Jenson Button hat einen turbulenten Belgien-GP souverän gewonnen. Sebastian Vettel war nach grandioser Aufholjagd der Gewinner im Titelrennen. Denn Fernando Alonso und Lewis Hamilton schieden nach einem heftigen Startcrash aus.
Das Rennen in Spa hat sich in eine völlig andere Richtung entwickelt als vor dem Start gedacht. Schon nach der ersten Kurve waren alle Vorzeichen auf den Kopf gestellt, als WM-Leader Fernando Alonso und Lewis Hamilton unverschuldet einem heftigen Startcrash zum Opfer fielen. Romain Grosjean löste eine Kettenreaktion aus und ließ die Topstars der Szene durch die Luft wirbeln.
Grosjean selbst wollte in einen ersten Reaktion die Schuld für den Unfall nicht auf sich nehmen, ohne die TV-Bilder gesehen zu haben. Das brachte F-1-Experte Niki Lauda in seiner Analyse des Crashes auf die Palme. "Ist der dumm?", empörte sich Lauda. "Der soll mal seine Marille einschalten! Was da hätte passieren können! Ich glaube, es war das sechste Mal in dieser Saison. Der gehört in meinen Augen gesperrt!"
Grosjean für Italien-GP gesperrt
Und so kam es. Die Rennkommissare schlossen den Lotus-Piloten vom Italien-GP kommende Woche aus. Zudem muss er 50.000 Euro Strafe zahlen.
Weder Alonso noch Hamilton wollten sich zunächst zu dem Unfall äußern. Beide waren nur froh, dass es keine Verletzungen gegeben hat. Später sagte Alonso: "Ich bin enttäuscht, dass ich die Punkte verloren habe, aber ich bin gleichzeitig froh, dass ich in fünf Tagen in Monza wieder im Auto sitzen kann. Denn wenn man sich die TV-Bilder anschaut, sieht man, dass ich mich sehr leicht an den Händen oder sogar am Kopf hätte verletzen können."
Grandiose Aufholjagd von Vettel
Hamilton relativierte aus seiner Sicht: "Ich habe schon deutlich schlimmere Unfälle gesehen als diesen." Und er gratulierte natürlich seinem Teamkollegen Button, der ungeachtet aller Turbulenzen hinter ihm einen glasklaren Start-Ziel-Sieg einfuhr und danach über Funk sagte: "Ich habe das ganze Rennen über kein einziges anderes Auto gesehen."
Sebastian Vettel hat jede Menge andere Autos gesehen - und auch überholt. Nach der auf den Startcrash folgenden Safety-Car-Phase setzte er mit zahlreichen großartigen Überholmanövern zu einer grandiosen Aufholjagd an und kämpfte sich noch auf Position zwei nach vorne. 18 wichtige WM-Punkte, die ihm wieder Rang zwei mit 24 Punkten Rückstand auf Alonso bescheren.
"Es war ein verrücktes Rennen. Der Start war nicht so gut. Nach der ersten Kurve, in der viele Autos abgeflogen sind, war es ein ziemliches Chaos", sagte Vettel und lobte die Entscheidung, die Strategie von zwei auf einen Stopp umzustellen: "Glücklicherweise sind wir mit einer fantastischen Strategie zurückgekommen. Ich denke, es war die richtige Entscheidung, draußen zu bleiben."
Schumacher beim Jubiläum Siebter
Dritter wurde Kimi Räikkönen vor einem extrem starken Nico Hülkenberg im Force India. "Es war für mich und das Team nicht der einfachste Tag, das Auto war nicht so, wie wir uns das gewünscht hatten", klagte Räikkönen. "Ich habe darum gekämpft, das Beste herauszuholen, und wir haben es geschafft, einige Punkte einzufahren. Das ist die Hauptsache."
Michael Schumacher fuhr bei seinem 300. GP ebenfalls ein tolles Rennen und verbesserte sich von Startplatz 13 auf Position sieben. Zwischenzeitlich schnupperte er sogar am Podium, am Ende fiel er aber noch einige Plätze zurück.
"Das Rennen war sehr abwechslungsreich. Es hat natürlich sehr viel Spaß gemacht. Wer hätte gedacht, dass wir sogar Lotus angreifen könnten? Zum Schluss mussten wir erkennen, dass wir eher Hasenfutter waren. Ich war mit den alten Reifen machtlos und habe versucht, mein Auto ins Ziel zu bringen", resümierte Schumacher.
Nico Rosberg ging als Elfter knapp leer aus, Timo Glock belegte Position 15.
Schlüsselszenen des Rennens:
Vor dem Start: Webber und Rosberg verlieren fünf Startplätze wegen außerplanmäßiger Getriebewechsel. Maldonado rutscht von Startplatz drei auf sechs, weil er im Qualifying einen Gegner behindert hat.
