Der FC Chelsea hat durch einen Kraftakt doch noch das Viertelfinale der Champions League erreicht. Gegen den SSC Neapel drehten die Blues einen Zwei-Tore-Rückstand und zogen mit 4:1 n.V. (3:1, 1:0) in die Runde der letzten Acht ein. Das Tor zur nächsten Runde erzielte Branislav Ivanovic (105.) in der ersten Halbzeit der Verlängerung.
Nach regulärer Spielzeit hatte es an der ausverkauften Stamford Bridge 3:1 gestanden. Tore von Didier Drogba (28.) und John Terry (47.) ließen die Blues schon vom Viertelfinale träumen, nach Gökhan Inlers Treffer zum 1:2 (55.) wäre Napoli weiter gewesen. Ein von Frank Lampard verwandelter Handelfmeter (74.) machte dann die Verlängerung nötig.
Ein Zwei-Tore-Rückstand in ein Weiterkommen zu verwandeln, war in der Landesmeistercup-Geschichte überhaupt erst 3 von 44 Teams gelungen - zuletzt dem AS Monaco 2004 (2:4 und 3:1 vs. Real Madrid). Der FC Chelsea steht damit als einziges englisches Team in der Runde der letzten Acht.
Für den italienischen Interimscoach Roberto Di Matteo war es der dritte Sieg im dritten Spiel - Napolis Höhenflug bei der CL-Premiere endete dagegen nach zuletzt sechs Pflichtspielsiegen in Folge.
Der SPOX-Spielfilm:
Vor dem Anpfiff: Chelsea mit vier Änderungen im Vergleich zum Hinspiel und auch im Vergleich zum 1:0-Ligasieg gegen Stoke. David Luiz, Essien, Sturridge und Mata spielen für Cahill, Meireles (gelbgesperrt), Mikel und Kalou. Ramires diesmal im linken Mittelfeld. David Luiz wäre bei der nächsten Gelben gesperrt.
Bei Napoli kehren Maggio und Cavani nach dem 6:3-Sieg gegen Cagliari für Dossena und Pandew in die Startelf zurück, somit spielt dieselbe Elf wie im Hinspiel. Trainer Mazzarri steht wegen eines noch zu verhandelnden Einspruchs gegen seine Sperre auch wieder an der Seitenlinie. Aronica, Maggio und Cavani sind gelbvorbelastet.
5.: Ivanovic flankt von halbrechts an den Fünfer. Campagnaro klärt zu kurz, Drogbas Direktabnahme pariert De Sanctis zur Ecke.
10.: Hamsik nimmt den Ball am Sechzehner an und schießt aus der Drehung. Terry fälscht ab, Cech fährt gerade noch so den Fuß aus.
13.: Konter der Gäste. Maggio geht nach Hamsik-Zuspiel rechts in den Strafraum und passt flach nach innen, am langen Pfosten trifft Cavani nur das Außennetz.
28., 1:0, Drogba: Ramires flankt von der linken Außenlinie, Maggio schaut nur zu. In der Mitte ist Drogba schneller als Aronica und köpft wuchtig ein. 4. CL-Saisontor.
47., 2:0, Terry: Ecke Lampard von rechts. Terry löst sich vom Elferpunkt und köpft freistehend aus sieben Metern ein. Sein erstes CL-Tor seit September 2010.
55., 2:1, Inler: Dossena flankt von rechts, Terry köpft genau auf Inler raus. Der nimmt den Ball mit der Brust runter und trifft aus 16 Metern links ins Eck. 2. CL-Saisontor.
65.: Drogba gewinnt das Kopfballduell gegen Aronica am Sechzehner und zieht aus der Drehung ab. De Sanctis kratzt den Ball aus dem linken Eck.
70.: Zuniga tänzelt von rechts in den Strafraum, lässt Cole und Terry aussteigen, scheitert dann aber an Cech.
74., 3:1, Lampard (Handelfmeter): Ecke Lampard von links, Ivanovic köpft Dossena am Fünfer an den ausgestreckten Arm. Lampard nagelt den fälligen Elfmeter halblinks in die Maschen. 2. CL-Saisontor.
92.: Lavezzi flankt von links an den Sechzehner zurück. Hamsik nimmt den Ball volley - einen Meter links am Winkel vorbei.
100.: Langer Ball von Drogba auf Torres. De Sanctis verschätzt sich komplett und springt unten durch, doch Torres schiebt den Ball im Laufduell mit Campagnaro rechts am leeren Tor vorbei.
