Beim glücklichen 2:1-Sieg von Borussia Dortmund unterstreicht Gregor Kobel, dass er der Königstransfer des BVB der vergangenen Jahre ist. Niklas Süle könnte sich zum Rechtsverteidiger Nummer eins aufschwingen - Karim Adeyemi ist dagegen noch keine Verstärkung für die Borussia. Die Erkenntnisse zum Dortmunder Dreier.
BVB - Kobel ist der Königstransfer der vergangenen Jahre
16 Spieler hat Borussia Dortmund in dieser und den vergangenen vier Spielzeiten gekauft, die eine höhere Ablösesumme kosteten als Gregor Kobel. 15 Millionen Euro überwies der BVB im Sommer 2021 an den VfB Stuttgart. Ein vergleichsweise günstiger Betrag, der sich bereits im Vorjahr rechnete. Wenn man den Blick auf die genannten Transferperioden richtet, entpuppt sich der Keeper sogar immer mehr als Dortmunder Königstransfer der letzten Jahre.
Ein Muskelfaserriss bremste Kobel im Laufe dieser Saison einen guten Monat aus. In dieser Zeit fing sich der BVB mit Stellvertreter Alexander Meyer im Kasten elf Gegentore in sieben Pflichtspielen, nur zweimal spielte man zu Null. Stand Kobel im Tor, zwölf Mal war dies der Fall, gab es sieben weiße Westen - und nur acht Gegentreffer.
Diese Zahlen sollen freilich nicht als Kritik an der Nummer zwei ausgelegt werden. Meyer machte seine Sache ordentlich, gerade mit dem Ball am Fuß, aber man sah bei ihm durchaus, weshalb er es zuvor in seiner Karriere noch nicht in die Bundesliga geschafft hatte - und wie schmerzlich dem Team Kobels Klasse fehlte.
Der hat in seinen zwölf Partien bereits sieben (!) bärenstarke Leistungen abgeliefert: In der Bundesliga gegen Leverkusen, Freiburg, Hertha und nun beim schmeichelhaften 2:1-Sieg in Frankfurt. In der Champions League hielt er in Sevilla gut, unter der Woche parierte er beim 0:0 gegen Manchester City einen Elfmeter. Und im DFB-Pokal wäre die Borussia ohne Kobels sensationelle Paraden gegen Zweitligist Hannover 96 ausgeschieden.
Gregor Kobel bester BVB-Keeper in diesem Jahrtausend?
Der Schweizer, bis 2026 an den Verein gebunden, ist eine klare Verstärkung auf der Torhüterposition gegenüber den Vorjahren und womöglich sogar Dortmunds bester Keeper in diesem Jahrtausend. Da fällt auch sein unglücklicher Ausrutscher gegen Union Berlin, der den BVB früh auf die Verliererstraße brachte, nicht groß ins Gewicht.
Seine Stärken sind vielschichtig: Kobel hat eine tolle Ausstrahlung, ist gut in Eins-gegen-eins-Situationen, tritt selbstbewusst und kommunikativ auf und wirkt mit seiner ehrgeizigen Art positiv auf seine Mitspieler. Bei hohen Bällen ist er sicher, er beweist ein gutes Timing im Stellungsspiel, im Spielaufbau wird Kobel oft eingebunden und ist sicher mit dem Ball am Fuß.
Doch am wichtigsten: Der 24-Jährige hält schlichtweg zahlreiche Bälle, die schwer zu halten sind. "Gregor ist ein herausragender Torhüter", sagte BVB-Trainer Edin Terzic nach dem Erfolg in Hessen: "Wir können uns 100 Prozent auf ihn verlassen. Wir würden uns trotzdem freuen, wenn er weniger zu tun hätte." Das ist es: Wer es mit dem BVB hält, wird hoffen, dass Kobels mehrfache Glanzparaden nicht die Defizite im Spiel der Borussia übertünchen ...
BVB - Niklas Süle könnte Dortmunds Nummer eins werden
Drei der vergangenen vier Bundesligaspiele hat Niklas Süle nun als Rechtsverteidiger gespielt. Dafür gibt es zwei Gründe: Thomas Meunier fällt bis zur WM-Pause mit einem Jochbeinbruch aus - und Süle ist auf dieser Position stärker als die Alternativen Marius Wolf und Felix Passlack.
Nach den drei Auftritten des angestammten Innenverteidigers lässt sich aber konstatieren, dass Süle auch bei einer Rückkehr von Meunier gute Chancen haben sollte, dem Belgier den Rang abzulaufen. Klar, das dürfte nicht das gewünschte Szenario des Neuzugangs sein, der am liebsten in der Zentrale verteidigt.
Doch am Ende muss ihn Trainer Terzic dort hinstellen, wo er der Mannschaft am meisten hilft. Nach den biederen Eindrücken, die Meunier in der laufenden Saison abgegeben hat, ist es nicht unwahrscheinlich, dass man Süle noch häufiger rechts in der Viererkette spielen sieht.
