"Bei Gretzky schüttelte ich den Kopf"

Felix Götz
11. September 201417:31
Don Jackson kam vom EC Red Bull Salzburg nach Münchenimago
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Don Jackson geht mit großen Erwartungen in seine erste Saison als Trainer des EHC Red Bull München (Fr., 19.30 Uhr im LIVE-TICKER). Bei SPOX spricht der 58-Jährige über seine Zeit an der Seite von Eishockey-Legende Wayne Gretzky, den deutschen Hoffnungsträger Leon Draisaitl und die Bayern.

SPOX: Mister Jackson, als Spieler erlebten Sie in den 80er Jahren ihre Glanzzeit. An der Seite des großen Wayne Gretzky gewannen Sie mit den Edmonton Oilers zwei Mal den Stanley Cup. Wie haben Sie "The Great One" in Erinnerung?

Don Jackson: Darauf werde ich natürlich sehr oft angesprochen. Und es ist eine Frage, die ganz einfach zu beantworten ist. Er ist - trotz all seiner großen Erfolge - als Mensch noch besser, als er es als Spieler war.

SPOX: Das scheint fast unmöglich zu sein...

Jackson: So ist es aber. Er war ein natürlicher Leader mit seiner Ausstrahlung, seiner Persönlichkeit, seiner Ernsthaftigkeit und seiner Einstellung. Über sein Talent müssen wir ohnehin nicht reden. Jeder, der mit ihm zusammenspielen durfte, empfindet ihn als ganz großen Spieler und Menschen. Ich habe viel von ihm gelernt.

SPOX: Gibt es eine Partie von Gretzky, an die Sie sich besonders gut erinnern?

Jackson: Die Sache bei Gretzky ist die: Ich erinnere mich an fast jedes Spiel von ihm, weil doch fast jeder seiner Auftritte ein besonderer war. Seine Art zu spielen war so spektakulär, dass ich von der Bank aus nur ungläubig den Kopf schütteln konnte, wann immer ich ihm zusah. Seine Mentalität bescherte uns damals die Stanley-Cup-Triumphe 1984 und 1985.

SPOX: ...nachdem die Oilers 1983 gegen die New York Islanders in den Finals noch mit 0:4 untergegangen waren.

Jackson: Genau. Er suchte nicht nach Ausreden, sondern stellte sich öffentlich hin und redete Klartext. Wir hätten uns nicht genügend aufgeopfert und es damit nicht anders verdient. Den Islanders hingegen sah man an, dass sie alles gegeben hatten und völlig abgekämpft waren. Er hatte mit dem, was er sagte, recht und war durch diese Haltung mit dafür verantwortlich, dass wir beim nächsten Mal bereit waren.

SPOX: Deutschland hat derzeit mit Leon Draisaitl einen großen Hoffnungsträger - The German Gretzky. Was halten Sie von ihm?

Jackson: Er ist ein Top-Pick in der NHL, damit repräsentiert er Deutschland schon einmal exzellent. Die Voraussetzungen für eine große NHL-Karriere sind bei ihm gegeben, er hat alles, was man dafür braucht. Er kann mit dem Puck umgehen und spielt starke Pässe. Jetzt muss er sich nur noch weiterentwickeln. Er muss weiterhin jeden Tag hart an sich arbeiten, um immer besser zu werden.

SPOX: Kommen wir zu Ihrer neuen Aufgabe beim EHC Red Bull. Sie kamen aus Salzburg nach München - wie gefällt es Ihnen in Bayern?

Jackson: Mir gefällt es sehr gut, ich fühle mich jeden Tag wohler. Und die Menschen sind sehr nett zu uns. Leider hatte ich für ausgiebiges Sightseeing bisher noch keine Zeit. Ich bin schon durch die Stadt gefahren und war mit dem Fahrrad in der Umgebung unterwegs. Aber ansonsten? Ich denke eben sehr viel an Eishockey (lacht).

SPOX: Aber auch Sie müssen doch mal abschalten...

