In der Gegenwart regieren Marco Reus und Roman Neustädter - doch wer bestimmt die Zukunft von Borussia Mönchengladbach, wenn die beiden Leistungsträger den Verein verlassen? Patrick Herrmann, Havard Nordtveit und Tony Jantschke sind bereits etabliert, aber weitere Talente rücken nach und bringen sich schon jetzt in Position. Wer drängt sich auf? Die ersten Eindrücke aus dem Trainingslager in Belek.
Alexander Ring
Alter: 20 Jahre
Position: Mittelfeld-Allrounder
Verpflichtet: Ausleihe vom Januar 2012 bis Sommer 2013 inkl. Kaufoption
Ein Lichtblick in Zeiten der Unruhe: Für eine valide Analyse sind eine Vorbereitungspartie und eine Handvoll Trainingseinheiten bei weitem ungenügend, aber zumindest reicht das bisher Beobachtete für ein erstes Lob des Trainers.
"Er muss weiter so machen. Die zwei Tore hat er sehr gut gemacht, er hätte sogar ein drittes Mal treffen können", sagte Lucien Favre nach dem 3:2-Testspielsieg gegen Nürnberg über Alexander Ring, dem Neuzugang aus Finnland.
Ring scheint wie am Gladbach-Reißbrett gezeichnet - und das nicht nur, weil das finanzielle Risiko abwägbar sein dürfte, da ihn Gladbach zunächst für eineinhalb Jahre (inklusive Kaufoption über ca.1 Mio.) ausleiht.
Er ist jung, spricht fließend deutsch, deutete auf hohem Niveau sein Talent an (mit Helsinki in der EL-Qualifikation gegen Schalke), vermag im Mittelfeld jede Position zu besetzen und bringt Offensivqualitäten ein, obwohl er sich als Sechser versteht. Gegen Nürnberg erzielte er seine beiden Treffer als Linksaußen.
Die Stammplätze im Mittelfeld sind vergeben, aber die Vielseitigkeit wird ihn zu Einsätzen verhelfen, sei es als Einwechselspieler oder als Vertretung in der Startelf. "Ich bin nicht gekommen, um mir alles anzuschauen und ein bisschen Spaß zu haben. Ich will spielen", sagt Ring.
Mit der selbstbewussten Art bestätigt er eine Beobachtung seines Nationalmannschaftskollegen Roman Eremenko: "Alexander hat keine Furcht."
Tolga Cigerci
Alter: 19 Jahre
Position: defensives Mittelfeld
Verpflichtet: Ausleihe vom Januar 2012 bis Sommer 2013 inkl. Kaufoption
Unter den defensiven Mittelfeldspielern gibt es drei Grundtypen: Den langen, kopfballstarken Schlacks wie der im Sommer abwandernde Roman Neustädter. Den kleinen, antrittsschnellen Wusler wie Neuzugang Ring. Und eben die von Tolga Cigerci verkörperte Mischform.
Gelegentlich erinnerte Cigerci mit seinem Zweikampfverhalten und den Ballfertigkeiten an den jungen Sami Khedira, doch zuletzt verlor er merklich an Form und eigener Überzeugung. Vom damaligen Cheftrainer Steve McClaren gefördert, stand der damals 18-Jährige im Winter der vergangenen Saison fünf Mal in der Startelf des VfL Wolfsburg, ehe ihn eine Verletzung stoppte.
Ein Jahr später bleibt aber die Erkenntnis, dass mit der McClaren-Trennung auch Cigercis Hoffnung auf einen schnellen Durchbruch endete. Felix Magath hielt ihn trotz seines Anteils am Gewinn der deutschen A-Jugend-Meisterschaft für derart abkömmlich, dass Cigerci in dieser Hinrunde nur einmal überhaupt in den 18er-Kader berufen wurde.
Umso kurioser und für Cigerci ärgerlicher, dass Magath vor der Saison den als sicher geltenden Wechsel zu Mönchengladbach im letzten Moment ablehnte. So verdingte sich Cigerci in der nur mäßig spielenden Regionalliga-Mannschaft des VfL - und wirkte bei seinem Gladbacher Test-Debüt gegen Nürnberg entsprechend verunsichert.
Favre: "Cigerci hat noch viel zu tun, das hat man gesehen: Die Bewegungsabläufe, die Ballannahme, sein linker Fuß. Er spielte mit Wolfsburg II nur in der vierten Liga. Es ist eine Frage des Tempos."
