Deutschland träumt bei der Eishockey-WM in Finnland nach dem punktemäßig besten Vorrunden-Ergebnis der Geschichte von einer Medaille. Vor dem Viertelfinal-Kracher gegen Tschechien am Donnerstag (WM live bei Magenta Sport ) spricht Ex-DEB-Star Christoph Ullmann bei SPOX über die deutschen Chancen und mahnt zur Vorsicht.
Der vierfache Deutsche Meister und zehnfache WM-Teilnehmer erklärt, was die Schlüssel zum Erfolg für das DEB-Team in der K.o.-Runde sind und warum das Spiel zwischen Deutschland und der Schweiz für das europäische Eishockey etwas ganz Besonderes war.
Außerdem schwärmt der 39-jährige MagentaSport-Experte von Star-Verteidiger Moritz Seider und verrät, auf welchen Spieler Deutschland im Viertelfinale (Do., 15.20 Uhr im LIVETICKER) aufpassen muss.
Das Ziel ist klar: Revanche nehmen. Bei der ersten WM unter Toni Söderholm 2019 in der Slowakei setzte es im Viertelfinale eine 1:5-Pleite gegen die Tschechen.
Christoph Ullmann über...
... das Schweiz-Spiel:
"Das war ein sehr unterhaltsames Eishockey-Spiel. Ich habe mich nach dem Spiel noch mit Ralph Krueger (ehemaliger Schweizer Nationaltrainer, Anm. d. Red.) unterhalten und wir haben beide gesagt, dass es für das europäische Eishockey nichts Besseres geben kann, als dass Deutschland und die Schweiz um Platz eins in der Gruppe gefightet haben. Eine bessere Werbung, eine bessere Wertschätzung und einen größeren Lohn für die Arbeit kann es gar nicht geben. Beide Mannschaften haben extrem viel investiert, obwohl es das siebte Spiel innerhalb von kurzer Zeit war. Das Niveau war sehr hoch. Der Fan hat alles bekommen in diesem Spiel - da hätte es nach 60 Minuten auch keinen verdienten Sieger gegeben."
... das Sensations-Tor von Matthias Plachta:
"Irre. Ich bin genau daneben gesessen und habe gestaunt. Ich habe ja noch selbst mit Plachti zusammengespielt und weiß, was er kann, aber mit so einem Tor so ein Spiel auszugleichen im letzten Drittel, war phänomenal. Er ist ja auch keine 1,43 Meter groß, sodass er da leicht mal durchschlüpfen kann durch eine Abwehr, das macht es nur noch beeindruckender. Chapeau!"
imago images... die Kritik an den Schiedsrichtern, Toni Söderholm sprach von "katastrophalen Entscheidungen":
"Spiele zwischen Deutschland und der Schweiz werden immer sehr hart geführt. Ich will generell nicht mit in die Kritik einstimmen, weil ich weiß, dass die Schiedsrichter auf dem Eis generell echt einen guten Job machen. Die sind alle gut geschult und wenn alle vier Refs auf dem Eis am Ende zu einer Entscheidung kommen, ohne dass einer davon ein Veto einlegt, liegen sie ganz oft auch richtig."
... die Leistung des DEB-Teams in der Vorrunde:
"Viel besser hätte es wirklich nicht laufen können. Viele haben ja nach dem Olympia-Turnier von einer Enttäuschung oder sogar von einer Blamage gesprochen, das sehe ich anders. So sollten wir es nicht sehen. Wir sollten die gesamte Entwicklung unter Toni Söderholm betrachten. In der Liga ist es auch mal so, dass du als Tabellenführer zum Letzten fährst und dir ein blaues Auge holst. So etwas passiert. Eine Entwicklung ist kein Treppenhaus - du gehst nicht einfach Stufe für Stufe immer nur nach oben. Rückschläge sind normal. Wichtig ist es, daraus die Lehren zu ziehen. Und wenn ich mir die Mannschaft hier in Helsinki anschaue, dann sehe ich eine Mannschaft, die aus dem Olympia-Turnier ihre Lehren gezogen hat. Es macht richtig Spaß, den Jungs zuzuschauen. Die haben alle viele Spiele in den Knochen, wir haben viele ganz junge Burschen, die Verantwortung übernehmen - das ist klasse. Ich habe extra meine WM-Jacke von 2013 wieder aus dem Schrank geholt, als wir auch in Helsinki gespielt haben, und trage sie hier mit Stolz, weil dieses Team einfach überragend ist."
... Viertelfinal-Gegner Tschechien:
"Ich bin voller Vorfreude auf dieses Spiel und ich bin mir sicher, dass es bei der Mannschaft genauso aussieht. Die Tschechen sind natürlich gefährlich, mit David Pastrnak haben sie im Lauf des Turniers einen absoluten NHL-Superstar dazubekommen. Das finde ich ehrlich gesagt auch toll, dass so ein Spieler dann noch zur WM kommt. Normalerweise musst du länger fliegen und mehr bezahlen, um solche Spieler live zu sehen. Aber ich traue unserem Team noch einiges zu. Der Schlüssel wird die Disziplin und die Defensivleistung sein - auf Doppel-D kommt es an. Das ist auf internationaler Ebene ganz entscheidend. 1:0 gegen Dänemark, 2:1 gegen die Slowakei - das waren gute Beispiele aus der Vorrunde, mit einer starken Defensive und einem starken Goalie gewinnst du die Spiele."
... DEB-Verteidiger Moritz Seider:
"Es ist Wahnsinn, was er in so jungen Jahren schon abreißt. Wie viel Eiszeit er runter rockt, wie er Entscheidungen trifft - das ist schon sehr bemerkenswert alles. Er ist erst 21 geworden im April, er wird mit mehr Erfahrung nur noch besser werden, an ihm werden wir noch sehr viel Spaß haben in den nächsten Jahren. Gleiches gilt für Tim Stützle."
... die generelle Entwicklung im deutschen Eishockey und Medaillenträume:
"Ich weiß nicht, ob wir in diesem Jahr schon von einer Medaille sprechen sollten. Vielleicht auch nächstes Jahr noch nicht. Ich glaube, dass das auch eine der Lehren aus Peking war. Vor dem Olympia-Turnier hat man sich den Mund verbrannt. Wir sollten den eingeschlagenen Weg einfach weitergehen und weiterarbeiten. Und dann schauen wir, für was es reicht. Wir müssen da die Kirche auch im Dorf lassen. Wir dürfen nicht vergessen, wie knapp Spiele gegen Dänemark oder Kasachstan sind. Das sind alles Nationen, die auch ihre Hausaufgaben machen. Und diese Nationen musst du konstant schlagen, wenn du vorne dabei sein willst. Das ist aber nicht Gesetz, es kann auch mal wieder ein Turnier kommen, bei dem du früher scheiterst. Deshalb wäre ich da noch vorsichtig, auch wenn die Entwicklung insgesamt total positiv ist."
Eishockey WM 2022 - Das Viertelfinale im Überblick
Datum | Beginn | Partie | Austragungsort |
26.05 | 15.20 Uhr | Deutschland vs. Tschechien | Helsingin Jäähalli, Helsinki |
26.05 | 15.20 Uhr | Schweden vs. Kanada | Nokia-areena, Tampere |
26.05 | 19.20 Uhr | Schweiz vs. USA | Helsingin Jäähalli, Helsinki |
26.05 | 19.20 Uhr | Finnland vs. Slowakei | Nokia-areena, Tampere |