Offensichtlich ist es nicht, doch die Besetzung des Mittelfelds ruft beim FC Liverpool die heftigsten Diskussionen hervor. Jude Bellingham steht nicht nur bei den Reds hoch im Kurs: Kann es sich der LFC leisten, auf die Verpflichtung des BVB-Stars zu warten?
Es waren ein paar arbeitsreiche Wochen in Anfield. Mit Neuverpflichtungen und Verkäufen, Leihgeschäften und Vertragsverlängerungen hatte Julian Ward, neuer Sportdirektor beim FC Liverpool, alle Hände voll zu tun.
Das Drama, die Freuden und schließlich die Enttäuschung der letzten Saison sind schnell vergessen. Mit Jürgen Klopp, der für die nächsten vier Jahre unterschrieben hat, ist eine neue Ära angebrochen. Er hofft, dass er bald seine zweite große Mannschaft aufstellen kann.
Mit Luis Diaz, Fabio Carvalho, Darwin Nunez und Calvin Ramsay, die alle 2022 unter Vertrag genommen wurden, gibt es viel Grund zur Freude, auch wenn die Frage natürlich im Raum steht, ob vor der Schließung des Transferfensters noch etwas geschehen muss. Aus Vereinskreisen ist jedoch zu hören, dass weitere Neuzugänge in diesem Sommer unwahrscheinlich sind.
SPOX und GOAL werfen einen genaueren Blick auf die Situation.
FC Liverpool: Brauchen die Reds einen neuen Mittelfeldspieler?
In Liverpools Kader findet man nur wenige offensichtliche Schwachstellen - vor allem nach der Verpflichtung von Ramsay, der Trent Alexander-Arnold auf der rechten Abwehrseite unterstützen soll.
Das Mittelfeld ist jedoch der Bereich, der sowohl bei den Fans als auch bei den Experten die heftigsten Diskussionen hervorruft. Auf den ersten Blick mag das ein wenig überraschend erscheinen. Immerhin verfügt Klopp über nicht weniger als acht Optionen, nachdem Youngster Tyler Morton so etwas wie ein Jahr des Durchbruchs hinter sich hat und auch Neuzugang Carvalho bei Bedarf als Achter eingesetzt werden kann.
Sieben dieser Spieler kamen in der vergangenen Saison in 27 oder mehr Spielen zum Einsatz. Darunter wäre auch Harvey Elliott gewesen, wenn er sich nicht im September verletzt hätte. Fabinho, Jordan Henderson und Thiago Alcantara scheinen Klopps erste Wahl zu sein - immerhin stand dieses Trio im Champions-League-Finale in der Startelf -, aber die Rotation war im Laufe einer Saison mit 63 Spielen sowohl regelmäßig als auch notwendig.
Doch auch wenn Klopp über eine Reihe von Talenten verfügt, gibt es eine Menge Fragen. Kann Naby Keita zum Beispiel seine Form und Fitness lange genug aufrechterhalten, um sein offensichtliches Talent einflussreicher einzubringen? Wie lange können James Milner und in geringerem Maße auch Henderson ihre Leistung bringen? Wird Thiago eine ganze Saison lang verletzungsfrei bleiben? Werden sich Curtis Jones und Elliott einen Platz in dieser hart umkämpften Mannschaft erarbeiten können?
Verkäufe sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu erwarten, ebenso wenig wie weitere Neuverpflichtungen. Aus Anfield hört man, dass erst im nächsten Sommer ein neuer Mittelfeldspieler ins Auge gefasst werden soll. Ob das eine vernünftige Entscheidung ist oder nicht, wird die Zeit zeigen.
FC Liverpool: Die Neuzugänge des Sommer 2022 im Überblick
Name | Position | Bisheriger Verein | Ablöse |
Darwin Nunez | Angriff | Benfica Lissabon | 75 Mio. Euro |
Fabio Carvalho | Mittelfeld | FC Fulham | 5,9 Mio. Euro |
Calvin Ramsay | Rechtsverteidiger | FC Aberdeen | 4,9 Mio. Euro |
BVB: Könnte Jude Bellingham zu den Reds wechseln?
Wen wird der FC Liverpool also ins Visier nehmen? Wir wissen, dass man in diesem Sommer Aurelien Tchouameni verpflichten wollte, aber schon sehr früh feststellen musste, dass der französische Nationalspieler zu Real Madrid wechseln wollte.
Tchouameni bekam seinen Wunsch erfüllt und wechselte für 100 Millionen Euro zum CL-Sieger. Doch genau diesen Spielertypen will Liverpool verpflichten: jung, athletisch, mit ausreichend Erfahrung, aber auch mit viel Raum für Wachstum und Entwicklung. "Ein Typ wie Bellingham", wie es eine Quelle aus Liverpool in diesem Sommer formulierte.
