München - Vielleicht war es ja Absicht. Vielleicht wollten es die Bayern ja, dass Getafe in der Schlussminute des Hinspiels noch zum Ausgleich kommt. Endlich haben diese belanglosen Spiele ein Ende, im Rückspiel (20.45 Uhr im SPOX-TICKER und im Internet TV) geht es endlich um was, endlich gibt es mal wieder Zunder.
Ein perfider Plan, den Kahn und Co. da ausgeheckt haben - und der Gegner scheint voll drauf reinzufallen. Endlich mal wieder das Kribbeln, die Anspannung spüren, das wollten sie. Und jetzt haben sie auch noch die nötige Motivation dazu.
Oliver Kahn und die spanische Presse waren noch nie gute Freunde. Stets verteufelt, auch mal als Scheusal beschimpft - der Titan als ewiges Feindbild der Spanier. Diesmal musste die Presse gar nicht selbst in die Tasten hauen, das besorgte Getafes Mittelfeldspieler Juan Angel Albin.
Nun gut, ein bisschen halfen sie nach. Ob Kahn denn hässlich sei, fragte der Journalist von der "Marca" nassforsch. "Kahn hässlich? Nein. Er verbreitet nur Angst, weil er das Gesicht einer Bulldogge hat", giftete der Uruguayer in Richtung München. Der Fehdehandschuh war ausgeworfen.
"Müssen uns nicht in die Hosen machen"
Oliver Kahn lässt sich äußerlich nichts anmerken. Doch innerlich brodelt es, das 140. Europacup-Spiel soll nicht, nein darf nicht, sein letztes sein. "Wir wollen Oliver Kahn einen großen Abschied verschaffen. Ich bin überzeugt, dass die Partie in Getafe sein viertletztes Europapokalspiel gewesen sein wird", prophezeite Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge bereits.
Beim Abschlusstraining im Madrider Vorort war die Stimmung noch gelöst. Die Bayern-Profis kickten sich die Bälle lässig zu, ein bisschen Fangen spielen hier, ein bisschen Flankentraining da. Nichts besonderes, die Zuversicht überwiegt. "Wir sind der FC Bayern. Wir müssen uns nicht in die Hosen machen", meint Kahn. Das 1:1 aus dem Hinspiel? Macht nichts. "Vielleicht ist das Ergebnis sogar ein Vorteil, so spielen wir da nicht mit Hacke und Spitze", so der Keeper.
Der Köder ist ausgelegt. Erstmals wird sich seine Exzellenz König Juan Carlos I. im maroden Coliseum Alfonso Perez einfinden, um den Vorstadtkickern beizuwohnen. "Kahn, mach Dich auf etwas gefasst. Heute spielst du gegen den König", titelte die "Marca" am Donnerstag. Zusatzmotivation, für beide Seiten.
Königliche Stippvisite als Ansporn
Während Getafes Nummer zehn Ruben de la Red an ein "Duell auf Augenhöhe" glaubt, ist sein Coach Michael Laudrup vorsichtiger. "Vom Träumen alleine werden wir nicht weiterkommen", meinte der Däne. Er hofft auf den Zuschauer-Faktor. Zwar fasst das Stadion im UEFA-Cup gerade mal 14.400 Zuschauer, die machen allerdings ordentlich Rabatz im kleinen, engen Coliseum. "Bis zum König haben heute alle blaues Blut" - die "Marca" schon wieder.
Laudrups Gegenüber Ottmar Hitzfeld wird wieder Miroslav Klose von Beginn an bringen. Der hatte ihm zuletzt nach seiner Einwechslung gegen Bochum imponiert. Radio-Reporterfrage an Klose: "Na, wie isses denn so, nach zwei Spielen auf der Bank wieder zu spielen?" Klose trocken: "Falsche Frage." Radio-Reporter konsterniert.
Nächste Frage, von jemand anderem: "Nehmen sie Getafe immer noch auf die leichte Schulter, gibt's eine Retourkutsche für die Häme?" "Wir machen keine Witze über Getafe mehr. Es ist bitterer Ernst." Fazit: Zweiter Reporter konsterniert, Klose entschlossen.
Warum nicht mit drei Spitzen?
Ob Lukas Podolski für ihn wieder ins zweite Glied rutschen wird, ließ der Trainer noch offen. Beim Abschlusstraining hatten sowohl Poldi als auch Ze Roberto kein Leibchen an, normal ein sicheres Indiz für die Startelf.
Durchaus möglich, dass Hitzfeld auf 4-3-3 umstellt und mit Luca Toni, Klose und Podolski beginnt. "Wir müssen zwei Tore machen, ein Gegentor muss man einkalkulieren. Dementsprechend werden wir auftreten", sagt der Coach.
Erst einmal ist es dem deutschen Rekordmeister in Europa gelungen, ein 1:1 im Hinspiel zuhause noch in ein Weiterkommen umzumünzen, 1991 beim FC Porto (2:0). Dreimal scheiterten sie. Mut macht den Bayern das Spiel gegen Bochum, wo man 0:1 hinten lag, Mark van Bommel verlor, und dennoch gewann.
"Wir haben gesehen, dass die Mannschaft ein Spiel umbiegen kann, wenn ihr das Wasser bis zum Hals steht", sagt Hitzfeld. Die Motivation ist da, Kahn spricht bereits von einer "Art Endspiel auf fremden Platz". Bis zum echten Endspiel sind es noch 270 Minuten. "Unser Ziel ist Manchester", meint Rummenigge. Und da passen Bulldoggen nun wirklich hervorragend hin.
Die voraussichtlichen Aufstellungen:
Getafe: Abbondanzieri - Cortes, Belenguer, Tena, Licht - Mario Cotelo, Casquero, de la Red, Gavilan - Manu, Uche.
Es fehlen: Granero (Gelbsperre), Mario (Wade), Cata Diaz (Knie), Pablo Hernández (Oberschenkel)
FC Bayern: Kahn - Lell, Lucio, Demichelis, Lahm - Schweinsteiger, van Bommel, Ze Roberto (Podolski), Ribery - Toni, Klose.
Es fehlen: Van Buyten (Knie), Altintop (Mittelfußbruch), Sagnol (Bandscheibenvorfall)
Schiedsrichter: Massimo Busacca (Schweiz)