Michael Schumacher fährt auch im zweiten Jahr nach seinem Comeback in der Formel 1 den eigenen Ansprüchen weit hinterher. Sein früherer Teamkollege Johnny Herbert sieht die jüngere Konkurrenz im Vorteil und glaubt an einen baldigen Rücktritt des Rekord-Weltmeisters.
Michael Schumacher kann nicht mehr gewinnen und fährt seinem wohlverdienten Ruhestand entgegen. Glaubt man Schumachers früherem Benetton-Teamkollegen Johnny Herbert, so müssen sich die deutschen Motorsportfans auf den endgültigen Rücktritt des siebenmaligen Formel-1-Weltmeisters spätestens nach der Saison 2011 einstellen.
"Er ist nicht zurückgekehrt, um sich bei Positionskämpfen im Mittelfeld aufzureiben", schrieb Herbert in einer Kolumne für die Tageszeitung "The Nation" in Abu Dhabi: "Sein Traum war es, wieder zu gewinnen und Mercedes zu einem Siegerteam zu machen. Das hat nicht geklappt, und es würde mich sehr wundern, wenn er nach dieser Saison weitermachen würde."
Rang acht als Top-Resultat
Schumacher hatte im Dezember 2009 sein vielbeachtetes Comeback im neuen Mercedes-Werksteam angekündigt und einen Dreijahresvertrag unterschrieben. Nach einer völlig verkorksten Saison 2010 sieht es für den Rekordchampion auch in diesem Jahr nicht viel besser aus: Beim Auftaktrennen in Melbourne schied er nach einer Kollision aus, in Malaysia, China und der Türkei folgten die Plätze neun, acht und zwölf, was in der Summe sechs WM-Punkte ausmacht. In der Fahrerwertung ist der 91-malige Grand-Prix-Sieger derzeit Elfter.
Die Tatsache, dass Schumacher bereits 42 Jahre alt ist, findet Herbert dabei nicht so entscheidend. "Es ist ganz einfach so, dass er nicht mehr der beste Fahrer im Feld ist", so der 46-jährige Brite, 1995 Teamkollege von Schumacher bei Benetton. Der Deutsche habe nichts von seinen Fähigkeiten verloren, aber die neue Fahrergeneration sei einfach besser als er: "Die Formel 1 hat einen neuen Standard erreicht, und er hat diesen Standard nicht mehr."
Schumacher will Vertrag erfüllen
Schumacher selbst hatte erst kürzlich in einem "Bunte"-Interview eingestanden: "Vielleicht bin ich nicht mehr ganz so gut wie mit 25." Unabhängig davon hat er immer wieder betont, dass er seinen Vertrag bei Mercedes auf jeden Fall erfüllen werde.
Für Ex-Rennfahrer und "RTL"-Experte Christian Danner ist es vor allem der interne Vergleich, der an Schumacher nagt. 4:19 gegen Rosberg steht es im Qualifying-Duell der Silberfeil-Piloten. "Dass der Kollege schneller ist, ist nicht leicht, aber er kann sich der Realität nicht verschließen," sagt Danner. Diese Meinung teilt auch Herbert: "Das muss er anerkennen: Fahrer wie Vettel, Hamilton, Alonso und Rosberg haben die Messlatte ein gutes Stück höher gelegt."
Während seiner Ferrari-Ära war der Kerpener der dominante Platzhirsch. In der Vergangenheit hätten allein der Name Schumacher und seine erdrückende Präsenz auf der Strecke ausgereicht, um Konkurrenten einzuschüchtern, glaubt Herbert: "Aber das ist schon lange nicht mehr der Fall, das sieht man an den vielen Kollisionen und Positionskämpfen, in die er in diesem und im letzten Jahr verwickelt war. Vor allem die jüngeren Fahrer hätten den großen Respekt abgelegt.
Haug steht zu Schumacher
Mercedes-Sportchef Norbert Haug nahm Schumacher in Schutz. "Wenn Resultate fehlen, gibt es Kritik. Wenn bei dem siebenfachen Weltmeister Michael Schumacher Resultate fehlen, hagelt es Kritik", sagte Haug. Er verstehe das, schließlich erwarte man von Michael und Mercedes Bestleistungen. Das decke sich mit den eigenen Zielsetzungen.
In Istanbul war Schumacher am vergangenen Sonntag bereits in der zweiten Runde mit dem russischen Renault-Piloten Witali Petrow kollidiert und hatte sich damit selbstverschuldet ein gutes Resultat zunichte gemacht. Nach dem Rennen sagte Schumacher in einem "BBC"-Interview, dass er zurzeit keinen großen Spaß am Racing habe.
Derweil versicherte Haug, dass sein Frontmann in der Türkei nicht "wie einer, der die Faxen dicke hat" gefahren sei. Vielmehr sei er aufgetreten "wie ein hungriger Junior". Ohne den Crash sei ein gutes Ergebnis möglich gewesen, und "wir werden auch wieder Zeiten erleben, in denen ein Podiumsplatz für ihn drin ist. Erst Top Sechs, später Top Drei und danach auch Siege." Das traue man sich selbst und auch Michael Schumacher zu.
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