Antoine Griezmann vom FC Barcelona zurück zu Atletico Madrid: Der Transfer aus drei Perspektiven

Kerry Hau
01. September 202119:57
Es war einmal beim FC Barcelona: Lionel Messi, Luis Suarez und Antoine Griezmann haben den Klub verlassen. Stattdessen stürmen nun Depay, Braithwaite und Luuk de Jong für die Katalanen.getty
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Antoine Griezmann verlässt den FC Barcelona und kehrt per Leihe mit Kaufoption zu Atletico Madrid zurück. Ein Geschäft, das besonders den Rojiblancos sowie dem Spieler selbst in die Karten spielt. Für Barca hingegen ist es der bezeichnende Abschluss eines Transferfensters zum Vergessen. Der Griezmann-Wechsel aus drei Perspektiven.

Antoine Griezmann zu Atletico: Die Perspektive von Atletico

Nach dem ablösefreien "Steal" von Luis Suarez im vergangenen Jahr krallt sich Diego Simeone den nächsten Top-Stürmer vom direkten Meisterschaftsrivalen. Der Transfer von Griezmann ist nach klugen, für die Kadertiefe wichtigen Verpflichtungen wie von Mittelfeldspieler Rodrigo de Paul oder Angreifer Matheus Cunha so etwas wie die Kirsche auf der Sahne der Torte.

Klar: In Anbetracht seiner zuletzt nicht immer überzeugenden Verfassung und der vielen Offensiv-Optionen, die Simeone mittlerweile hat, kehrt der Franzose nicht als unverzichtbarer Stammspieler in die spanische Hauptstadt zurück. Atleticos Trainer weiß jedoch besser als jeder andere um die Qualitäten des Linksfußes. Verhilft er ihm zurück zu alter Stärke, ist Griezmann eine absolute Bereicherung.

Mit einem Sturmtrio bestehend aus Joao Felix, Suarez und ebenjenem Griezmann lässt sich die Mission Titelverteidigung durchaus selbstbewusst angehen. Die nationale Konkurrenz kann da nur bedingt mithalten - es sei denn, Eden Hazard blüht bei Stadtrivale Real Madrid endlich auf und entlastet den seit Jahren zuverlässigen Karim Benzema.

Neben der sportlichen Sinnhaftigkeit stimmt bei dem Griezmann-Deal auch aus wirtschaftlicher Sicht vieles für Atletico. Der Rückkehrer, der künftig die Trikotnummer "8" tragen wird, kommt zunächst für eine Saison auf Leihbasis und kann anschließend für 40 Millionen Euro fest verpflichtet werden - genau ein Drittel der Summe, die Barca 2019 für ihn bezahlt hatte.

Antoine Griezmann zu Atletico: Die Perspektive des FC Barcelona

Griezmann dürfte als einer der größten Transferflops und Fehltritte von Ex-Präsident Josep Bartomeu in Barcas Geschichte eingehen. Eine Trennung ist sportlich nachvollziehbar und freut neben so manchem enttäuschten Fan vor allem die Finanzprüfer der wirtschaftlich arg gebeutelten Katalanen.

Imagetechnisch kommt der Last-Minute-Abgang aber eher einem Fiasko gleich. Mit Griezmann sucht zwar einer der Bestverdiener, aber eben auch der letzte Stürmer mit Superstar-Aura das Weite. Neuzugang Memphis Depay schlägt sich zwar bemerkenswert gut, muss in Zukunft aber neben Kalibern wie Martin Braithwaite und dem kurz vor Transferschluss als ungleichen Griezmann-Ersatz verpflichteten Luuk de Jong stürmen.

Barca-like sind diese Namen eher nicht. Aus Sicht der Blaugrana bleibt zu hoffen, dass Nachwuchshoffnung Ansu Fati nach langer Verletzungspause schnell wieder zündet, Ousmane Dembele in Zukunft mehr als fünf Spiele am Stück machen kann und der ebenfalls neu verpflichtete Sergio Agüero sowie Dauersorgenkind Philippe Coutinho noch einmal ihre Klasse vergangener Tage nicht nur aufbltzen lassen, sondern sie auch regelmäßig zeigen.

Keine Frage: Im Kader von Trainer Ronald Koeman steckt weiterhin viel Qualität und Potenzial. Neben Fati ist vor allem Mittelfeld-Allrounder Pedri (18) zuzutrauen, zu einem prägenden Spieler des neuen Barca zu werden. Auch der gleichaltrige Österreicher Yusuf Demir zeigt verheißungsvolle Ansätze und kann zu einer guten Ergänzung im Offensivbereich reifen.

Alles in allem rundet der Griezmann-Abgang dennoch ein Transferfenster zum Vergessen für die Blaugrana ab - zumal alle Beteiligten auch eher hätten auf den Gedanken kommen können, sich zu trennen. Bei einem Griezmann-Abgang vor einem Monat hätte Barca nämlich möglicherweise doch die finanziellen Mittel gefunden, Lionel Messi zu halten.

Antoine Griezmann zu Atletico: Die Perspektive von Griezmann

Zwar sammelte der Weltmeister von 2018 in 102 Spielen für Barca statistisch gesehen mehr als passable 52 Torbeteiligungen (35 eigene Treffer und 17 Vorlagen), an seine schillernden Jahre bei Atletico und Real Sociedad konnte er aber nicht ansatzweise anknüpfen. Oft wirkte "Griezi" isoliert, was die Zuschauer im Camp Nou nicht selten mit Pfiffen quittierten.

Bei all der berechtigten Kritik am 120-Millionen-Mann sei aber auch erwähnt, dass er im Barca-Spiel nie wirklich die Rolle einnehmen durfte, die ihn gerade bei Atletico so stark gemacht hatte. Speziell in seiner ersten Saison blieb ihm häufig nur ein Platz auf dem Flügel, während Messi die von dem Franzosen bevorzugte Aufgabe als offensiver Freigeist ausfüllte.

Daher wäre es durchaus interessant gewesen, Griezmann ohne Messi bei Barca zu sehen. Eine Rückkehr zu Atletico ist für den Spieler die einfachere, weil mehr Erfolg und Selbstvertrauen versprechendere Lösung. Er kehrt in die Stadt zurück, die er nach eigenen Angaben liebt und ihm eine funktionierende Mannschaft in einem vertrauten Umfeld bietet.

Der Schüler kehrt zu seinem Meister zurück: Griezmann und Simeone sind bei Atletico wieder vereint.getty

Atletico-Trainer Simeone ist einer, wenn nicht sogar DER wichtigste Mentor in seiner bisherigen Laufbahn - und die will Griezmann nach zwei enttäuschenden Jahren, die er sich rückblickend hätte sparen können, wieder aufpolieren.