Der Unterschied zwischen Meunier und Süle: Der Deutsche ist defensiv deutlich zuverlässiger und zeigte auch in der Offensive ordentliche Ansätze. Beim 5:0-Sieg gegen den VfB Stuttgart kam er sogar auf einen Treffer und eine Vorlage. Beim Belgier ist es tendenziell eher umgekehrt, er macht offensiv die tieferen Läufe. Nur enttäuschen dann seine Hereingaben viel zu oft.
gettyBVB muss sich auf den Außenverteidigerpositionen umsehen
Ohnehin sollten die beiden Außenverteidigerpositionen durchaus ein gewichtiges Thema für den BVB auf dem Transfermarkt sein. Das Interesse an Gladbachs Ramy Bensebaini ergibt daher Sinn, denn einen Thorgan Hazard als Linksverteidiger einzusetzen, kann eigentlich nicht Dortmunds Anspruch sein. Gegen ManCity erledigte Hazard dort seine Aufgabe gut, in Frankfurt jedoch nicht.
Raphael Guerreiro, der aktuell mal wieder an einer seiner unzähligen Muskelverletzungen laboriert, ist zu instabil und wenig zuverlässig, besonders in der Defensivarbeit. Wolf dagegen ist ein ordentlicher Rollenspieler, der im Abwehrverbund links wie rechts und solide agieren kann, aber qualitativ keine langfristige Option darstellt. Passlack ist mittlerweile zum Prototypen des Bankdrückers verkommen.
Es wäre daher angebracht, würde sich der BVB allmählich auch nach einem Rechtsverteidiger umsehen. Mit Süle hat sich aber immerhin eine ernsthafte Alternative zum im Grunde gesetzten Meunier ergeben - vielleicht ja auch für die deutsche Nationalelf bei der WM in Katar.
BVB - So ist Karim Adeyemi keine Verstärkung für Dortmund
Der Start von Karim Adeyemi bei Borussia Dortmund war kein leichter. Zwar traf der Neuzugang gleich in seinem ersten Spiel für den BVB bei 1860 München im Pokal, ein paar Tage später musste er jedoch beim Bundesligaauftakt frühzeitig verletzt ausgewechselt werden.
Eine Blessur am Zeh machte ihm zu schaffen und setzte Adeyemi einen Monat lang außer Gefecht. Eine solch frühe Pause ist für einen neuen Spieler immer ungünstig, zumal Adeyemi aus der österreichischen Liga nach Dortmund wechselte und damit ein enormer Qualitätssprung verbunden war.
Mit genau diesem hat der ehemalige Spieler von Red Bull Salzburg noch gehörig Probleme. Adeyemi stand zwar in zehn seiner 14 Pflichtspiele in der Startelf, durchgespielt hat er jedoch noch keine Partie. Auch, weil seine Bilanz mager ist: Zwei Tore und keine Vorlage stehen für den 20-Jährigen bislang zu Buche.
Fernab dieses für einen Offensivspieler natürlich nicht unwichtigen Zeugnisses offenbart Adeyemi allerdings zu viele Mängel im Spiel mit und vor allem gegen den Ball. Er wirkt teils unaufmerksam, geht zu oft schlampig mit der Kugel um und lässt bisweilen die richtige Körperspannung vermissen. Zu häufig wählte er rund um den gegnerischen Kasten die falschen Lösungen und ließ sich in körperlicher Hinsicht zu leicht von seinen Gegenspielern überwinden.
Vor allem aber muss Adeyemi, das galt im Vorjahr auch für Donyell Malen, noch mehr verinnerlichen, dass auch auf seiner Position Wege in die Defensive und eine ausreichende Aggressivität in den Zweikämpfen gefragt sind. Hier geht der Linksfuß noch viel zu unbedarft ans Werk und sucht die direkten Duelle auch zu selten.
gettyBVB: Karim Adeyemi bekam zu Recht auf die Mütze
Zu Recht bekam er nach der Pleite gegen Union auf die Mütze, als sein Pass mit der Hacke der entscheidende Ballverlust vor dem 0:2 war und die deutliche Kritik von Mats Hummels auf ihn gemünzt war. Drei Tage später flog Adeyemi im Pokal gegen Hannover nach einer eher plumpen Notbremse vom Platz - und hatte am Samstagabend in Frankfurt unwahrscheinliches Glück, dass sein nicht weniger plumpes Schubsen gegen Jesper Lindström nicht zu einem Elfmeter führte.
Er habe sich sehr einsichtig gezeigt, berichtete Coach Terzic von einem Vieraugengespräch mit seinem 30 Millionen Euro teuren Neueinkauf im Anschluss an Adeyemis Patzer in der Hauptstadt. Im Heimspiel gegen ManCity deutete er in beide Richtungen des Spielfelds an, dass er seine Aufgaben gut abarbeiten kann.
Nun braucht es dringend Konstanz, um sich nach dem holprigen Beginn seiner Zeit beim BVB neues Selbstvertrauen zu erspielen. Denn so, wie Adeyemi bislang auftrat, ist er noch keine Verstärkung für die Westfalen.