Auch in der Formel-1-Saison 2013 bewertet SPOX-Redakteur Alexander Maack nach jedem Grand Prix die fahrerischen Leistungen der Piloten und stellt sein persönliches Driver-Ranking auf. Teil 16: Indien-GP.
Der Indien-GP gleicht einem Märchen. Während Sebastian Vettel von Red-Bull-Designkönig Adrian Newey zum Ritter geschlagen wird, meutern Kimi Räikkönen und Felipe Massa gegen ihre Teams. Der Erfolg ist geteilt.
Ferraris Wasserträger nutzt das Rebellentum an seinem vielleicht besten Wochenende in der Saison, um sich für das nächste Jahr anzubieten. Derweil kann sein Ferrari-Nachfolger Kimi Räikkönen nicht über seine Manöver jubeln. Sein unnötiger Einsatz gegen den eigenen Teamkameraden macht ihn zum Härtefall des Wochenendes. Den deftigen Einlauf der Teamführung kassierte er vollkommen zu Recht.
Meine Wertung für den Indien-GP:
Platz 1, Sebastian Vettel: Das Wochenende lief für den Heppenheimer wieder mal optimal. "Bestzeit, Bestzeit, Bestzeit, Bestzeit" lautete die Bilanz nach drei Freien Trainings und dem Qualifying. Danach folgte eine wie gewohnt souveräne Fahrt im Rennen.
Das Risiko, Vettel schon nach der zweiten Runde zum Reifenwechsel in die Box zu holen, erwies sich letztlich als unbedeutend. Der 26-Jährige arbeitete sich bravourös von Platz 17 durch den dichten Verkehr auf Rang zwei und legte so die Grundlage, um den Taktikkniff von Teamkollege Mark Webber abzuwehren. Letztlich trennten den Vierfachweltmeister fast genau 30 Sekunden vom zweitplatzierten Nico Rosberg.
Mit mehr Stil konnte er seinen vierten Titel gar nicht einfahren. "Es ist schwer, einen Riss in seiner Rüstung zu finden", adelte Design-Papst Adrian Newey seinen ritterlichen Vierfachweltmeister. Vettel baut seinen Erfolg Wochenende für Wochenende selbst auf und ist aktuell unschlagbar. Die nächsten Rekorde werden schon bald folgen.
Platz 2, Felipe Massa: Während Vettel auf dem Buddh International Circuit seinen Sieg durch die perfekte Umsetzung der Anweisungen seines Teams einfuhr, holte Massa seinen größten Pluspunkt, weil er sich seinen Ingenieuren widersetzte. "Ich bin ziemlich glücklich, dass sich meine Entscheidung als richtig erwiesen hat. Ich bin am Nürburgring schon mal in einem ähnlichen Fall ihrem Rat gefolgt", erklärte er.
Im Gegensatz zu Teamkollege Fernando Alonso wählte er die weichen Reifen für den Start. Damit ging Massa dem engen Kampf im Mittelfeld aus dem Weg, spielte die Startstärke des F138 aus und katapultierte sich in der ersten Runde auf Platz zwei. Letztlich schrammte er knapp am Podest vorbei, weil er beim Boxenstopp wieder hinter Rosberg zurückfiel.
Dass Massa sich auf seine letzten Tage bei der Scuderia konsequent Teamentscheidungen verweigert, die er für falsch hält, bringt ihm offenbar Erfolg. Hätte er damit schon früher angefangen, wäre sein Wasserträger-Image vielleicht schon gekippt. Immerhin erhöht er nun seine Chancen auf ein gutes Cockpit 2014.
Platz 3, Nico Rosberg: Der zweite Platz des gebürtigen Wiesbadeners ging im Trubel um den Weltmeister vollkommen unter. "Unser Ziel an diesem Wochenende war, 'Best of the Rest' zu sein. Das ist uns gelungen", freute sich Rosberg später zu Recht. Im Gegensatz zu seinem Teamkollegen Lewis Hamilton schlug Rosberg aus seinem guten Startplatz Kapital.
Er fuhr konstant und kam wieder an Massa vorbei. Im Gegensatz zu Hamilton schonte er ein weiteres Mal die Vorderreifen. Zudem lag der Deutsche mit Ausnahme des 2. Trainings am ganzen Wochenende vor seinem Teamkollegen und legte die Grundlage für die stärkste Teamleistung der gesamten Saison 2013. Den Podestplatz im Ranking hat sich Rosberg also redlich verdient.
Platz 4, Romain Grosjean: Der Franzose fuhr wohl das beste Rennen aller Piloten. Nachdem sich Lotus im Qualifying verzockte, verwandelte Grosjean seinen 17. Startplatz in Rang drei. Dabei brachte er im Gegensatz zu Kimi Räikkönen das Auto mit nur einem Boxenstopp ins Ziel.
