Im Prudential Center von Newark, New Jersey stieg vergangene Nacht der offizielle Post-WrestleMania-PPV Backlash. Im Main Event traf dabei Roman Reigns auf den frisch genesenen Samoa Joe.
Das WWE-Titelmatch zwischen AJ Styles und Shinsuke Nakamura fand überraschenderweise bereits früher statt und endete in einer Kontroverse. Zudem stellte sich Daniel Bryan seinem neuesten Rivalen Big Cass.
Bayley vs. Ruby Riott (Kickoff Match)
Siegerin: Ruby Riott per Riott Kick, nachdem Liv Morgan Bayley ablenkte. So richtig rund läuft es derzeit wahrlich nicht für Bayley und Sasha Banks, deren Fehde einfach nicht an Fahrt aufnehmen will, oder besser gesagt darf. Stattdessen ärgern sie sich seit Monaten zunächst mit Absolution und nun eben mit deren 2.0 Version, der Riott Squad, herum, ohne dass offensichtlich würde, wohin das Ganze führen soll. Ruby den Sieg zu gewähren, macht durchaus Sinn, um dem Stable, der in den letzten Monaten vergleichsweise gut gebookt wurde, weiteres Momentum zu geben. Man muss sich gleichzeitig aber fragen, wohin die WWE mit ihren beiden Faces will, denn wenn die beiden derzeit nicht im Doghouse hocken, wie es um WrestleMania herum gerüchteweise hieß, dann brauchen sie dringend endlich ihre Fehde, um wieder in die richtige Richtung zu gehen.
Intercontinental Champion Seth Rollins vs. The Miz
Sieger und weiterhin Intercontinental Champion: Seth Rollins per Blackout, nachdem er einen Super Blackout verfehlte. Keine Überraschung hier, Rollins war alleine schon aufgrund der Raw/SmackDown-Konstellation der einzig logische Sieger. Hätte man beim USC-Pendant wenigstens einen Raw-Superstar als Herausforderer gewählt, wäre noch marginal Spannung aufgekommen, doch diese Möglichkeit hat man sich früh selbst genommen. Das Match war erwartungsgemäß stark - wie sollte es bei den beiden auch anders sein? - und Rollins ist ein absolut würdiger Nachfolger für Miz als Aushängeschild der IC-Division. Nachdem das Re-Match nun aus dem Weg ist, kann der Architect sich wieder seiner Rivalität mit Finn Bálor widmen, während Miz sich in den nächsten Monaten allmählich Richtung Daniel Bryan orientieren sollte, denn diese Fehde sehnt wohl jeder WWE-Fan herbei.
RAW Women's Champion Nia Jax vs. Alexa Bliss
Siegerin und weiterhin RAW Women's Champion: Nia Jax per Samoan Drop, nachdem sie Alexa beim Twisted Bliss abfing. Für dieses Match gilt, auch ohne Raw/SmackDown-Konstellation, das Gleiche wie für das vorangegangene: Alles andere als eine Titelverteidigung wäre eine Sensation gewesen! Die Bully-Fehde mit Alexa sollte nun allmählich enden, wobei sich anschließend die Problematik ergeben wird, keine würdige Gegnerin (neben Ronda Rousey natürlich) für Jax in petto zu haben. Am logischsten erscheint nach ihrem Sieg im Kickoff noch Riott, die dank ihres Stables auch halbwegs glaubwürdig gegen den Champ gebookt werden könnte. Gleichzeitig muss man aber dringend die eigentlich so stark besetzte Raw Women's Division auch abseits von Nia und Ronda (und Alexa) wieder pushen, falls man nicht zeitnah komplett ohne ernstzunehmende Herausforderinnen dastehen möchte.
