Die Europameisterschaft wirft ihre Schatten voraus, nur noch wenige Tage bis zum Start des Wettbewerbs, der in diesem Jahr erstmals paneuropäisch ausgetragen wird.
24 Mannschaften kämpfen ab Freitag um die kontinentale Krone, die am 10. Juli im berüchtigten Londoner Wembleystadion verliehen wird. Bei großen Turnieren geht es in erster Linie um den mannschaftlichen Erfolg, allerdings dienen sie darüber hinaus als ideale Plattform, um Werbung in eigener Sache zu betreiben.
Wir zeigen fünf Stars, die im EM-Schaufenster stehen.
CORENTIN TOLISSO (Frankreich)
Weltmeister und Sextuple-Triumph: Corentin Tolisso hat mit der französischen Nationalmannschaft und dem FC Bayern nahezu alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Doch in der abgelaufenen Saison hatte Tolisso mit enormen Problemen zu kämpfen. Der ehemalige Rekordeinkauf der Münchner bestritt lediglich 16 Bundesligaspiele (nur eines davon über die volle Distanz), weil er immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen wurde.
Muskuläre Probleme setzten ihn im November außer Gefecht, Ende Januar musste er erneut aufgrund einer Muskelverletzung passen, ehe er sich im Februar nach einem Sehnenriss einer Operation unterziehen musste. Die Teilnahme an der Europameisterschaft rückte in weite Ferne, die pessimistischen Befürchtungen lauteten: bis zu sechs Monate Ausfallzeit. Doch Tolissos Reha verlief bestmöglich, in den letzten beiden Ligapartien kam der Mittelfeldmann zu Kurzeinsätzen.
Obwohl Tolisso sich schneller als gedacht zurückkämpfte, mutete die EM-Nominierung durch Nationaltrainer Didier Deschamps einigermaßen überraschend an. Nach Tolissos nicht sonderlich herausragenden Leistungen in der vergangenen Spielzeit und den ständigen Verletzungen war eine Teilnahme mitnichten in Stein gemeißelt.
Für das Portemonnaie der Bayern könnte sich Tolissos Nominierung jetzt positiv auswirken. Der deutsche Rekordmeister ist dem Vernehmen nach geneigt, den 26-Jährigen, dessen Vertrag noch bis 2022 gültig ist, nach vier Jahren im Sommer zu verkaufen. Wie die SportBild vermeldet, fordert der FCB rund 20 Millionen Euro für den ehemaligen Profi von Olympique Lyon.
Tolisso selbst erklärte mit Blick auf seine Zukunft in der französischen Sportzeitung L'Equipe: "Ich stelle mir die Frage nach meiner Zukunft nicht. In den letzten drei Monaten habe ich mich so darauf konzentriert, für die EM fit zu werden, dass mir der Gedanke nicht mal in den Sinn kam. Da ist die Pause-Taste gedrückt. Ich fahre erst mal zur EM, um zu gewinnen!"
Um sein großes Ziel zu erreichen, stellte Tolisso seinen Tagesablauf um: "Ich wache um 8:30 Uhr auf und gehe zum Training. Nachdem ich nach Hause gekommen bin, mache ich 45 Minuten ein Nickerchen. Danach trainiere ich noch einmal. Kuchen und zuckerhaltige Getränke fasse ich nicht mehr an. Um 23 Uhr gehe ich ins Bett."
Liefert Tolisso bei der EM ab, dürfte sich die Liste der Interessenten erweitern. Derzeit wird er beim englischen Klub West Ham United, der in der kommenden Saison in der Europa League mitmischen wird, gehandelt. Außerdem soll Juventus Turin ein Auge auf Tolisso geworfen haben.
gettyHARRY KANE (England)
Harry Kane spielt mittlerweile seit fast 17 Jahren bei Tottenham Hotspur, führt die vereinsinterne Rekordtorschützenliste mit weitem Abstand vor dem zweitplatzierten Jermaine Defoe an. 221 Pflichtspieltreffer stehen bei Kane zu Buche, dreimal (unter anderem mit 23 Toren in der abgelaufenen Saison) sicherte er sich die Torjägerkanone in Englands höchster Spielklasse.
