Alkmaar: "Dieser Titel ist auch für euch!"

André TucicKevin Bublitz
29. April 200913:17
Trainer Louis van Gaal (rechts) feiert mit seinem Team den Meistertitel des AZ AlkmaarImago
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Der AZ Alkmaar feierte vor kurzem den Meistertitel in der niederländischen Ehrendivision. Unter der Führung von Trainer Louis van Gaal durchbrach Alkmaar die Dominanz von Ajax Amsterdam, PSV Eindhoven und Feyenoord Rotterdam und feierte in der Käsestadt ausgelassen den Meisertitel.

Mit einer großen Sause feierte nahezu halb Alkmaar am Sonntag die Meisterschaft des AZ in der niederländischen Ehrendivision.

Irgendwann zwischen 19.50 Uhr und 21.30 Uhr stand Stijn Schaars auf einer Bühne inmitten des Noordhollandsch Kanals und verpasste der jubelnden Menge eine Gänsehaut. "Dieser Titel ist für euch", brüllte der Kapitän in das Mikrofon und reckte die Meisterschale gen Himmel.

Alkmaar schlägt Dreigestirn erneut ein Schnippchen

Was war passiert? Seit 1965 konnten einzig Ajax Amsterdam, PSV Eindhoven und Feyenoord Rotterdam den Meistertitel erringen.

Lediglich 1981 wurde dem Dreigestirn ein Schnippchen geschlagen, als ausgerechnet AZ Alkmaar das Double gewann und ins UEFA Cup-Finale einzog. Seitdem gelang es keinem Klub mehr, die großen Drei zu düpieren.

Nach 28 langen Jahren bereitet dem erneut AZ Alkmaar ein Ende. Und das feierten 35.000 Fans gemeinsam mit ihren Helden am Ufer des Noordhollandsch Kanals, der mitten durch die Stadt verläuft.

Louis van Gaal: Der Meister-Macher

Folgendes Szenario spielte sich ab. Während man in Unterzahl ein 1:1 gegen Ajax Amsterdam erkämpfte, war die Meisterfeier längst vorbereitet. Um 19.50 Uhr war es soweit, als das Partyboot des AZ unter großem Beifall in der Innenstadt von Alkmaar stoppte.

Piet Bruinooge, seines Zeichens Bürgermeister von Alkmaar, ließ es sich nicht nehmen und hielt die obligatorische Dankesrede. Nach zahlreichen Vereinsfunktionären trat dann der Macher des Erfolgs auf die Bühne - Louis van Gaal.

Euphorisch klatschend und tanzend heizte der sonst so nüchterne Van Gaal die große Party an, um sich dann an die Fans zu wenden: "Ich habe noch nie erlebt, dass Fans einer Rede des Bürgermeisters so aufmerksam zuhören", scherzte der Meistermacher.

"Aber das ist okay, denn das ist hier normal. Das ist die West-Friesische Kultur. Ihr habt lange genug auf den Titel warten müssen. Aber jetzt ist es soweit!" Danach stieg die wohl größte Party, die Alkmaar jemals erlebt hat.

Alkmaar: Käse, Küste und ansehnlicher Fußball

Doch wer oder was ist dieses Alkmaar überhaupt? Geographisch gesehen befindet sich Alkmaar kurz vor der Nordseeküste - ein beschauliches Städtchen mit 95.000 Einwohnern.

Eigentlich dreht sich hier alles um den Käse, besonders für sein Käsemuseum ist die Stadt bekannt. Wer pulsierendes Metropolenleben sucht, fährt ins fünfzig Kilometer entfernte Amsterdam. Wem es nach ansehnlichem Fussball gelüstet, bleibt besser in Alkmaar.

Immerhin spielt hier der frisch gekürte Meister, der die Verhältnisse in der Ehrendivision auf den Kopf gestellt hat. Am 31. Spieltag konnte trotz der 1:2-Heimpleite gegen Vitesse Arnhem die zweite Meisterschaft der Vereinsgeschichte bejubelt werden, nachdem Ajax beim PSV mit 6:2 untergegangen war.