Bellingham wird Borussia Dortmund im nächsten Jahr mit ziemlicher Sicherheit verlassen. Mit seinen nun 19 Jahren ist er als Nachfolger von Henderson die ultimative langfristige Investition und die Art von Spieler, die das Mittelfeld der Reds für ein Jahrzehnt oder länger dominieren könnte.
Klopp ist ein Fan von ihm (wer ist das nicht?), aber Liverpool weiß, dass der Wettbewerb um seine Unterschrift sehr hart sein wird. Manchester United, Chelsea und Manchester City haben ihr Interesse bekundet, und es wäre eine Überraschung, wenn Real Madrid und Bayern München nicht ebenfalls im Rennen um ihn wären.
Eine mögliche Ablösesumme von 115 Millionen Euro könnte sich für die Reds jedoch als unerschwinglich erweisen, zumal Bellingham wahrscheinlich ein Gehalt beziehen wird, das ihn zu einem der bestverdienenden Spieler des Vereins machen würde. Sollte er bei der Weltmeisterschaft in diesem Winter glänzen, werden die Zahlen und das Interesse nur noch steigen.
Liverpools Gehaltsgefüge wird sorgfältig verwaltet, siehe die Schwierigkeiten, sich mit Mohamed Salah auf einen neuen Vertrag zu einigen. Daher wäre es interessant zu sehen, wie sehr man bereit wäre, um einen Spieler wie Bellingham zu werben - auch wenn der Spieler mehr als interessiert an einem Wechsel an die Merseyside sein soll.
BVB: Die Leistungsdaten von Jude Bellingham seit der Saison 2020/21
Wettbewerb | Spiele | Tore | Torvorlagen |
Bundesliga | 60 | 4 | 11 |
Champions League | 16 | 2 | 4 |
Europa League | 2 | 2 | 2 |
DFB-Pokal | 9 | 2 | - |
DFL-Supercup | 2 | - | 1 |
FC Liverpool: Wen könnten die Reds noch verpflichten?
Liverpool würde seine Arbeit nicht richtig machen, wenn man nicht noch andere Transferziele ausgemacht hätte. Chefscout Barry Hunter und sein Team sind dafür bekannt, dass sie zwei oder drei Transferfenster im Voraus agieren. Die Datenbank von Sportdirektor Ward dürfte mit Tonnen von regelmäßig aktualisierten Berichten über potenzielle Neuzugänge vollgestopft sein.
Declan Rice von West Ham hat beispielsweise viele Bewunderer, gilt aber als teuer, sowohl was die Ablösesumme, als auch das Gehalt angeht. Carney Chukwuemeka von Aston Villa, der derzeit mit England bei der U19-Europameisterschaft glänzt, wird ebenfalls hoch gehandelt, könnte aber nach Dortmund wechseln - vielleicht als Ersatz für Bellingham?
Nicola Barella von Inter und Ibrahim Sangare von der PSV Eindhoven gehören ebenfalls zu den Spielern, die rund um den LFC immer wieder genannt werden. Klopp schätzt vor allem Barella, während Salzburgs Luka Sucic als potenzieller Top-Spieler gehandelt wird. Liverpool pflegt enge Beziehungen zum Red-Bull-Konzern, zu dem der österreichische Meister gehört.
Mit der Verpflichtung von Thiago, einem etablierten Star Ende 20, brach Liverpool im Jahr 2020 mit seiner üblichen Strategie, hat aber seither mit den Neuzugängen Diogo Jota, Ibrahima Konate, Diaz, Nunez, Carvalho und Ramsay wieder zum alten Weg zurückgefunden. Man kann davon ausgehen, dass dieser auch in Zukunft nicht verlassen wird.
FC Liverpool: Was ist mit den unter Vertrag stehenden Spielern?
Natürlich wird viel von den Leistungen derjenigen abhängen, die bereits im Verein sind - und davon, ob die oben genannten Fragen endgültig beantwortet werden können. Elliott beispielsweise zeigte zu Beginn der letzten Saison, dass er einen Platz rechts in einer Dreierkette im Mittelfeld einnehmen könnte. Insbesondere sein Zusammenspiel mit Salah und Alexander-Arnold war vielversprechend. Auch Jones zeigte phasenweise gute Leistungen, wobei er die Spiele konsequenter beeinflussen muss, wenn er langfristig in der Mannschaft bleiben will.