Obwohl Kane schon seit Jahren mit einem Wechsel in Verbindung gebracht wird, hielt er seinem Herzensklub stets die Treue. Einen Titel mit den Lillywhites gewann er bis heute nicht, außerdem schafften es die Spurs zuletzt nicht, sich für die Champions League zu qualifizieren, mit Platz sieben verpasste der Klub sogar die Europa League. Diese traurige Tatsache scheint enorm an Kane zu nagen. So sehr, dass der Engländer sich offensichtlich konkret mit einem Abschied beschäftigt.
"Wir haben noch nichts gewonnen. Wir haben das beste Spurs-Team seit einer sehr langen Zeit. Wir waren schon oft nah dran, aber wir sind nie über die Ziellinie gegangen", sagte Kane unlängst im Gespräch mit Gary Neville beim Sky-Format "The Overlap". Kane weiter: "Ich möchte nicht zum Ende meiner Karriere kommen und etwas bereuen. Ich will der Beste sein, der ich sein kann. Ich habe nie gesagt, dass ich für den Rest meiner Karriere bei den Spurs bleiben werde, aber ich habe auch nie gesagt, dass ich die Spurs verlassen werde."
Vage Aussagen, mit denen Kane sich alle Türen offenhält. ESPN berichtete jedoch, dass Kane der Klubführung bereits Mitte Mai seinen Wechselwunsch mitgeteilt habe. "Ich habe dem Verein 16 Jahre meines Lebens gegeben, also hoffe ich, dass wir ein ehrliches Gespräch führen und sehen können, wo wir stehen."
An potenziellen Abnehmern für den Torjäger mangelt es nicht. Wie The Athletic berichtet, ist Meister und Königsklassen-Finalist Manchester City bereit, sich von vier Stars zu trennen, um einen möglichen Kane-Transfer stemmen zu können. Neben den Skyblues sollen Manchester United und der FC Chelsea ein Auge auf Kane geworfen haben, für den laut Daily Mail eine englische Rekordablöse von 173 Millionen Euro fällig wird.
Spielt Kane eine starke EM, dürfte sich das Werben der Schwergewichte noch einmal intensivieren. Einen verlässlichen Goalgetter im besten Fußballeralter an Land zu ziehen, wäre jedenfalls ein aussagekräftiges Statement in Richtung Konkurrenz.
JACK GREALISH (England)
Seit Jahren ist es im Transferfenster eigentlich immer wieder aufs Neue das Gleiche: Stets wird Jack Grealish mit einem Wechsel zu einem absoluten Topklub in Verbindung gebracht, allen voran Manchester United und Manchester City galten und gelten als interessiert.
Grealish blieb seinem Jugendklub Aston Villa aber stets treu. Ob nun aus persönlichem Antrieb oder weil man sich finanziell nicht einigen konnte? Man weiß es nicht so ganz genau. Klar ist nur: Auch in diesem Sommer dürfte es wieder viele Spekulationen über einen Transfer des 25-jährigen Spielmachers geben, obwohl er seinen Vertrag bei Villa vor einem Dreivierteljahr bis 2025 verlängert hat.
Mal wieder sind es United und City, die um Grealish buhlen sollen. Allerdings müsste man für den sechsmaligen englischen Nationalspieler eben sehr tief in die Tasche greifen, letzten Sommer soll Villa gut 87 Millionen Euro gefordert haben. Gerade in Zeiten wie diesen natürlich eine enorme Summe, auch für United und City.
Die Krux also für interessierte Vereine: Spielt Grealish bei der EM groß auf, macht er sich zwar noch interessanter. Sein Preis wird dadurch aber sicherlich nicht geringer.
Grealish, der in den Junioren-Auswahlen noch meist für Irland spielte, hatte erst im September 2020 für Englands A-Nationalmannschaft debütiert. Seitdem setzte Trainer Gareth Southgate häufig auf ihn, auch im jüngsten Testspiel gegen Österreich (1:0) stand Grealish als Teil eines Dreier-Mittelfelds in der Startelf.