Kapitän Schaars: "Jetzt sind wir ausgeglichener"

"Das ist mein größtes Kunststück.", sagte van Gaal unmittelbar nach der gewonnenen Meisterschaft. "Man darf nicht vergessen, dass wir eine stinknormale Truppe sind, die außergewöhnliches leistet", so der Meistermacher.

Eine stinknormale Truppe? Bei der Meisterfeier revidierte sich der gebürtige Amsterdamer selbst: "Wir sind die Besten in Holland!"

Und er hat Recht. Alkmaar war zu keinem Zeitpunkt der Saison auf das Schwächeln der Konkurrenz angewiesen: Schon frühzeitig hatte sich AZ mit meist mehr als zehn Punkten Vorsprung abgesetzt. "Letzte Saison haben wir unser Heil in der Offensive gesucht. Jetzt sind wir ausgeglichener", umschreibt Kapitän Stijn Schaars das Geheimrezept.

Mehr als 20 Teams haben es nicht verstanden gegen AZ ein Tor zu erzielen - Torwart Sergio Romero blieb zwischenzeitlich knapp 1000 Minuten ohne Gegentor. Hinzu kommt, dass man gegen die drei Abonnement-Meister ohne Niederlage blieb.

Unter Adriaanse begann Alkmaars Aufstieg

Doch die Nordholländer reduzieren ihr Spiel nicht aufs Beton anrühren, sie zelebrieren blitzschnellen Kombinationsfußball.

Federführend sind dabei die niederländischen Nationalspieler Demy de Zeeuw und Stijn Schaars im Mittelfeld, und Mounir El Hamadoui sowie Moussa Dembele im Sturm.

So überraschend, wie der Titelgewinn anmutet, ist er jedoch nicht. Alkmaars viel versprechende Entwicklung begann bereits im November 2002 mit der Verpflichtung von Trainer Co Adriaanse.

Zwei Jahre später zog der Verein nach 22-jähriger Abstinenz in den UEFA-Pokal ein und wurde erst im Halbfinale gestoppt. Nach dem Spiel verließ Adriaanse AZ in Richtung Porto und Louis van Gaal trat in seine Fussstapfen.

Van Gaal von Spielern zum Weitermachen überredet

Der ehemalige Trainer von Ajax Amsterdam, dem FC Barcelona sowie der niederländischen Nationalelf bestätigte den Erfolg durch den zweiten- und dritten Tabellenplatz.

Einen Rückschlag erlebte das Team aus der Stadt mit dem Käsemuseum in der letzten Saison, als man nur Elfter wurde und das Pokalfinale gegen Ajax verlor. Van Gaal erklärte den Rücktritt, doch der 57-jährige ließ sich von seinen Spielern überreden, im Amt zu bleiben.

Die Überzeugungsarbeit der Mannschaft sowie van Gaals Beharrlichkeit haben sich nunmehr ausgezahlt. Jetzt gilt es, das Kunststück zu wiederholen - anders als nach dem ersten Titelgewinn 1981. Danach stagnierte die Entwicklung des Vereins und endete 1988 im Abstieg.

"Niederlands Abramowitsch" als Präsident

Fünf Jahre später stand der Klub kurz vor der Pleite und Dirk Scheringa übernahm das Präsidentenamt, 1997 folgte der Wiederaufstieg. Seither geht es stetig bergauf.

Der Bankier, auch niederländischer Abramowitsch genannt, hat nicht mit Millionen um sich geworfen, sondern sukzessive Geld in das Team gebuttert.

Nun ist der Höhepunkt erreicht. "Das hältst du nicht für möglich", so Scheringa und fiel Louis van Gaal um den Hals. Immerhin hatte der gerade sein größtes Kunststück vollbracht.

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