United States Champion Jeff Hardy vs. Randy Orton
Sieger und weiterhin United States Champion: Jeff Hardy per Swanton Bomb. Und noch mal die gleiche Leier, es war ein absolut offensichtliches Ergebnis. Jeff wurde als eines der Top-Faces zu SmackDown geholt und könnte perspektivisch sogar Richtung WWE-Titel schielen. Entsprechend logisch und wichtig war für ihn ein Sieg über einen großen Namen wie den 13-fachen World Champ Orton. Potentielle zukünftige Gegner bietet der blaue Kader genug (Joe, Miz, Rusev, ...), doch am Naheliegendsten wäre ein Heel-Turn von Randy, durch den die Fehde, ähnlich wie bei Styles vs. Nakamura, erst an Fahrt aufnehmen würde. Bei Backlash verzichtete man hierauf aber noch, es gab kein Nachspiel nach Hardys Sieg.
Als nächstes wollte Elias die Fans - natürlich nachdem er den Heimatstaat des Boss Bruce Springsteen ausgiebigst beleidigt hatte - mit seiner wunderbaren Musik begeistern. Erwartungsgemäß wurde er dabei aber unterbrochen: Zunächst vom New Day, anschließend von Rusev Day und zur Krönung von No Way José, der eine Conga Line inklusive Breezango und Titus Worldwide im Schlepptau hatte. Abschließend gesellte sich zur Freude der Fans auch noch Bobby Roode hinzu und ruinierte Elias' Abend mit einem Glorious DDT komplett.
Daniel Bryan vs. Big Cass
Sieger: Daniel Bryan per Yes Lock. Erstmals kam bei diesem PPV etwas Spannung auf, auch wenn letztlich erneut der offensichtliche Sieger die Arme zum Jubel heben durfte. Der WWE war durchaus zuzutrauen, dass sie Big Cass hier mit einem dreckigen Sieg den Schockmoment gewähren, worauf aber zurecht verzichtet wurde. Nun kann man natürlich argumentieren, dass die Niederlage für den Rückkehrer, mit dem Vince & Co. gefühlt nach wie vor große Pläne haben, zu früh kam. Doch ein Programm gegen Bryan, bei dem Cass zudem insgesamt wie ein starker Bully präsentiert wurde, bringt ihn definitiv voran. Dadurch, dass Cass Bryan nach dem Match brutal weiter attackierte, wird zudem klar, dass die Fehde weitergehen wird und ein Sieg für den Hünen zwischendurch ist sicher nicht auszuschließen. Man bewies in jedem Fall, dass das Ganze wunderbar funktioniert, um die beiden in ihren Rollen weiter over zu bringen, denn Daniel wurde erwartungsgemäß ausgiebig abgefeiert und Cass insbesondere beim Post-Match Beatdown in Grund und Boden gebuht und mit "Asshole"-Chants bedacht. Alles richtig gemacht, WWE!
SmackDown Women's Champion Carmella vs. Charlotte Flair
Siegerin und weiterhin SmackDown Women's Champion: Carmella, die die gesellte Knieverletzung Charlottes nach einem verfehlten Moonsault zum Pin nutzte. Prinzipiell gilt hier das Gleiche wie bei den beiden Männer-Midcard-Titel-Matches: Der neue Champ wurde über einen Sieg gegen die Vorgängerin weiter aufgebaut. Dennoch ist schier unglaublich, dass Carmella die Frau pinnen durfte, die vor gerade mal einem Monat bei WrestleMania Asukas Siegesserie beendet hat. Im Match wurde Charlotte natürlich dominant dargestellt, während die Princess of Staten Island jede Gelegenheit zum Taunten nutzte oder vor ihrer Gegnerin aus dem Ring floh. Nichtsdestotrotz ist dieser Sieg eine richtige Hausnummer für Mella, deren Push nach den gestreuten Gerüchten um einen erfolglosen Cash-in ein gelungener Schocker war und ihr enormes Momentum gibt.
Die Fehde gegen die Queen sollte somit beendet sein und im Zweifel wird sie sich als nächstes der Battle Royal-Siegerin Naomi zuwenden, um eine weitere Übergangsgegnerin aus dem Weg zu räumen. Während Carmella somit zur neuen Alexa Bliss mutiert - eine Rolle, der sie im Ring aber noch mehr gerecht werden muss - muss man sich bei Charlotte fragen, wie es nun weitergehen soll. Am Naheliegendsten wäre eine Fehde mit einer als Heel zurückkehrenden Asuka, die man problemlos über Monate ziehen könnte.
WWE Champion AJ Styles vs. Shinsuke Nakamura (No Disqualification Match)
Double Countout. Was soll man dazu sagen? Es reicht nicht, dass dieses Match nicht im Main Event landete, wo es von der Konstellation her eindeutig hingehört hätte. Nein, zudem endete es auch noch mit einem Double Countout, nachdem beide Männer sich gegenseitig synchron in die Kronjuwelen traten und anschließend nicht mehr vor dem Ten Count des Referees auf die Beine kamen. Im Hinblick auf das Ergebnis macht die Position auf der Card sogar Sinn, denn mit der buhenden Crowd, die man dafür zurecht erhielt und die mit Ansage kam, sollte man keinen PPV beenden - die Dauerausnahme stellt natürlich Roman Reigns dar. Gleichzeitig muss man sich aber fragen, wie die Verantwortlichen diese Fehde nun noch steigern möchten, nachdem Styles und Nakamura sich ausgiebigst mit Waffen behakt und einmal mehr Low Blows verpasst haben. Die Matches sind stark, der Heel-Turn Shinsukes war absolut sinnvoll - doch um ihn nun auch endlich als Main Eventer zu etablieren, MUSS er den Titel gewinnen. Natürlich unfair, im Zweifel in einem anderen Gimmick-Match bei Money in the Bank am 17. Juni. Leiter-Match, Käfig-Match - völlig egal, doch der Titelgewinn ist überfällig, ansonsten versaut man den Japaner, dem man mit der Katastrophenfehde gegen Jinder Mahal im Vorjahr unglaublich geschadet hat, endgültig. Und das wäre angesichts seines unbestrittenen Talents, seiner Popularität und Vermarktbarkeit eine absolute Schande!
Braun Strowman & Bobby Lashley vs. Kevin Owens & Sami Zayn
Sieger: Braun Strowman & Bobby Lashley nach Pin an Kevin Owens. Wieder die Frage: Was sollte das Ganze? Owens & Zayn wurden im Rahmen der Fehde gegen Shane McMahon & Daniel Bryan zunächst großartig dargestellt, der Headbutt von KO gegen Vince McMahon war zudem ein astreiner Schockmoment. Doch seit Monaten geht es für die beiden Kanadier und das Yep-Movement stetig bergab, vor allem Owens muss gefühlt jede Woche das Pin nehmen. Nochmal: Wozu das Ganze? Strowman und Lashley, die mit Sicherheit kein Tag Team bleiben werden, bringt das Ganze herzlich wenig, insbesondere für Braun sind Owens & Zayn in ihrer aktuellen Darstellung mindestens eine Nummer zu klein. Man hat das Gefühl, sie werden abgestraft - nur wofür? Lashleys Booking seit dem Comeback war komplett einfallslos und die sinnlose Paarung mit Braun unterstreicht dies noch einmal. Turnt keiner der beiden bei Raw - wovon nicht auszugehen ist - dann hat diese Geschichte niemandem genutzt. Lashley braucht nun dringend ein relevantes Solo-Programm, Braun den Universal-Titel und Kevin & Sami brauchen vor allem Siege, Siege, Siege. Zumindest bei den letzten beiden Punkten dürften nach den letzten Wochen und Monaten aber die Wenigsten übermäßig optimistisch sein...