Matthias Zimmermann
Alter: 19 Jahre
Position: defensives Mittelfeld / Rechtsverteidiger
Verpflichtet: im Sommer 2011 für 1 Mio. Euro
Mario Götze und Marc-Andre ter Stegen sind die namhaftesten Vertreter der U-17-Europameister-Generation von 2009 - der Vorreiter aber heißt Matthias Zimmermann, der sich früher als jeder andere im Profi-Fußball etabliert hatte.
Nur ein halbes Jahr nach dem EM-Sieg bekam der damals 17-Jähriger beim Zweitligisten Karlsruhe die Rolle des Rechtsverteidigers zugetragen und gab diese nicht mehr her.
Nach dem tragischen Tod seines Bruders während einer Fußball-Partie im Februar 2011 spielte er aus Gründen der Trauerbewältigung und Ablenkung weiter - und dies weiterhin mit einer erstaunlichen Beständigkeit.
Der Doppel-Wechsel mit KSC-Kollege Lukas Rupp nach Gladbach im Sommer ging jedoch einher mit einem Bruch der sportlichen Vita. In der gesamten Hinrunde wurde er nur einmal für sieben Minuten eingewechselt (12. Spieltag beim 2:1 in Berlin) und achtmal in den Bundesliga-Kader berufen, ansonsten sollte er sich achtmal im Regionalliga-Team bewähren.
Noch ist Zimmermann mehr ergänzende Kraft denn Stammplatz-Anwärter, im Testspiel gegen Nürnberg durfte er aber immerhin auf der Position des Rechtsverteidigers beginnen. Dort sind die Aussichten auf Einsätze als Tony Jantschkes Vertreter immerhin besser als in seinem bevorzugten Betätigungsfeld, dem defensiven Mittelfeld.
Lukas Rupp
Alter: 21 Jahre
Position: offensives Mittelfeld
Verpflichtet: im Sommer 2011 für 600.000 Euro
In der Jugend nicht so auffällig wie Zimmermann, dafür mit dem besseren Einstand in Gladbach: In der ersten Pokalrunde wurde er für die Startelf berücksichtigt, daraufhin kam er an drei der ersten vier Bundesliga-Spieltage als Einwechselspieler zum Zug.
Nach insgesamt 32 Einsatzminuten erging es ihm jedoch ähnlich wie Zimmermann: Gelegentliche Aufnahmen in den Bundesliga-Kader (sechsmal) wechselten sich mit Regionalliga-Berufungen (sieben Spiele, zwei Tore) ab.
Entsprechend identisch auch die Perspektive: Solange niemand ausfällt, wird sich erstmal wenig verändern an dem jetzigen Status als Ergänzungsspieler. Zumal Rupp wegen leichten Rückenproblemen das Testspiel gegen Nürnberg absagen musste, während Konkurrent Ring sich auch für eine der beiden offensiven Mittelfeld-Positionen anbot.
Julian Korb
Alter: 19
Position: Mittelfeld-Allrounder
Verpflichtet: im Sommer 2007 für die U 17
Mit 15 wurde Julian Korb für die Gladbacher U 17 verpflichtet, mit 17 gehörte er bereits zum Stamm der zweiten Mannschaft, mit 18 durfte er erstmals mit den Profis ins Sommer-Trainingslager, mit 19 wird er nun gezielt an die Bundesliga herangeführt.
Am auffälligsten bei Korb ist die selbst für einen Allrounder erstaunliche Vielseitigkeit. Er sieht sich selbst bevorzugt im defensiven Mittelfeld, für die zweite Mannschaft lief er aber auch im zentral-offensiven Mittelfeld und als Rechtsaußen auf.
Im Testspiel gegen Nürnberg folgte das Experiment als Linksverteidiger, weil Kapitän Filip Daems verletzte fehlte und dessen Backup Oscar Wendt erst in der zweiten Hälfte eingesetzt wurde.
Vermutlich wird Korb in der Rückrunde weiterhin mit dem Profis trainieren und am Wochenende die überraschend starke zweite Mannschaft (dritter Platz in der Regionalliga) verstärken. Spätestens in der kommenden Saison aber steht die nächste Beförderung an: als vollwertige Kraft im Bundesliga-Team.
Borussia Mönchengladbach im Steckbrief