Die falschen Dirty Deeds

Maurice Kneisel
12. September 201609:16
AJ Styles (r.) gewann bei Backlash gegen Dean Ambrose seinen ersten Titel in der WWE2016 wwe, inc. all rights reserved
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Bei Backlash im Richmond Coliseum von Richmond, Virginia besiegte AJ Styles nach einem Low Blow Dean Ambrose und sicherte sich somit erstmals die WWE World Championship. Bray Wyatt schaltete backstage den verletzten Randy Orton aus, um anschließend gegen Kane zu verlieren. Becky Lynch sowie Heath Slater & Rhyno gewannen die neu eingeführten Women's- bzw. Tag-Team-Titel, während The Miz seine Intercontinental Championship gegen Dolph Ziggler verteidigte.

Baron Corbin vs. Apollo Crews (Kickoff Match)

Sieger:Baron Corbin nach dem End of Days.

Erwartungsgemäß erweiterte die WWE die dünne Backlash-Card um ein weiteres Match und Corbin sowie Crews waren nach einigen Ausfällen die letzten verbliebenen Optionen. Zwar hängen beide Männer seit den Call-ups vor einem halben die meiste Zeit ohne Storyline in der Luft, Corbin wusste jedoch deutlich mehr zu überzeugen.

Crews derweil konnte bereits in der Fehde gegen den derzeit überragenden Miz kaum punkten und dürfte es auch in der dünn besetzten SmackDown-Midcard weiterhin schwer haben. Der Sieg für Corbin war entsprechend erwartungsgemäß und folgerichtig. Da angesichts der aktuellen Titelkonstellationen für ihn keine ernsthaften Optionen bestehen, würde der Start einer kleinen Fehde gegen Crews Sinn machen, es sei denn, sein eigentlicher Gegner Kalisto ist mittlerweile wieder fit.

SmackDown Women's Championship Six-Pack Challenge

Siegerin und erste SmackDown Women's Champion: Becky Lynch mit dem Disarm Her gegen Carmella.
Eliminierungen in der Reihenfolge Alexa Bliss, Naomi, Natalya, Nikki Bella, Carmella.

Statt für eine Überraschung oder die Intensivierung einer Fehde hat man sich entschieden, als erste Championesse die Frau zu krönen, die mindestens bis zum nächsten Draft die Division des blauen Brands tragen soll. Becky, trotz starker Leistungen und großer Popularität vor dem Brand Split stets im Schatten von Sasha Banks und Charlotte stand, profitiert enorm von der Trennung und erhielt nun den Lohn für ihre harte Arbeit.

Gleichzeitig ist es gelungen, Carmella nach ihrem Heelturn weiter zu pushen und als zukünftige Herausforderin auf den Titel aufzubauen. Nachdem Nikki Natalya eliminierte, um dann ihrerseits von der Princess of Staten Island ausgeschaltet zu werden, hat man mehrere Fehdenoptionen: Man kann Carmella nun vorerst weiter gegen Nikki fehden lassen und so weiter aufbauen, oder man tauscht die Paarungen und setzt gleich Bella vs. Natalya und Lynch vs. Carmella an. Aus Storyline-Sicht macht es aber definitiv Sinn, damit noch zu warten und Lynch zunächst ihre Fehde gegen Natalya - nun um den Titel - beenden zu lassen.

The Usos vs. Hype Bros (SmackDown Tag Team Championship Tournament Semi-Final)

Sieger: The Usos nach dem Tequila Sunrise von Jimmy Uso an Zack Ryder.

Wie schon in den Post-Match-Attacken gegen American Alpha, konzentrierten sich die Usos auch hier auf das Knie ihres Gegners - in diesem Fall Zack Ryder. So gewöhnungsbedürftig die neue Heel-Rolle der komplett in schwarz gekleideten Zwillinge, die seit April 2011 konstant als Faces gebookt wurden, noch sein mag, so effektiv ist sie.

Das Standing der beiden hatte durch die häufigen Paarungen mit ihrem Cousin Roman Reigns im letzten Jahr stark gelitten, die Buhrufe waren in dieser Zeit merklich lauter geworden und sie hingen storyline-technisch seit geraumer Zeit in der Luft. Mithilfe des Turns und der an das Revival erinnernden gnadenlosen Fokussierung auf die Beine ihrer Gegner hat man es nun geschafft, sie schnell als Heels zu etablieren. Entsprechend erwartungsgemäß war, dass die Hype Bros hier nur Aufbaugegner sein und die Usos ins Finale einziehen würden.

Intercontinental Champion The Miz vs. Dolph Ziggler

Sieger und weiterhin Intercontinental Champion: The Miz durch das Skull Crushing Finale, nachdem Maryse Ziggler etwas ins Gesicht gesprüht hatte.

