Aktuell vergeht kaum ein Bundesligaspiel ohne Pyrotechnik-Einsatz auf den Rängen. Im Interview mit SPOX und GOAL verrät Fanforscher Jonas Gabler, woran das liegt, wie die Bestrafung abläuft - und warum der Hamburger SV in Sachen Pyrotechnik eine Vorreiterrolle einnimmt.
Gabler ist Geschäftsführer der Kompetenzgruppe "Fankultur und Sport bezogene Soziale Arbeit" (KoFaS) in Berlin und hat bereits mehrere Bücher über Ultras verfasst.
Herr Gabler, gefühlt hat der Einsatz von Pyrotechnik in den deutschen Kurven seit dem Ende der Corona-Beschränkungen zugenommen. Stimmt dieser Eindruck?
Jonas Gabler: Ja, das ist eine richtige Wahrnehmung. Zu beobachten ist aber nicht nur eine generelle Zunahme an Pyrotechnik, sondern auch, dass in diesem Zusammenhang einstige Tabus wanken. Anders als vor der Pandemie setzten viele Ultra-Gruppen mittlerweile beispielsweise auch bei Heimspielen Pyrotechnik ein.
Worauf führen Sie diese Entwicklungen zurück?
Gabler: Während der Pandemie hat der Soziologe Nicholas Christakis gesagt, dass die Roaring Twenties ausgerechnet zu jener Zeit kamen, weil es davor wegen der Spanischen Grippe starke Einschränkungen gegeben hatte. Das Ende einer Pandemie setzt Energien frei. Nachdem die aktiven Fans zweieinhalb Jahre mehr oder weniger ausgeschlossen waren, scheint es Nachholbedarf zu geben. Es besteht aktuell ein großes Bedürfnis, Regeln zu brechen und über die Stränge zu schlagen. Zudem funktionieren durch die Pause möglicherweise vormals eingeübte Mechanismen der Selbstregulierung nicht mehr so gut. Das resultiert nicht nur im Einsatz von Pyrotechnik, sondern auch in einer Zunahme an anderen Vergehen wie Platzstürmen oder Würfen von Gegenständen.
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