie ist es für Sie, dass Big Show mittlerweile von Zeit zu Zeit Ihren Yes-Taunt nutzt?

Bryan: HAH! (lacht) Das ist eins dieser Dinge: sobald du etwas machst und es gut ankommt, werden andere Leute es übernehmen. Na ja, ich mag Big Show, deswegen macht es mich nicht sauer. Es ist einfach witzig. Okay, ich habe es zuerst gemacht, aber um ehrlich zu sein, habe ich dieses YES-Ding auch nicht erfunden. Der UFC-Fighter Diego Sanchez streckte natürlich nicht seine Arme in die Luft, bei ihm war es einfach ein Positive-Einstellung-Ding. Er kam zum Ring und sagte dabei einfach immer wieder "Yes! Yes! Yes!" vor sich hin. Diego Sanchez ist ein fantastischer Kämpfer, aber ich dachte mir: "Das ist das Nervtötendste, was du je gesehen hast". Also entschied ich mich, es zu übernehmen, aber sogar noch nervtötender zu machen! (lacht) Leute übernehmen ständig etwas von anderen, das passiert einfach. Es ist einfach witzig, wie die Welt funktioniert.

SPOX: Apropos witzig: wir haben zu Beginn ja schon Dr. Shelby angesprochen. Sie haben sich letztes Jahr vom reinen Wrestler Daniel Bryan zu dem Kerl entwickelt, der mit Kane Team Hell No bildete und eine Wutbewältigungstherapie benötigte. Wie haben Sie es erlebt, sich plötzlich mehr auf Comedy und das Schauspielerische zu konzentrieren - und dann auch noch so gut darin zu sein?

Bryan: Es hat riesigen Spaß gemacht, auch dadurch, dass Kane in seiner Karriere nicht so oft die Gelegenheit hatte, solche Dinge zu machen. Es ist eine Tatsache, dass ich im Main Event des SummerSlam John Cena gegenüber stand, aber auch schon ein zehnminütiges Umarmungs-Segment mit Kane im weltweiten Live-Fernsehen hatte - das verdammt gut ankam (lacht). Das ist echt cool, es macht riesigen Spaß, die verschiedenen Facetten des Wrestling zu entdecken. Es gibt noch viele Dinge, die ich nicht erlebt habe und mit denen ich viel Spaß haben kann, das ist das Interessante an der Sache. Ich dachte, meine Karriere geht in eine bestimmte Richtung und plötzlich machte ich Comedy und hatte so unglaublich viel Spaß dabei. Dann hieß es auf einmal, ich soll zurück zum ernsthaften Wrestling gehen und ich dachte nur: "Och Mann, ernsthaftes Wrestling?!" (lacht). Doch dann habe ich gegen die Jungs vom Shield gewrestlet und das hat riesigen Spaß gemacht, genau wie das, was ich aktuell mache. Das Coolste am Wrestling ist, wie stark es sich ständig verändert und dich dabei mental und physisch fordert.

SPOX: Letzte Frage: haben Sie rückblickend das Gefühl, dass Ihre 18-Sekunden-Niederlage gegen Sheamus bei WrestleMania 28 Ihrer Karriere mehr geholfen als geschadet hat?

Bryan: Das denke ich tatsächlich. Es hat die Leute, die mich mochten, stinkwütend gemacht. Es waren eine Menge Leute in der Halle, die es liebten, mich auszubuhen, doch letzten Endes wollten sie mich natürlich sehen. Dadurch, dass sie dann nicht die Chance hatten, mich wrestlen zu sehen, sind sie richtig sauer geworden und das hat die ganze Yes-Geschichte erst ins Rollen gebracht. Ich glaube nicht, dass sie sich jemals hätten vorstellen können, dass ich einmal so populär werden könnte, wie ich es heute bin. Was mich nach vorne katapultiert hat, waren nicht zahlreiche gewonnene Matches, sondern eine einzelne Niederlage, die ich verdammt schnell kassiert habe (schmunzelt). Wie ich schon sagte: es ist verrückt, wie dieses Geschäft manchmal funktioniert. Wenn das Gleiche 1992 passiert wäre, hätte es Sheamus zu einem der größten Superstars der WWE gemacht. Aber 2012 ist stattdessen der Verlierer zu einem der Top-Stars geworden (lacht).

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