Jackson: Das geht am besten, wenn ich in ein gutes Restaurant gehe. Aber ganz ehrlich: Ich brauche gar nicht so viel Zeit, um vom Eishockey abzuschalten, weil es mir große Freude macht, mich ständig mit Eishockey zu beschäftigen. Wir haben doch alle einen Traumjob. Wir spielen als erwachsene Männer noch immer das Spiel, das uns als Kinder schon begeistert hat.

SPOX: Sie gelten als ruhiger und sachlicher Coach. Würden Sie sich selbst auch so beschreiben?

Jackson: (lacht) Es überrascht mich, das immer wieder zu hören. Sie sollten mich im Training sehen, da kann ich ganz schön laut werden. Im Ernst: Ich weiß nicht, ob ich wirklich ruhiger als andere Trainer bin. Das sollen andere Leute beurteilen.

SPOX: Einverstanden. Dann beurteilen Sie doch Ihre neue Mannschaft.

Jackson: Der Eindruck ist bisher gut. Die Jungs gehen mit viel Power zur Sache, das gefällt mir. Wir haben gute individuelle Spieler, die sich immer mehr zu einem Team zusammenfinden. Wir haben Scorer, harte Arbeiter wie Benedikt Brückner oder Felix Petermann. Und natürlich starke Verteidiger wie Richie Regehr. Ich denke, dass wir ein gutes Paket haben.

SPOX: Und was ist mit diesem Paket drin?

Jackson: Das Ziel ist es, möglichst jedes Spiel und dann auch die Meisterschaft zu gewinnen. Aber der Weg dahin ist lang. Und es geht ab jetzt darum, diesen zu meistern.

SPOX: Der EHC gehört zweifelsohne zu den Favoriten, das streiten Sie gar nicht erst ab. Welche Teams werden noch ein Wörtchen im Kampf um den Titel mitreden?

Jackson: Da denke ich beispielsweise an Köln. Uwe Krupp hat aus den Haien in den vergangenen Jahren wieder eine absolute Spitzenmannschaft geformt. Wie immer muss man auch Berlin auf der Rechnung haben. Sie hatten vergangene Saison viel Pech mit Verletzungen und werden nicht noch einmal so ein Jahr hinlegen. Krefeld schätze ich ebenfalls sehr stark ein. Und Hamburg wird diesmal nicht nur in der Hauptrunde, sondern auch in den Playoffs ein Wörtchen mitreden wollen. Aber: Vor der vergangenen Saison wurden auch die üblichen Teams genannt. Und was war am Ende?

SPOX: Ingolstadt setzte sich die Krone auf.

Jackson: So ist es. Ich habe neben Ingolstadt auch Augsburg nicht vergessen, das 2010 keiner auf der Rechnung hatte. Am Ende standen die Augsburger im Finale. Sie sehen also: In dieser Liga kann jeder jeden schlagen. Manche sagen das vielleicht einfach nur so. Ich nicht. Ich weiß es.

SPOX: Was bedeutet das für Ihre Mannschaft?

Jackson: Dass wir in jedem einzelnen Spiel voll da sein müssen. Schaffen wir das nicht, werden wir auch nicht erfolgreich sein.

Seite 1: Jackson über Gretzky und Draisaitl

Seite 2: Jackson über Berlin, den FC Bayern und Page

SPOX: In der vergangenen Saison erwischte der EHC keinen sonderlich guten Start. Und irgendwie schleppten die Münchner dieses Päckchen dann das ganze Jahr über mit sich herum. Ihnen wird es also vermutlich sehr wichtig sein, diesmal besser aus den Startlöchern zu kommen, oder?

Jackson: Ein guter Auftakt ist enorm wichtig, das ist gar keine Frage. Sie haben es ja schon beschrieben: Wenn du nach 10 oder 15 Spielen hinterherläufst, ist es schwierig, wieder zurückzukommen. Das wollen wir natürlich um jeden Preis verhindern.

SPOX: Ihr Vorgänger Pierre Page hat sein Amt vor der vergangenen Spielzeit mit großen Visionen angetreten. Was haben Sie in den kommenden Jahren mit dem EHC vor?

Jackson: Visionen habe ich nicht wirklich, das überlasse ich den Funktionären. Es ist doch so: Als Coach musst du jeden Tag Entscheidungen treffen. Du musst auf Verletzungen reagieren oder es gibt verletzte Spieler, die zurückkommen und dann wieder integriert werden müssen. Du bist also ständig gefordert. Deshalb ist man als Trainer gut beraten, von Spiel zu Spiel zu denken.

