Borussia Dortmund ist an diesem Freitag mit der Reise ins Winter-Trainingslager im spanischen Marbella in das Jahr 2019 gestartet. Der BVB sollte nun den Blick von der famosen Hinrunde abwenden - denn die Rückserie kann nur Teil zwei des überraschend positiv angesprungenen Neustarts sein.
Es ist mal wieder Jahresbeginn und ein solcher dient häufig dazu, in beide Richtungen zu blicken. Das gilt auch für Borussia Dortmund, wo man neben dem Fokus auf die Zukunft jedes Recht hat, noch einmal das letzte halbe Jahr genüsslich Revue passieren zu lassen.
Es war ja auch zu schön und vor allem zu erfolgreich. Dass nach dem ausgerufenen Neustart im Sommer so schnell die zahlreichen Rädchen ineinandergreifen und der BVB ein sportliches Sahne-Halbjahr hinlegen würde, das hatten die Macher um Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Sportdirektor Michael Zorc nicht im Ansatz für möglich gehalten.
So startet man nun auf einmal als souveräner Herbstmeister ins neue Jahr und tut dies seit diesem Freitag unter milden Temperaturen im spanischen Marbella, wo der BVB bis kommenden Samstag sein Winter-Trainingslager abhalten wird.
BVB und die Kür: überraschend und schwierig
Dank sechs Punkten Vorsprung auf Rang zwei ist der BVB der Favorit auf den Meistertitel, die Vorzeichen im Vergleich zum Sommer haben sich drastisch verändert. Und das auch intern, wenn man das Statement vom ab der kommender Saison für den FC Chelsea auflaufenden Christian Pulisic liest: "Wir alle fühlen, dass dieses Jahr 'unser Jahr' werden könnte", schrieb der US-Amerikaner zu seinen und den Ambitionen der Teamkollegen.
Damit das Jahr 2019 allerdings Aufnahme in den Dortmunder Briefkopf findet, muss der BVB nun eine Kür meistern, die eben zu diesem Zeitpunkt eine überraschende wie schwierige Aufgabe bedeutet.
42 von 51 möglichen Punkten holte der BVB an den ersten 17 Spieltagen - eine Bilanz, die so stark ist, dass man sie gerade bei dieser in Teilen noch sehr jungen Mannschaft nicht automatisch erneut einfordern kann. Will man jedoch den Spitzenplatz verteidigen - und das will man, alles andere wäre Augenwischerei -, müsste es für die letzten 17 Bundesligapartien schon mindestens in Richtung 35 Punkte plus X gehen.
Rückrunde kann nur Teil zwei des BVB-Neustarts sein
"Wir fahren mit einem gesunden Selbstbewusstsein nach Marbella. Es geht nicht unbedingt bei null los. Aber wir müssen uns in eine Top-Verfassung bringen", sagte Zorc vor dem Abflug an die Costa del Sol.
Mit dem Startschuss der Tage in Marbella sollte es die Borussia dann doch tunlichst hinkriegen, den Blick von der tollen Hinrunde abzuwenden und stattdessen die volle Konzentration auf den zweiten Saisonabschnitt zu legen. Alles Vergangene stellt zweifelsfrei eine ideale Basis für Selbstvertrauen und weitere (Teil-)Erfolge dar, doch Trainer Lucien Favre muss seiner Mannschaft eintrichtern, dass die Rückrunde nur Teil zwei des Neustarts sein kann.
Denn: Dortmund muss zum Jahresauftakt gleich zu RB Leipzig reisen und wird sich schon dort nichts davon kaufen können, dass zwischen beiden Teams bereits elf Zähler liegen. Eine Pleite bei den Sachsen und das Polster auf den FC Bayern München könnte wieder etwas schmelzen.
BVB: Der Rückrundenauftakt von Borussia Dortmund
Datum | Spieltag | Gegner | Ort |
19. Januar | 18 | RB Leipzig | A |
26. Januar | 19 | Hannover 96 | H |
2. Februar | 20 | Eintracht Frankfurt | A |
9. Februar | 21 | TSG Hoffenheim | H |
18. Februar | 22 | 1. FC Nürnberg | A |
Der Druck der Rückrunde mit den immer näher kommenden Entscheidungen in allen Wettbewerben wird ein höherer als bisher sein, jeder Punktverlust wird sich schmerzhafter als noch zuvor anfühlen. Und das als Gejagter mit den Bayern im Genick - dem BVB steht noch eine sehr lange Strecke bevor, um das zu erreichen, was Pulisic und Kameraden momentan bereits im Gefühl haben.
Um trotz der höheren Hürden jene Leichtigkeit beizubehalten, die die Dortmunder bislang so auszeichnete, wird in Marbella nun das gemacht, wonach sich Favre schon in der Hinrunde mehrfach sehnte: Es wird ausgiebig, kontinuierlich und in Ruhe trainiert.
"Das ist das Wichtigste für uns", sagte der Schweizer im Hinblick auf die gemeinsame Zeit auf dem Platz. Favre steht der gesamte Kader zur Verfügung, auch die beiden U23-Akteure Amos Pieper und Julian Schwermann sowie Tobias Raschl aus der U19 sind in Spanien zugegen.
Einzig Manuel Akanji macht Sorgen. Der Schweizer weilt momentan in seiner Heimat und klappert dort weitere Spezialisten ab, da "seine Probleme im Hüftbereich wieder aufgebrochen sind", wie Zorc verriet. "Das muss man jetzt genau beobachten."
Bessere Voraussetzungen als im Sommer
Sollte Akanji operiert werden müssen und lange ausfallen, ist beim BVB auch ein Winter-Zugang für die Abwehr denkbar. Zumal man mit Abdou Diallo und Dan-Axel Zagadou zwei weitere Innenverteidiger hat, die den Jahresabschluss angeschlagen verpassten und nun erst wieder ihren Rückstand aufholen müssen.
Trotzdem stellt sich für Favre die Personalsituation gut dar, die Voraussetzungen für dieses Trainingslager sind besser als für jenes im Sommer in der Schweiz. Der Coach muss auf keine Nachzügler warten und kann vom Fleck weg auf dem bislang Erarbeiteten aufbauen - mit dem von Favre hunderte Male geäußerten Ziel, vielschichtige Verbesserungen zu erreichen.
Da wird der Trainer neben seinem Hauptfokus auf die defensive Stabilität vor allem auch an das Offensivspiel gegen tief stehende Gegner denken. Zuletzt parkten Dortmunds Gegner vermehrt das Gebiet rund um ihren eigenen Strafraum zu und der BVB hatte dann Probleme, Tiefgang und Tempo ins Spiel im vorderen Drittel zu bekommen.
Ob dies bereits nach drei Tagen Training klappt, wird sich am Montag zeigen. Dann misst sich die Borussia mit Fortuna Düsseldorf - dem einzigen Verein, dem es in der Bundesliga gelang, den BVB zu besiegen. Und zwar mit der Zuparken-und-kontern-Taktik.