Das schlechte Qualifying bringt Grosjean trotzdem Minuspunkte ein. Er verlor auf seinem ersten Run mit den Medium-Slicks zu viel Zeit. In seiner schnellen Runde schmiss er auch ohne Verkehr ein paar Zehntel weg, seine schlechte Startrunde ist ein weiterer Makel. Wie er Teamkollege Kimi Räikkönen auswich, bringt dagegen wieder Pluspunkte, die Platz vier in meinen Augen rechtfertigen.
Platz 5, Sergio Perez: Der Mexikaner hat mit Platz fünf das beste Ergebnis seiner noch jungen McLaren-Laufbahn abgeliefert. Kein Fehler und der durchgehend gute Speed rechtfertigen allein schon eine gute Platzierung.
Wie Perez jedoch Hamilton überholte, als die beiden Piloten auf Kimi Räikkönen aufliefen, war klasse. Der Mexikaner war einer der wenigen Piloten, die durch Übersicht in der ersten Runde die Strategie mit dem Start auf harten Reifen zum Funktionieren brachten.
Platz 6, Mark Webber: Das Qualifying des Australiers war auf demselben Niveau wie das seines Teamkollegens. Der Australier beschrieb den vierten Platz treffend als virtuelle Pole. Allerdings bretterte Webber nach dem Start zu eng über den Randstein und verschenkte drei Plätze.
Als er versuchte, Kimi Räikkönen nach der ersten Berührung auszuweichen, folgte der nächste Kontakt mit Alonso. Hätte ihn nicht wieder mal die Technik gestoppt, er hätte Platz zwei sicher gehabt. Er hätte ihn verdient gehabt, auch wenn er die Pace von Vettel nicht mitgehen konnte.
Platz 7, Pastor Maldonado: Dass der Williams in dieser Saison mal wieder keine Granate ist, dürfte allgemein bekannt sein. Weil den Venezolaner auch noch Verkehr in Q1 behinderte, startete er mal wieder hinter Teamkollege Valtteri Bottas.
Am Sonntag drehte Maldonado die Rangordnung aber wieder und hing am Ende nur knapp hinter Alonso. Der eigentlich unterlegene Williams schrammte nur um weniger als drei Sekunden an den Punkterängen vorbei. Wäre er am Start einige Plätze weiter vorn gewesen, hätte es zu Punkten gereicht.
Platz 8, Nico Hülkenberg: Nach dem ordentlichen siebten Startplatz folgte am Sonntag der zweite Ausfall in dieser Saison. Bevor ihn die Bremsen bremsten, war Hülkenberg auf dem Weg in Richtung Platz acht. Eine ordentliche Leistung, schließlich kämpfte er mit Hamilton und Perez.
Platz 9, Daniel Ricciardo: Für den Australier wäre in Indien wesentlich mehr drin gewesen. Er startete zwar auf harten Reifen als Zwölfter, arbeitete sich aber trotzdem direkt um drei Plätze nach vorn. Nach den Boxenstopps landete er dauerhaft im Verkehr und konnte die frischen Reifen nicht nutzen. Dafür trägt allerdings Toro Rosso die Verantwortung.
Platz 10, Fernando Alonso: Der Spanier vertraute im Gegensatz zu Massa den Ferrari-Ingenieuren und startete auf harten Reifen. Zwei kleine Kollisionen im Startgetümmel waren die Folge. Alonso trifft nur an der zweiten Kollision eine kleine Schuld. Seine Taktik war durch den frühen Boxenstopp und den Tausch der Nase zerstört.
Immerhin verteidigte sich der Vizeweltmeister trotz der beschädigten Lenkung später ordentlich. Allerdings stimmte der geringe Topspeedwert nicht, um wie gewohnt im Rennen Plätze gut zu machen. Etwas weniger Flügel wäre die bessere Entscheidung gewesen.
Härtefall 1, Kimi Räikkönen: Für seine verkorkste Strategie konnte der Iceman nichts. Seine soften Slicks waren schon durch das Qualifying belastet. Deshalb brauchte Räikkönen einen zweiten Stopp. Die Art und Weise, wie sich der Finne aber ohne Aussicht auf Erfolg gegen Grosjean zur Wehr setzte, war übertrieben.
Räikkönen hätte Lotus mit einem Crash die gesamte Arbeit des Wochenendes zunichte machen können, obwohl er rund zwei Sekunden pro Runde langsamer war und Massa von hinten auflief. Die Maßregelung des Teams per Funk war vollkommen angebracht, fiel aber deutlich zu hart aus.
Härtefall 2, Lewis Hamilton: Kein Zweifel: Der Engländer hat auf dem Buddh International Circuit das teaminterne Duell bei Mercedes verloren. Sein Fehler in Turn 3 ermöglichte Massas Überholmanöver, danach überforderte Hamilton die Reifen. Nur deshalb fiel er am Ende sogar noch hinter Perez zurück.
Der Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM