"Ich bin nicht voll zufrieden"

Benedikt Treuer
06. April 201620:01
Bas Dost hat in 108 Pflichtspielen für den VfL 46 Treffer erzieltgetty
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Bas Dost ist nach seinem Mittelfußbruch wieder fit und brennt auf einen Einsatz gegen Real Madrid. Im Interview spricht der Stürmer über Verletzungsfrust, den Champions-League-Knaller gegen die Königlichen, sein Vorbild Ibrahimovic und seine Unzufriedenheit über die bisherige Zeit in Wolfsburg. Außerdem kommentiert er den Hashtag #Dostfilm.

SPOX: Herr Dost, wo haben Sie eigentlich die Champions-League-Auslosung fürs Viertelfinale verfolgt?

Bas Dost: Ich habe sie mir zusammen mit einem Freund bei mir zuhause in Zwolle angeschaut. Ich habe schon vorher gesagt: 'Es wird Real Madrid.' Und dann kommt es wirklich so. Im Endeffekt war es aber egal, wen wir zugelost bekommen. Wenn man unter den letzten acht Mannschaften steht, weiß man, dass man einen schweren Gegner bekommt.

SPOX: Aber Real Madrid zu Gast in Wolfsburg...

Dost: Klar, das ist ein Traumlos. Das werden zwei geile Spiele.

SPOX: Darf man im Viertelfinale nicht auch mal träumen, gerade gegen so einen Gegner?

Dost: Natürlich dürfen wir träumen. Als man uns zu Beginn der Saison in die Gruppe mit PSV Eindhoven, ZSKA Moskau und Manchester United gelost hat, haben wir uns das Ziel gesetzt, weiterzukommen. Wir haben uns dort genauso verdient durchgesetzt wie im Achtelfinale gegen Gent. Jetzt liegt die Favoritenrolle aber beim Gegner. Die meisten erwarten, dass Real weiterkommt, was für uns nicht so schlecht ist. Wir haben nichts zu verlieren und wollen gegen einen Gegner dieser Größenordnung zeigen, wozu wir eigentlich im Stande sind.

SPOX: Was wäre Ihr schönstes Szenario im Bernabeu? Nach einem 0:0 im Hinspiel erzielt Bas Dost kurz vor Schluss das 1:0?

Dost: (lacht) Mir ist es egal, wer das Tor schießt. Wenn wir auf diese Art weiterkommen, unterschreibe ich das aber gerne so.

SPOX: Pünktlich dazu sind Sie wieder fit. Wie fühlt es sich an, nach so vielen Wochen endlich wieder auf dem Platz zu stehen?

Dost: Es fühlt sich gut an, ich bin froh, wieder in Wolfsburg zu sein. Nach der OP ging es erst einmal langsam voran. Eine Verletzungspause ist immer eine schwere Zeit. Die Lust, wieder mitzumachen, ist daher riesig.

SPOX: Schon im vergangenen Jahr setzte Sie eine Verletzung länger außer Gefecht. Was schoss Ihnen durch den Kopf, als es Sie in diesem Winter wieder traf?

Dost: Am Tag der Diagnose war ich richtig sauer. Diese Wut, schon wieder nicht mitwirken zu können, hält ein paar Stunden an, danach muss man aber weitermachen. Ich habe versucht, es positiv zu sehen: Denn die Freude, nach der Verletzung wieder spielen zu können, ist umso größer. Trotzdem ist es nicht schön, während meiner Zeit in Wolfsburg schon ein ganzes Jahr verletzt gewesen zu sein, das macht natürlich keinen Spaß.

SPOX: Nach dem Pokalsieg im vergangenen Sommer sang ganz Wolfsburg den Song "Türlich, Türlich" von Das Bo, in dem es heißt: "Bass, Bass, wir brauchen Bass." Man dichtete den Text auf Ihren Namen um. Nach dem sportlichen Verlauf der letzten Wochen könnte man meinen, das Lied ist passender denn je?

Dost: (lacht) Das müssen andere entscheiden. Sportlich lief es in den letzten Wochen nicht immer perfekt für uns. Ich weiß auch, dass ich für die Mannschaft wichtig sein kann, das hat die Vergangenheit bewiesen. Deshalb nervt es mich auch so sehr, dass ich das in den letzten Monaten nicht zeigen konnte.

SPOX: Womit tut sich die Mannschaft auf dem Platz aber immer wieder so schwer?

Dost: Wir haben in einigen Spielen die Freude vermissen lassen. Generell ist es aber auch gar nicht so einfach, eine so starke Saison wie die letzte zu bestätigen. Jeder hat erwartet, dass wir das wieder schaffen. Bis jetzt sind wir aber weit davon entfernt, auf den Plätzen eins bis vier mitzumischen. Man spürt, wie der Druck zunimmt. Wir haben immer noch die Chance auf eine gute Platzierung, müssen jetzt aber endgültig aufwachen.

SPOX: Sie erleben gerade Ihr viertes Jahr in Wolfsburg und stehen bei 46 Treffern in 108 Pflichtspielen für den VfL. Wie zufrieden sind Sie selbst mit Ihrer bisherigen Zeit in Deutschland?

Dost: Es gab gute und schlechte Zeiten und in allen Phasen habe ich viel gelernt. Gerade 2015 lief super. Wenn ich aber meine gesamte Dauer in Wolfsburg betrachte, bin ich nicht voll zufrieden. Ich habe mehr von mir erwartet. Als ich damals zum VfL kam, war ich amtierender Torschützenkönig in Holland. Nach dem Wechsel hat mir aber alles zu lange gedauert. Ich wollte zeigen, was ich drauf habe, jedoch bekam ich nicht von Anfang an die Chance dazu. Gemessen an dem, was ich kann, war in den dreieinhalb Jahren mehr drin. Da spielen natürlich auch die Verletzungen mit rein.

SPOX: Während Ihrer sehr erfolgreichen Phase im letzten Jahr entstand im Internet ein kleiner Hype um Ihren Namen. Unter dem Hashtag #Dostfilm wurden Titel berühmter Filme umgedichtet, etwa Dostbusters, Final Dostination, 007 - ein Quantum Dost oder Basterix und Dostelix. Welcher hat Ihnen am besten gefallen?

Dost: Ich nutze weder Instagram, noch Facebook oder Twitter, sodass mir solche Dinge oftmals vorenthalten bleiben. Meine Freunde machen mich aber immer wieder drauf aufmerksam oder leiten mir lustige Inhalte weiter. Ich finde so etwas kreativ und kann auf jeden Fall mitlachen. Es freut mich, wenn ich bei den Fans gut ankomme und auch die Medien lobende Worte finden.

SPOX: Fühlte es sich dennoch ein bisschen so an, als habe monatelang niemand etwas von Ihnen gewollt und plötzlich, durch Ihre Trefferserie, kamen alle an?

Dost: Nein, das Gefühl hat man mit 18 oder 19, wenn man noch neu ist in der großen Fußballwelt. Mittlerweile kenne ich das Geschäft. In dem Moment, in dem man erfolgreich ist, wird man auch in der Öffentlichkeit sehr groß gemacht. Umso kleiner scheint man aber zu sein, wenn man mal zwei oder drei Monate raus ist - sei es nur durch eine Verletzung. Das gefällt mir nicht. Das mediale Interesse fühlte sich natürlich gut an, jedoch neigt man auch zur Übertreibung: Es war mir fast schon zu viel Aufmerksamkeit.

SPOX: Sie mussten sich während Ihrer Karriere mehrfach durchbeißen. Würden Sie sagen, dass es vor allem Ihr Ehrgeiz war, der Sie dahin gebracht hat, wo Sie heute stehen?

Dost: Das hat schon eine große Rolle gespielt, ich gebe mich mit dem Erreichten nie zufrieden. Ich stehe auf dem Platz, um meine Leistung zu bringen. Außerdem werde ich für das Toreschießen gut bezahlt, deswegen ist es auch das Recht der Fans, Treffer zu erwarten. Diesen Anspruch habe ich aber auch an mich selbst. Zudem hat mich Zlatan Ibrahimovic ein bisschen beeinflusst.

SPOX: Inwiefern?

Dost: Als Jugendlicher war ich Ajax-Fan und Ibrahimovic spielte dort im Sturm. Zu der Zeit haben nicht viele daran geglaubt, dass er den großen Durchbruch schaffen würde. Spätestens mit seinem Wechsel zu Juventus sah aber jeder, wie stark er kicken kann. Für mich ist er bis heute ein Beispiel für einen perfekten Stürmer. Vieles hat er mit seinem großen Willen geschafft. Zlatan war mein Vorbild.

SPOX: Heute sind Sie das für viele Jugendliche, vor allem seitdem Sie auch in der Nationalmannschaft spielen. Gegen Wales durften Sie im November das erste Mal über 90 Minuten ran - und trafen zum 1:0. War das das vielleicht schönste Gefühl, das Sie in Ihrer Karriere bisher hatten?