Roman Reigns vs. Samoa Joe
Sieger: Roman Reigns per Spear. Wie meinte Rusev mal so schön in einer Episode von Xavier Woods' UpUpDownDown? Er wählte den Spitznamen "Roman Reigns", weil Roman Reigns niemals verliert. Nun muss man festhalten, dass Roman durchaus verliert - gegen Brock
Lesnar und gelegentlich sogar gegen Braun Strowman. Aber doch nicht gegen einen Samoa Joe, Gott bewahre! Die Bedenken beim Bryan-Cass-Match, dass die Niederlage nach der Verletzungspause ggf. zu früh kam, gilt hier noch bedeutend mehr: Joe ist eines der neuen Heel-Aushängeschilder von SmackDown, unter Umständen könnte er in einem halben Jahr sogar die Nummer Eins sein. Aber dafür benötigt er relevante Siege und eben diese Möglichkeit hatte man bei Backlash. Doch stattdessen kassiert die Samoan Submission Machine gleich wieder eine Niederlage, damit Roman die Niederlage beim Greatest Royal Rumble, wo er trotz allem wie der Sieger dargestellt wurde, wieder ausgleichen kann. Joe geht nun zu SmackDown und man muss sich fragen, welchem relevanten Face er dort wohl einen Sieg abringen dürfen wird, um diese Pleite auszugleichen? Styles, Bryan? Sicher nicht. Hardy? Ganz vielleicht. Dieses Match ist ein weiteres Beispiel für unkreatives Booking und passt zum Gesamteindruck von Backlash.
Fazit
Backlash wurde seinem Ruf als obligatorischer Übergangs-PPV nach WrestleMania einmal mehr gerecht und bot viele spannungsarme Ansetzungen mit den offensichtlichen Siegern. Hier wurden die neuen Champs und Gesichter der Post-Shakeup-Brands über Siege gegen ihre Vorgänger gepusht. Daran ist nicht zwingend etwas falsch, denn auch solche PPVs werden benötigt, um eben Leuten wie Carmella, bei der man es besonders stark gemacht hat, den benötigten Push zu geben. Gleichzeitig ist es dennoch schade, wenn es derart gebündelt und mit Ansage auftritt wie bei dieser Ausgabe von Backlash.
Vier Übergangs-Titelmatches mit offensichtlichen Verteidigungen ohne Nachspiel, dazu der frustrierende Double Countout im WWE-Titel-Match - so weckt man herzlich wenig Begeisterung bei den Fans. Das Gleiche gilt für die völlig sinnlose Demontage von Owens & Zayn. Zudem hätte der PPV auch kaum einfallsloser enden können als mit einem erwartungsgemäßen Reigns-Sieg gegen den zurückkehrenden Joe, der den Erfolg dringend gebraucht hätte. Immerhin wurde Ruby Riott halbwegs sinnvoll gepusht und vor allem bei Bryan vs. Cass hat man alles richtig gemacht. Die Fehde Roode vs. Elias zu starten, macht ebenfalls Sinn, allerdings benötigen beide Männer nach zuletzt schwachem Booking dringend einen Erfolg. Diesen wird jedoch nur einer erhalten... bestenfalls, denn falls das Booking der Fehde ebenfalls schwach ausfällt, muss man für gleich zwei charismatische Wrestler schwarzsehen. Diese Entwicklung ist angesichts der Overness beider und insbesondere des offensichtlichen Potentials von Elias als quasi hausgemachtes Talent der WWE absolut nicht nachvollziehbar.
Backlash enttäuschte keineswegs durch die In-Ring-Action, die angesichts der überwiegend starken Paarungen erwartungsgemäß zu überzeugen wusste; es enttäuschte aber maßlos durch das komplett lieblose und unkreative Booking, bei dem durch die Bank alle offensichtlichen Sieger den Triumph holten und gefühlt neben Carmella und Jeff Hardy niemand auch nur ein Jota nach vorne gebracht wurde. Dass die Crowd zwischendurch noch ihren gefeuerten Lokalmatador Enzo Amore besang, passte perfekt ins Gesamtbild. Übergangs-PPVs in allen Ehren, liebe WWE, aber selbst das wäre deutlich einfallsreicher und besser gegangen!