In Europas Top-Ligen war am Wochenende wieder jede Menge los: Wigan präsentierte eine Horrorshow mit sich selbst in der Hauptrolle, Francesco Totti zelebrierte sein Comeback mit einem Hattrick innnerhalb 22 Minuten und bei Atletico geht die "alte Scheiße weiter". Dazu: Graham Polls Märchenstunde, Chinesisch für Anfänger und das große Sprücheklopfen vor dem Clasico.
Dies und mehr wie immer montags in den Blitzlichtern aus Europa - zusammengetragen von unseren Korrespondenten vor Ort.
Serie A
von Oliver Birkner
Milan ganz effizient: Bescheidene sieben Mal schoss Milan gegen Cagliari in 90 Minuten aufs Tor, traf dabei jedoch opulente vier Mal ins Netz - eine Quote, die sich sehen lassen kann. Der 4:3-Erfolg bedeutete Sieg Nummer fünf aus den letzten sechs Partien und Platz drei. "Ich gewinne lieber 4:3 als 1:0 - da macht das Leiden wirklich Spaß", resümierte Geschäftsführer Adriano Galliani, der die gute Serie auch finanziell nutzen will. Rund 16.000 Jahreskarten-Besitzer kündigten im Sommer aus Protest gegen den Kaka-Transfer ihre Abos, ab dem 1. Dezember wird der Verkauf der Saisontickets erneut gestartet - vielleicht bringt der Erfolg ja alte Kunden zurück.
Chinesisch für Anfänger: Chinesische Schriftzeichen sind nicht leicht zu entschlüsseln, diese Erfahrung machte jüngst der italienische Liga-Präsident Maurizio Beretta. Eigentlich wollte er während der chinesischen Verbands-Tagung über die Austragung des Supercups in China verhandeln, wunderte sich dann aber, einem Vortrag über Herzmuskeln zu lauschen. "Da wurde mir klar, im falschen Konferenzraum zu sitzen." Überhaupt saß Beretta auch im falschen Hotel. Irgendwie bekam er es am Ende doch hin und verkaufte die Supercoppa erfolgreich für drei weitere Jahre nach China. Schon im vergangenen August hatte die Serie A die Partie für 2,5 Millionen Euro in Peking ausgetragen.
Totti - Totti - Totti: Aufsteiger Bari war mit einer bemerkenswerten Bilanz zum AS Rom gereist: Die Süditaliener besaßen nach nur sieben Gegentoren die beste Abwehr aller Teams der fünf großen europäischen ersten Ligen. Die schöne Statistik pulverisierte allerdings Francesco Totti in nur 22 Minuten: Der Roma-Capitano gab nach 49 Tagen (Meniskus-Verletzung) sein Comeback und traf drei Mal zu einem lupenreinen Hattrick. "Komisch, ich hatte doch überall gelesen, dass meine guten Tage vorbei seien", sagte Totti. Offensichtlich liegen noch ein paar nette vor ihm - vielleicht sogar bei der WM-Endrunde, denn erst vor kurzem erklärte sich der 33-Jährige zu einem Rücktritt vom Nationalteam-Rücktritt bereit.
Premier League
von Raphael Honigstein
Polls Märchenstunde: Ex-Schiedsrichter Graham Poll, ein Kolumnist für die "Daily Mail", redet gerne überall mit. Natürlich hatte er nach Thierry Henrys Handspiel gegen die Iren einen passenden Vorschlag parat. "In Deutschland hat man ein Experiment gewagt und der Erfolg war überraschend", schrieb er. "Wenn der Schiedsrichter vermutete, dass ein Tor mit der Hand erzielt wurde, fragte er bei dem Spieler nach. Falls der Spieler sein Handspiel zugab, gab es einen Freistoß und keine weiteren Sanktionen. Falls der Spieler es nicht zugab, zählte das Tor, doch falls ihn der Videobeweis später als Lügner entlarvte, gab es eine Sperre für drei Wochen." Viele englische Kommentatoren haben diese deutsche Lösung zum Anlass genommen, groß über das Pro und Contra eines solchen Systems zu diskutieren. Leider merkte niemand, dass Poll sich die Sache entweder komplett ausgedacht oder ziemlich viel verwechselt hatte: ein solches Experiment hat es in Wahrheit nie gegeben.
Wigans Horroshow: Unser Freund Poll freute sich nach eigenen Angaben auch über Wigans Ehrentreffer beim 1:9 gegen Tottenham. "Ich war Schiedsrichter, als Manchester United Ipswich Town 1995 9:0 besiegte und Andy Cole fünf Tore schoss", sagt Poll. "Dieser Rekord für den höchsten Premier-League-Sieg steht immer noch". Toll, nicht wahr? Wigans Auftritt an der White Hart Lane war wirklich eine Horrorshow, und das nicht nur wegen Paul Scharners Frisur. Die Spurs sahen gegen die Latics wie die beste Mannschaft der Welt aus, weil die Besucher sich konsequent jedem Zweikampf verweigerten. Nur Chris Kirkland im Tor spielte halbwegs normal; ohne ihn wäre es mit Sicherheit zweistellig ausgegangen. Wigan war so bodenlos schlecht und passiv, dass man sich fragte, ob da vielleicht Ante Sapina auf der Bank saß. Aber der Mann vom Cafe King sitzt ja bekanntlich derzeit wo anders.
Schizophrener Sir Alex: Alex Ferguson ist wie die meisten Briten ein Kulturpessimist. "Früher gab es Spieler, die stolz waren und Verantwortung für ihre Leistungen übernommen haben. Heute werden die Spieler geschützt; sie sind fragil, anfälliger als je zuvor. Sie werden von ihren Beratern in einen Kokon gesteckt und in gewissem Maße auch von der Presse geschützt. Das gab es früher nicht." Stimmt. Denn früher, oder genauer gesagt vor zwei Wochen, hat Sir Alex nämlich genau das Gegenteil erzählt. "Die Presse will Spieler immerzu erniedrigen, das ist modern", sagte der Schotte, als er auf Rio Ferdinands Formschwäche angesprochen wurde. Gemein, diese Journalisten....
Primera Division
von Paula Villamarin Temperan
Das Chaos geht weiter: Florent Sinama-Pongolle lag offensichtlich richtig mit seiner Einschätzung, dass ein Trainerwechsel bei Atletico Madrid nichts bringe und auch mit dem neuen Coach "die alte Scheiße weitergeht". Einen Monat nach der Entlassung von Abel Resino und der Verpflichtung von Quique Sanchez Flores geht die Krise tatsächlich weiter. In der Champions League sind die Rojiblancos schon raus und in der Liga stehen sie weiter auf Platz 18. Mittlerweile ist es die zweitschlechteste Bilanz in der Geschichte. Nur in der Saison 1953/54 war Atletico noch schlechter (ein Sieg, zwei Unentschieden, acht Niederlagen). Bei der 1:2-Niederlage in La Coruna rasteten auch noch die Spieler aus. Ein berechtigter Elfmeter in der Nachspielzeit brachte die Entscheidung. Cleber Santana flog daraufhin wegen Schiedsrichterbeleidigung vom Platz und Sergio Agüero entkam dieser Bestrafung nur, weil ihm sein Trainer buchstäblich einen Maulkorb verpasste und ihm die Hand ins Gesicht drückte.
Trommeln vor dem Clasico: Real spielt schwach, reist aber trotzdem als Tabellenführer ins Camp Nou zum FC Barcelona. "Wir haben weder schlecht noch gut gespielt und mit schlechteren Leistungen schon höher gewonnen", sagte Manuel Pellegrini. Und Kaka meinte mit Blick auf den Clascio: "Barca spielt zwar besser als wir, aber wir sind besser. Wir sind Tabellenführer. Ich glaube nicht, dass Barcelona Favorit ist." In Barcelona müssen sie auf jeden Fall besser spielen, aber da wird wohl auch Cristiano Ronaldo wieder dabei sein, der schon am Mittwoch in der Champions League sein Comeback feiern soll. Das Duell der Topstars steht aber trotzdem auf der Kippe, weil Lionel Messi wegen eine Adduktorenzerrung am Samstag raus musste. Für Carles Puyol kein Problem. "Ob mit oder ohne Leo, es gibt keinen Grund, an dieser Mannschaft zu zweifeln", so der Barca-Kapitän.
Wer ist Jermain Defoe? England feierte am Sonntag das 9:1 der Tottenham Hotspur über Wigan Athletic. Ein Ergebnis, das die Spieler vom Cartagena FC noch um einiges überboten. 14:1 gewannen sie in der Tercera Division (4. Liga) gegen CB Lumbreras. Schon zur Pause hatte es 8:0 gestanden. Der Stürmer Alex Marin erzielte dabei gleich sagenhafte neun Tore. Mit insgesamt 17 Treffern führt er jetzt auch die Torjägerliste an. Überraschenderweise ist Lumbreras Tabellenletzter mit nur vier Punkten und 54 Gegentoren in 14 Spielen.