Viele von Hendersons besten Leistungen in der vergangenen Saison kamen als Sechser zustande, so dass er und Fabinho sich in Zukunft vielleicht die Aufgaben auf dieser Position teilen werden. Die Entscheidung, den Vertrag mit Milner um ein Jahr zu verlängern, ist eine kluge und weist vielleicht auf die Pläne für einen größeren Umbau im nächsten Sommer hin.
Am interessantesten ist womöglich Keita, der in der vergangenen Saison mehr Einsätze (40) hatte als in jeder seiner drei vorherigen Spielzeiten an der Merseyside. Im besten Fall ist der Guineer der kreative und das Spiel verändernde Typ, den Liverpool sucht, aber seine Konstanz war bisher ein Problem.
Es ist wahrscheinlich, dass er einen neuen Vertrag erhält. Dann wird die Herausforderung darin bestehen, mehr als die 25 Startelfeinsätze in allen Wettbewerben in der vergangenen Saison zu absolvieren und der Stammspieler zu werden, den alle erwartet haben, als er 2018 aus Leipzig kam.
Alex Oxlade-Chamberlain, so ist aus Liverpool zu hören, wird wahrscheinlich bleiben. Sein Vertrag läuft im nächsten Sommer aber aus. Ein Angebot von rund 15 Millionen Euro wäre sicherlich eine große Verlockung. Oxlade-Chamberlain kam in den letzten beiden Monaten der vergangenen Spielzeit überhaupt nicht zum Einsatz, obwohl er während der gesamten Saison wertvolle Beiträge leistete - nicht zuletzt im Januar, als Salah, Keita und Sadio Mane beim Afrika Cup im Einsatz waren.
Angesichts der vielen Spiele, die vor der Weltmeisterschaft anstehen, ist es nicht verwunderlich, dass die Trainer versuchen, sich so viele Optionen wie möglich zu verschaffen. In Bezug auf Liverpools Mittelfeld stellt sich jedoch die Frage, ob diese Optionen auch wirklich abliefern werden.
FC Liverpool: Könnte Klopp eine andere Formation aufbieten?
Man hat sich daran gewöhnt, dass Klopp mit seinem bewährten 4-3-3-System operiert, das sich auf eine hohe Defensivlinie, eine gigantische Offensivleistung der Außenverteidiger, die Magie von Mane und Salah und, um alles auszubalancieren, Kampfkraft und ein perfektes Positionsspiel im zentralen Mittelfeld verlässt.
Doch der Weggang von Mane ändert die Dinge. Es ist zu erwarten, dass man in der kommenden Saison ein flexibleres Liverpool sehen wird, in dem sich Spieler wie Salah, Diaz, Nunez, Jota, Carvalho und Firmino um ihre Positionen streiten.
Alle diese Spieler sowie Elliott, Jones und sogar Oxlade-Chamberlain könnten in einer 4-2-3-1- oder 4-4-2-Formation agieren. Die Möglichkeit, zwischen den Systemen zu wechseln, würde den Bedarf an Verstärkungen für das Mittelfeld zumindest vorerst minimieren.
FC Liverpool: Und was, wenn kein Transfer mehr stattfindet?
Eine der Arbeitsweisen des FC Liverpool ist es, gerne kurzfristige Risiken einzugehen, um sich langfristig die gewünschten Transferziele zu sichern. So war es 2017 bei Virgil van Dijk, als man keine "Notlösung" unter Vertrag nahm, sondern auf van Dijk wartete und ihn im darauffolgenden Januar verpflichtete. Auch Keitas Kauf wurde ein Jahr vor seiner Ankunft vereinbart. Genauso war es bei Alisson Becker, den man einst als absolute Wunschlösung im Tor identifizierte.
Liverpool hat nach dem Gewinn der Champions League 2019 keine großen Neuverpflichtungen getätigt und nur eine im letzten Sommer (Konate) - trotz einer traumatischen, verletzungsgeplagten Saison. Die Reds sind jedoch bereit, schnell und für viel Geld zu handeln, wenn der richtige Spieler verfügbar ist.
Im Januar wurde die Verpflichtung von Diaz beschleunigt, als sich abzeichnete, dass auch Tottenham am Kolumbianer interessiert war. Zuletzt konnte der Transfer von Nunez zügig abgeschlossen werden, obwohl die Verhandlungen mit Bayern München über Mane weitergingen.
Derzeit scheint man in Liverpool das Gefühl zu haben, dass der "perfekte" Mittelfeldspieler einfach nicht zu haben ist. Es sollte daher niemanden überraschen, wenn Liverpool sein Pulver noch nicht verschießt. Ob sich das in der kommenden Saison auszahlt, steht allerdings auf einem anderen Blatt.
Meistgelesene Artikel
Das könnte Dich auch interessieren

.jpg?quality=60&auto=webp&format=pjpg&width=317)