SPOX: Die Erwartungshaltung ist nach einem etwas enttäuschenden Jahr groß. Red Bull hat den Anspruch - egal, was angepackt wird - ganz oben zu stehen. Verspüren Sie Druck?

Jackson: Ach, wissen Sie, Druck ist ein großes Wort und ich mag es nicht besonders. Sprechen wir lieber von einer großen Herausforderung. Eishockey ist und bleibt für mich Sport, auch wenn mir klar ist, dass ein Teil davon auch ein Geschäft ist. Es geht darum, Spaß mit harter Arbeit zu verbinden.

SPOX: Die Konkurrenz in München ist groß. Es gibt mit dem FC Bayern und 1860 zwei Fußball-Klubs, dazu kommt noch der FC Bayern Basketball. Eishockey spielt derzeit wohl nur die vierte Geige in der Stadt. Wie wollen Sie das ändern?

Jackson: Ich überlasse es euch Journalisten, solche Rankings aufzustellen. Klar ist: Um bei den Leuten noch besser anzukommen, müssen wir unseren Job machen und erfolgreich sein. Die Eisbären Berlin sind vielleicht ein gutes Beispiel für uns. Sie sind eine Eishockey-Marke in Deutschland. Red Bull ist auch eine große Marke - und wir wollen diese mit dem EHC gut präsentieren.

SPOX: Apropos FC Bayern. Sie haben auch ein Faible für Fußball, richtig?

Jackson: Ja, das stimmt. Es gibt viele Parallelen zwischen Eishockey und Fußball. Bei beiden Sportarten ist beispielsweise ein schnelles Umschaltspiel enorm wichtig. Die großen Spieler müssen zudem viele Dinge gleichzeitig beherrschen. Im Eishockey musst du Eislaufen können, du musst mit dem Puck umgehen können, angreifen und verteidigen können. Das ist das Interessante im Eishockey. Und das ist im Fußball ähnlich.

SPOX: Haben Sie ein Lieblingsteam?

Jackson: Ich kann nicht behaupten, dass ich von einer Mannschaft ein Fan wäre. Aber vor zwei Jahren habe ich ein Spiel der Bayern live im Stadion gesehen, das war schon beeindruckend. Da kam Talent und mannschaftliche Geschlossenheit zusammen - großartig.

SPOX: Zurück auf das Eis. In Berlin haben Sie damals den Job von Pierre Page übernommen und waren sehr erfolgreich. Jetzt ist es wieder gleich - ein gutes Omen?

Jackson: Ob es ein gutes Omen ist, wird sich zeigen. Aber was Pierre angeht: Mit ihm verbindet mich sehr viel, ich habe ihm viel zu verdanken. Er gab mir meinen ersten Trainerjob. Es macht unheimlich Spaß, mit Pierre zusammenzuarbeiten. Er hat eine großartige Karriere vorzuweisen.

SPOX: Sie waren von 2007 bis 2013 Chefcoach in Berlin, wurden fünf Mal Meister. Es ist eine besondere Beziehung zwischen Ihnen und den Eisbären, richtig?

Jackson: Da kann ich nichts anderes sagen, klar. Ich war so lange da, dass ich mich noch immer als Teil der Eisbären-Familie sehe. Jetzt werde ich mich aber mit ihnen messen und die Herausforderung annehmen.

SPOX: Die Berliner spielen im Gegensatz zu München in der neu gestarteten Champions Hockey League. Diese wird von einigen Leuten skeptisch gesehen. Die Teilnahmebedingungen sind etwas undurchsichtig, zudem sind die KHL-Klubs nicht dabei. Wie bewerten Sie den Wettbewerb?

Jackson: Ich halte es für falsch, die Champions Hockey League schon jetzt zu kritisieren. Es beginnt doch erst, es ist das erste Jahr. Fakt ist doch: Es ist eine wichtige Plattform, um Eishockey international zu präsentieren. Wir brauchen einen internationalen Wettbewerb. Und ich möchte in der kommenden Saison unbedingt dabei sein.

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