Dost: Ja, das kann man so sagen. Für das eigene Land zu treffen, ist in Sachen Emotion vermutlich mit das Größte, was man als Fußballer erleben kann. Zusammen mit Arjen Robben im Sturm zu spielen, war für mich ein überragendes Gefühl. Den Tag werde ich nie vergessen. Das machte Lust auf mehr, dieser Moment schmeckte einfach gut.

SPOX: War es besonders schön, weil Ihnen in den Niederlanden vielleicht gar nicht alle zugetraut haben, diesen Weg zu gehen?

Dost: Man selbst weiß am besten, was man kann oder nicht kann. Deshalb sollte man sich nicht von dem verrückt machen lassen, was andere sagen. Ich weiß, dass mir Fähigkeiten fehlen, die andere gute Stürmer haben. Aber man muss das Beste aus dem machen, was man hat. Ich selbst habe immer daran geglaubt, dass ich es so weit schaffen kann. Wenn es dann wirklich so weit ist, darf man das auch genießen.

SPOX: Mit der Nationalmannschaft haben Sie die Qualifikation für die EM in Frankreich jedoch verpasst. Ist das einzig Positive daran, dass Sie den Sommer über ein bisschen mehr Zeit zum Erholen haben als einige Ihrer Teamkollegen?

Dost: Leider ist es genau so. Deshalb fällt es mir auch schwer, darüber zu reden. Wenn ich darüber nachdenke, tut es weh. Es kann eigentlich nicht wahr sein, dass Holland bei der EM fehlt - obwohl diesmal 24 Mannschaften dabei sind. Wer die Quali-Gruppe aber nur als Vierter beendet, hat es auch nicht verdient.

SPOX: Bei der Elftal arbeiten Sie mit Ruud van Nistelrooy zusammen, der seit 2014 Co-Trainer der Nationalmannschaft ist. Was können Sie von so einer Legende noch lernen?

Dost: Die Frage ist eher, was ich nicht von ihm lernen kann. (lacht) Er hat das Höchste erreicht, was man erreichen kann. Wenn so ein Typ nach dem Torschusstraining zu dir kommt und sagt, was du noch verbessern kannst, musst du das annehmen. Ich versuche, so viel wie möglich davon umzusetzen und hoffe, dass es mich noch weiterbringt.

SPOX: Wie seltsam fühlt sich das als ehemaliger Fan an?

Dost: Ich bin immer noch van-Nistelrooy-Fan, das wird nie anders sein. Ganz daran gewöhnt habe ich mich im Training also immer noch nicht. Allerdings ist es normal, dass man in einer Nationalmannschaft auch auf große Persönlichkeiten trifft. Mit Robben, Sneijder, van Nistelrooy oder van Basten auf dem Platz zu stehen, fühlt sich besonders an - mehr geht nicht.

SPOX: In Wolfsburg haben Sie einen Vertrag bis 2017. Zuletzt haben Sie aber gesagt, dass es im kommenden Sommer nur zwei Optionen gebe: Verlängern oder wechseln.

Dost: Normalerweise läuft es im Profifußball so ab. Natürlich gibt es immer auch die dritte Lösung, trotz auslaufenden Vertrags noch das letzte Jahr zu bleiben. In den meisten Fällen kommt es aber entweder zur Verlängerung oder zum Verkauf. Bei mir gibt es dahingehend noch nichts Neues. Ich habe mich in den letzten Wochen nur damit beschäftigt, zurückzukommen. Wie es weitergeht, wird sich in den nächsten Monaten klären. SPOX

SPOX: Sie haben aber sicher ein Gefühl, was Ihnen selbst am liebsten wäre?

Dost: Ganz ehrlich, durch meine Verletzung bin ich mit dem Kopf noch nicht bei irgendwelchen Verträgen. Wir werden eine Lösung finden.

SPOX: Was wäre eigentlich aus Ihnen geworden, wenn es mit dem Fußball nicht geklappt hätte?

Dost: Bevor ich Profi wurde, habe ich angefangen zu studieren. Durch den Fußball musste ich das jedoch aufgeben, da schlichtweg die Zeit fehlte. Jedoch kann ich mir heute auch gar nicht mehr vorstellen, den ganzen Tag im Büro zu sitzen. Nach meiner Karriere würde ich gerne etwas komplett anderes machen, auch wenn ich noch keine konkreten Ideen habe. Allerdings muss man mit solchen Aussagen vorsichtig sein: Diese Pläne habe ich schon oft von anderen Leuten gehört, 20 Jahre später waren sie plötzlich doch irgendwo Fußballtrainer. (lacht) Das kann ich mir aber nicht vorstellen. Der Fußball macht mir zwar Spaß, nach meiner aktiven Zeit sollte aber Schluss sein.

Bas Dost im Steckbrief