105., 4:1, Ivanovic: Nach einem Einwurf lässt Drogba Cannavaro mit einem Hackentrick und anschließendem Tunnel alt aussehen. Ivanovic bekommt den Ball flach an den Fünfer serviert und nagelt ihn freistehend unter die Latte. 2. CL-Saisontor.
Fazit: Kraft schlägt Finesse. Napoli vergab das Weiterkommen in der Anfangsphase, später hatte man dem Spirit der Londoner nicht mehr viel entgegen zu setzen.
Der Star des Spiels: Didier Drogba. Der Ivorer scheint unter Di Matteo wieder an Selbstvertrauen gewonnen zu haben. Drogba gewann beinahe jedes Kopfballduell, behauptete sich oft im Infight und war an vielen gefährlichen Aktionen beteiligt. Sein Flugkopfball zum 1:0 ließ die Blues überhaupt erst ans Weiterkommen glauben, die Vorarbeit vor dem 4:1 war erste Sahne.
Der Flop des Spiels: Salvatore Aronica. Der 34-Jährige hatte in seinem erst achten Königsklassen-Spiel einen schweren Stand gegen den physisch überlegenen Drogba, legte mitunter aber auch Schlafmützigkeit an den Tag oder ging gar nicht erst zum Kopfball hoch. Zu seiner Ehrenrettung: Cannavaro und Campagnaro wirkten auch nicht viel sicherer.
Der Schiedsrichter: Dr. Felix Brych (Deutschland). Umsichtiger Leiter einer nicht unbedingt unfairen, aber zunehmend hektischen Partie. Brych lag mit den persönlichen Strafen immer richtig und leistete sich keinen groben Schnitzer. Den Elfmeter konnte man so geben, auch wenn Dossena aufgrund der knappen Distanz kaum mehr ausweichen konnte. Letztlich gerecht, dass er Dossena dafür nicht mit Gelb-Rot vom Platz nahm. Torrichter Florian Meyer hätte jedoch in der 90. Minute durchaus Dossenas elfmeterreifes Klammern gegen Drogba anzeigen können.
Analyse: Chelsea hatte durch Drogba die erste Chance, bekam dadurch aber keine Sicherheit. Im Gegenteil: Napoli präsentierte sich zunächst als selbstbewusste Kontermannschaft, spielte bei Ballgewinn ohne Umschweife und meist über rechts nach vorne und hätte früh in Führung gehen können (7:2 Torschüsse nach 18 Minuten).
Napolis 4-3-2-1 bei Ballbesitz Chelsea (einer der Außenspieler rückte stets zurück) verknappte den Raum, verschob schnell und ließ bis zum 1:0 kaum etwas zu. Ramires zog bei den Londonern zu oft nach innen, statt die Außenbahn zu halten, was Napoli mehr auseinander dividiert hätte. Chelseas Aufbauspiel blieb so lange Stückwerk.
Als Ramires dann endlich die Seitenlinie gefunden hatte, führte seine erste Flanke gleich zum glücklichen Führungstor, was Napoli für rund zehn Minuten paralysierte. Chelsea entdeckte fortan die (Luft-)Hoheit im gegnerischen Strafraum für sich, weil Napoli schlecht gegen Flanken von außen verteidigte. Chelseas pure Physis reichte, um den SSC vor arge Probleme zu stellen.
Mit Maggios Verletzung wechselte Zuniga die Seiten, dadurch wurde Napolis Abstimmung etwas besser. Unverständlich jedoch, wieso die Italiener diesmal nicht (wie im Hinspiel) den Raum hinter dem aggressiv nach vorne schiebenden Ivanovic zu nutzen wussten. Lavezzi stieß jedenfalls kaum in die Lücke und auch Cavani agierte diesmal rechtslastiger.
Erst nach dem 0:2 fand Napoli wieder zu sich, kämpfte und holte sich mit dem 1:2 den Vorteil zurück. Die Blues hatten das Ruder jedoch schon längst an sich gerissen und beschäftigten Napoli fortwährend mit Standards und Flanken von Außen - ein Eckball führte folgerichtig dann auch zum 3:1, das Chelsea in die Verlängerung brachte.
In der Verlängerung bekam Napoli zunächst mehr Zugriff, Chelsea sammelte Kräfte und konterte aus einer kontrollierten Defensive heraus. Drogbas Geistesblitz nach einem Einwurf war dann das 4:1 verdanken, dem die Italiener endgültig nichts mehr entgegen zu setzen hatten.
FC Chelsea - SSC Napoli: Daten zum Spiel