Start: Frühstart von Maldonado, er fährt viel zu früh los. Button behält die Führung. Dahinter der Massencrash! Grosjean zieht ohne Rücksicht auf Verluste nach innen und trifft Hamilton. Der McLaren gerät ins Schleudern und trifft den Lotus von Grosjean. Der Franzose hebt ab und räumt dabei Perez und Alonso ab. Der WM-Leader ist draußen, hat aber noch Glück, dass ihn der fliegende Lotus nicht am Kopf trifft. Der Spanier bleibt erst einmal geschockt im Auto sitzen, alle Piloten sind aber okay. Das Safety-Car kommt raus. Große Profiteure des Unfalls sind Hülkenberg (3.), di Resta (4.) und Schumacher (5.).
Runde 5: Restart! Hülkenberg kommt sehr gut weg und überrascht Räikkönen. Das ist Rang zwei. Maldonado kollidiert mit Glock und reißt sich dabei den Frontflügel ab. Das ist das Aus für ihn. Schumacher schnappt sich di Resta und ist schon Vierter.
Runde 8: Jetzt beginnt die große Show von Vettel. Er nimmt sein Herz in beide Hände und geht mit grandiosen Manövern in der Bus-Stop erst an Massa, dann an Webber und dann noch an Senna vorbei. Auf der Kemmel-Geraden folgt dann noch Vergne. Vettel ist on fire!
Runde 20: Beinahe-Crash zwischen Vettel und Schumacher! Vettel greift wieder in der Bus-Stop an, doch Schumacher wehrt sich mit qualmenden Reifen knallhart. Dann biegt er plötzlich in die Boxengasse ab und Vettel muss im wilden Drift ausweichen. Das Duell der beiden Kumpel ist gerade noch mal gut gegangen, wird aber nach dem Rennen untersucht.
Runde 24: Vettel geht an seiner Spezialstelle zum zweiten Mal an Massa vorbei. Ein unglaublich starkes Rennen des Weltmeisters.
Runde 34: Schumacher ist mit seiner Einstopp-Strategie gegen die Zweistopper hinter ihm auf verlorenem Posten. Nach rundenlangem hartem Kampf muss er Räikkönen ziehen lassen. Wenig später folgt Hülkenberg. Mercedes gibt auf und holt Schumacher doch noch zu einem zweiten Stopp rein.
Runde 36: Massa schiebt sich an Webber vorbei und droht dem WM-Zweiten damit ein paar WM-Punkte wegzunehmen.
Ziel: Button fährt den Sieg ganz sicher nach Hause, dahinter wird Vettel Zweiter und holt damit ganz wichtige 18 Punkte im Titelrennen. Räikkönen holt den letzten Podestplatz vor einem sehr starken Hülkenberg.
Mann des Rennens: Sebastian Vettel. Der Weltmister hat vor dem Rennen immer wieder betont, dass er von Startplatz zehn aus alles für möglich hält. Sogar einen Sieg oder wenigstens ein Podium. Das hat er eindrucksvoll bewiesen. Da er wegen fehlenden Top-Speeds und kurz übersetzten Getriebes in der DRS-Zone so gut wie nicht überholen konnte, hat er es vor der Bus-Stop-Schikane mehrere Male grandios getan. Diese Stelle hat er zu seiner Spezialstelle auserkoren. Dank seiner beherzten Fahrweise ist er noch Zweiter und damit großer Gewinner im WM-Rennen geworden. Und er hat wieder einmal gezeigt, dass er nicht nur gut ist, wenn er an der Spitze vorneweg fahren kann. Er ist ein toller Racer.
Flop des Rennens: Romain Grosjean. Der Franzose war in dieser Saison bei weitem nicht zum ersten Mal in eine Kollision verwickelt, aber sein rücksichtsloses Verhalten am Start, das die WM-Anwärter Alonso und Hamilton das Rennen gekostet hat, war sein bisher größter Bock. Denn der Crash hätte ganz schnell ins Auge gehen und mit Verletzungen enden können. Zum Glück hat er Alonso und Hamilton nur WM-Punkte gekostet. Grosjean ist schnell, aber er macht auch zahlreiche Fehler.
Analyse: Mit dieser Entwicklung im WM-Rennen war kaum zu rechnen. Ein Rennen, das nach einer Niederlage für Vettel im Titelkampf roch, entwickelte sich schon in der ersten Kurve völlig anders. Dank seiner grandiosen Fahrt und 18 Punkten ist Vettel nun wieder erster Verfolger von Alonso und auf weniger als einen Sieg dran.
Den souveränen Sieg in Spa hat sich Button im Schatten all der Turbulenzen hinter ihm hoch verdient. Er und sein McLaren waren am Wochenende perfekt aufeinander abgestimmt. Nach allen Problemen der Saison war das wieder der Button des Vorjahres.
Räikkönen hat wieder keinen Sieg erringen können, aber wieder gezeigt, dass sein Lotus theoretisch den Sieg drin hätte. Immerhin hat er im WM-Kampf wie Vettel Boden gut gemacht.
Aus deutscher Sicht haben die Aufholjagden von Hülkenberg und Schumacher bei seinem Jubiläum sehr viel Spaß gemacht. Auch wenn sie natürlich vom Startcrash von Alonso, Hamilton und weiteren Podestkandidaten profitiert haben.
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