Vor dem Match wurde der Disput zwischen The Miz und Daniel Bryan weiter angeheizt, als man vor dem Entrance sah, wie The Awesome One backstage den SmackDown General Manager anbrüllte und ihm erklärte, er fühle sich zu wenig gewürdigt. Daniel entgegnete, er müsse ihm schon bessere Argumente liefern, woraufhin Miz entgegnete, SmackDown brauche seinen IC-Titel und er wolle seinen Vertrag neu aushandeln und mehr Gehalt.

Abschließend erklärte er, die Verhandlungen würden nach seinem Sieg deutlich schwerer - was nun also der Fall sein wird. Wie im Vorfeld zu erwarten, war Ziggler lediglich ein Aufbaugegner für die Machtspiele zwischen den beiden. Dolph, vor gerade einmal drei Wochen noch Hauptherausforderer auf den WWE-Titel beim SummerSlam, rutscht somit weiter ab und befindet sich gefühlt einmal mehr im freien Standing-Fall.

Nach dem schmutzigen Sieg für den Hollywood A-Lister kann man allerdings davon ausgehen, dass er ein Re-Match erhalten und sich auch dadurch die Differenzen zwischen Miz und Bryan intensivieren werden. Diese Fehde weiß bislang auf der ganzen Linie zu überzeugen und trägt enorm dazu bei, dass Mizanins fünfter IC- und insgesamt siebter Midcard-Titelrun zu den stärksten seiner Karriere zählt. Das Ziel des Ganzen erscheint derweil aktuell noch völlig offen: Nutzt man die Geschichte, um Miz noch mal ganz oben angreifen zu lassen, kommt es tatsächlich zu einem einmaligen In-Ring-Comeback von Bryan oder läuft es letztlich lediglich darauf hinaus, dass jemand Miz entthront und so gepusht wird? Die WWE lässt sich bislang nicht in die Karten schauen und so bleibt das Ganze ungemein spannend.

Randy Orton vs. Bray Wyatt

Sieger durch Forfeit: Bray Wyatt.

Bereits im Laufe des Sonntags war auf diversen Wrestlingseiten zu lesen, dass Orton nach dem Match gegen Lesnar noch nicht wieder in der Lage sei anzutreten. Entsprechend wenig überraschend war, dass Wyatt ihn im Laufe des PPVs backstage attackieren und ausschalten durfte. Die Fehde dürfte lediglich pausieren, bis Randy wieder fit ist.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Bray diese dann gewinnen wird, dürfte nach diesem "Sieg" für den Eater of Worlds allerdings noch einmal geschrumpft sein, insbesondere auch, da Orton angesichts der Entwicklungen im WWE-Title-Rennen ein logischer Herausforderer wäre. Es steht also zu befürchten, dass Wyatt einmal mehr am Ende einer Fehde das Nachsehen haben wird.

Bray Wyatt vs. Kane (No Holds Barred-Match)

Sieger: Kane nach dem Chokeslam from Hell.

Es kam sogar noch schlimmer für Wyatt: Statt einer Niederlage gegen Orton musste er sich für Part-Time-Profi Kane hinlegen. Bray konnte zwar zwischendurch einmal mehr kräftig bei den Fans punkten, indem er den Demon per Senton durch ein Kommentatorenpult beförderte, am Ende stand aber eine weitere Niederlage zu Buche und man muss sich zum gefühlt 100. Mal fragen, was die WWE eigentlich mit dem Mann vorhat.

Wyatt ist ein hervorragender Mic-Worker mit großartigem Look und noch viel besserem Gimmick, der gerade im dünn besetzten SmackDown-Roster absolut das Zeug zum Main Eventer hätte. Auch wenn man davon ausgehen kann, dass die -alles andere als neue - Fehde gegen Kane fortgeführt und der hier überraschte Bray am Ende als Sieger daraus hervorgehen wird, kann ihn das nach all den Niederlagen und schwachen Darstellungen in seinen diversen Fehden gefühlt nicht retten. Ja, die WWE kann, wenn sie es denn überhaupt will, theoretisch noch die Kurve bekommen, macht es sich aber zunehmend und vor allem unnötig schwerer.

The Usos vs. Heath Slater & Rhyno (SmackDown Tag Team Championship Tournament Final)

Sieger und erste WWE SmackDown Tag Team Champions: Heath Slater & Rhyno nach dem Gore gegen Jimmy und Pin von Slater.

Heath Slater hat seinen SmackDown-Vertrag, Baby! Es sei der größte Moment seines Lebens - neben den Geburten einiger seiner Kinder - und nun könne er sich endlich den Doublewide Trailer leisten, erklärte die One Man Rock Band anschließend. Man hat den Push des Odd Couples wirklich durchgezogen, noch dazu clean und ohne Eingreifen von American Alpha.

Das ist sicherlich eine handfeste Überraschung, zeigt aber auch, dass die Verantwortlichen endlich verstanden haben, wie over der nun insgesamt vierfache Tag-Champ ist. Auch für Rhyno, der die Rolle seines Partners hervorragend spielt und glaubwürdig die Siege für das Team herausholt, ist es eine tolle Belohnung kurz vor Ende seiner Karriere. Die Usos derweil wurden nicht zu sehr geschwächt, da sie, im Gegensatz zu ihren Gegnern, an dem Abend zweimal ranmussten.

Ob man den Feel-Good-Moment nun länger ausschlachtet, oder die Usos sich die Titel schon in der nächsten SmackDown-Ausgabe in einem Re-Match holen, bleibt abzuwarten. Da Slater seinen Vertrag nun hat und man durch das Gold die Fehde zwischen den Zwillingen und Alpha noch mal intensivieren würde, ist dieses Szenario sicher nicht abwegig. Doch so over, wie Slater & Rhyno sind, ist mittlerweile auch ein kleiner Team Hell No Light-Titlerun absolut denkbar.

WWE World Champion Dean Ambrose vs. AJ Styles

Sieger und neuer WWE World Heavyweight Champion: AJ Styles nach einem Low Blow und dem Styles Clash.

Der Main Event lieferte das, was er im Vorfeld versprach: ein starkes Match, welches das klare Highlight von Backlash war und zudem einen sensationellen Titelwechsel, den man trotz des vorherigen Aufbaus nicht unbedingt kommen sehen konnte. Styles wurde für seine starken Leistungen seit dem Debüt beim Royal Rumble belohnt und sein Push konsequent zuende geführt.

Nach den überragenden Matches gegen John Cena, in denen er absolut unbesiegbar wirkte, konnte auch der ähnlich unnachgiebig dargestellte Ambrose ihn nicht bis Drei auf den Schultern halten. Da man sich für ein Dirty Finish inklusive Referee-KO und Low Blow entschied, wurde Dean gleichzeitig nicht schwach dargestellt, hier hat die WWE alles richtig gemacht.

Styles ist unfassbar over und dürfte den Titel nun erst einmal halten, mit Randy Orton - sobald er wieder fit ist und seine Fehde mit Bray beendet hat - und dem irgendwann zurückkehrenden Cena, der noch eine gewaltige Rechnung mit AJ offen hat, bieten sich zwei logische nächste Gegner an. Ambrose wird sich nach dem Re-Match wohl erst mal hinten anstellen müssen und vielleicht gegen Baron Corbin fehden, bevor er seinen zweiten Run mit dem Gürtel erhält.

Fazit

Aufgrund diverser Ausfälle und eines generell dünnen Kaders stand hinter dem ersten exklusiven SmackDown-PPV seit dem Brand-Split ein dickes Fragezeichen. Der Ausfall eines weiteren Zugpferdes in Randy Orton erschwerte die Sache noch einmal zusätzlich.

Unter den gegebenen Umständen holten die Verantwortlichen das Beste heraus. Man vollendete konsequent den Monster-Push für AJ Styles und krönte die Fan-Lieblinge Becky Lynch und Heath Slater (& Rhyno) zu den ersten Women's- bzw. Tag-Champs. Gleichzeitig gelang es, die Usos und Carmella trotz Niederlage als Heels weiter over zu bringen, so dass die beiden Divisions auch in den kommenden Monaten äußerst spannend bleiben sollten.

Corbin erhielt einen aufgrund des Standings von Crews leider nicht sehr bedeutungsvollen Sieg und sollte sich allmählich Richtung Upper Midcard orientieren, während man die Fehde zwischen Miz und Bryan (auf Kosten von Ziggler) weiter anheizte. Neben dem Main Title-Rennen ist diese Storyline ohne Frage DAS derzeitige Highlight des Blue Brand und sollte, weiterhin sinnvolles Booking vorausgesetzt, auch in den kommenden Wochen und Monaten für Unterhaltung sorgen.

Einziger Kritikpunkt ist einmal mehr das Booking von Bray Wyatt: natürlich kann man die Niederlage mit der Überraschung über Kanes Auftauchen entschuldigen. Doch wie oft will man noch Entschuldigungen für das katastrophale Booking des Eater of Worlds suchen? Statt ihm nach dem Forfeit-Sieg gleich noch einen Erfolg gegen einen Part-Timer zu gewähren, lässt man Kane gewinnen. Auch ein Sieg über die Big Red Machine im Re-Match wird Brays schwache Darstellung nicht mehr rausreißen. Er braucht schlichtweg eine konsequente Siegesserie mit starkem Booking über mehrere Monate.

Hier wird auch deutlich, dass der SmackDown-Kader in der Midcard zu dünn besetzt ist: neben Ziggler und Kalisto auf Face- sowie Corbin auf Heel-Seiten fehlt es an Qualität, so dass auch attraktive Gegner für The Miz auf längere Sicht schwer zu finden sein werden. Ein Cesaro (nach Ende seiner Sieben-Matches-Serie gegen Sheamus) und am besten noch ein Neville (im breiten Raw-Kader völlig verloren) oder gar Sami Zayn könnten Abhilfe schaffen. Insgesamt war Backlash ein ordentlicher SmackDown-exklusiver PPV, der letztlich aber lediglich durch die beiden Titeleinführungen sowie den Sieg von AJ Styles in Erinnerung bleiben wird.

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