Zudem wird er bei der EM die legendäre Nummer 7 von David Beckham tragen. "Kurz nachdem ich wusste, dass ich die Nr. 7 trage, habe ich meine Mutter angerufen", sagte er auf der Webseite der FA. "Es war immer eine meiner beiden Lieblingsnummern, die 10 und die 7."
ANDRE SILVA (Portugal)
28 Saisontreffer, Platz zwei in der Torjägerliste der Bundesliga hinter dem uneinholbaren Robert Lewandowski. Andre Silva hat sich bei Eintracht Frankfurt zu einer wahren Tormaschine entwickelt - und weckt damit logischerweise Interesse.
Gleich eine ganze Reihe internationaler Topklubs soll um den 25-jährigen Portugiesen buhlen, vor allem Atletico Madrid wird großes Interesse nachgesagt. Silva dürfte aber die EM nutzen wollen, um sich weiter ins Schaufenster zu stellen und vielleicht noch andere Klubs dazu bewegen, sich noch intensiver um ihn zu bemühen.
Silva hat bei der Eintracht zwar noch Vertrag bis 2023 und eine Ausstiegsklausel gibt es darin nicht, wie seine Berater-Agentur Gestifute im April gegenüber Goal und SPOX bestätigte. Der neue Sportvorstand Markus Krösche betonte jedoch zuletzt, dass ein Wechsel Silvas bei entsprechenden Angeboten nicht ausgeschlossen ist. "Manchmal überholt die Entwicklung eines Spielers auch die Entwicklung eines Vereins. Dann muss man sich zusammensetzen und erörtern, ob der Zeitpunkt gekommen ist, den nächsten Schritt zu gehen", sagte er der Frankfurter Rundschau.
Ob sich Silva bei der EM weiter für einen der größten Vereine Europas interessant machen kann, ist derweil gar nicht sicher. Portugals Trainer Fernando Santos setzt im Sturmzentrum meistens auf Cristiano Ronaldo oder Joao Felix, für Silva bleibt dann kein Platz im System.
Ob dessen überragende Saison in Frankfurt daran etwas ändert? In den letzten elf Länderspielen der Portugiesen stand Silva jedenfalls nur zweimal in der Startelf, in den letzten eineinhalb Jahren gelangen ihm nur zwei Tore für die Nationalelf.
gettyABDÜLKADIR ÖMÜR (Türkei)
Mit 16 debütierte er für die erste Mannschaft von Trabzonspor, vor ein paar Jahren galt Abdülkadir Ömür als eines der größten Talente Europas. Nach einer starken Durchbruch-Saison 2017/18 sollen vor allem Topklubs aus der Premier League interessiert gewesen sein, darunter auch der FC Liverpool.
Verletzungen warfen Ömür aber immer wieder zurück, wegen eines Meniskusrisses fiel der Offensivspieler mal ein halbes Jahr lang aus. Auch in der abgelaufenen Saison stoppte den inzwischen 21-jährigen Türken ein Knöchelbruch, als er gerade wieder dabei war, zu alter Form zu finden.
Trainer Senol Günes berief Ömür dennoch in den EM-Kader der Türkei. Die Endrunde ist für ihn auch die Möglichkeit, sich auf internationaler Bühne wieder interessanter zu machen und möglicherweise einen Transfer in eine Top-Liga einzufädeln. Ömürs Vertragssituation würde das durchaus zulassen, schließlich läuft sein Arbeitspapier bei Trabzonspor im Sommer 2022 aus.
Ömürs Konkurrenz im offensiven Mittelfeld der Türken ist jedoch groß, unter anderem muss er mit Cengiz Ünder, Yusuf Yazici, Orkun Kökcü oder auch Hakan Calhanoglu um einen Platz kämpfen. Zumindest in zwei der drei jüngsten Testspiele kam Ömür zum Einsatz - und seine Dribbelstärke könnte den Türken bei der EM enorm weiterhelfen.