BVB-Trainingslager in Marbella: Weder planmäßig, noch besorgniserregend

Jochen Tittmar
11. Januar 201912:50
Der BVB geht als Herbstmeister in die Rückrunde der Bundesliga.imago
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Mit einem Testspiel gegen Feyenoord Rotterdam (17 Uhr live auf DAZN) endet für Borussia Dortmund das Winter-Trainingslager in Marbella. Am Samstag geht es für den BVB zurück nach Deutschland. SPOX und Goal war in Spanien mit dabei und zieht ein Fazit.

Die Personallage

Eigentlich war der Plan, mit der vollen Kapelle nach Marbella zu reisen und dann das zu tun, was BVB-Trainer Lucien Favre gebetsmühlenartig als "das Wichtigste für uns" bezeichnet: zu trainieren.

Das tat man dann auf dem schnieken Trainingsplatz Dama de Noche auch, doch bereits vor dem Abflug verkündeten die Borussen die erste Hiobsbotschaft: Innenverteidiger Manuel Akanji laboriert erneut an Hüftproblemen, die ihn bereits im vergangenen Jahr mehrere Wochen ausgebremst hatten.

Der Schweizer begab sich in seine Heimat, um dort bei verschiedenen Ärzten nach der Ursache für seinen Ausfall zu suchen - bislang ohne Ergebnis, was sich aber in den nächsten Tagen ändern soll. Den Rückrundenauftakt am 19. Januar bei RB Leipzig kann Akanji definitiv abhaken - und es wäre nicht überraschend, würde die finale Diagnose einen längerfristigen Ausfall nach sich ziehen.

Auch Akanjis Verteidigerkollegen Abdou Diallo (Zerrung) und Dan-Axel Zagadou (Fußprellung), die beide am Ende der Hinrunde passen mussten, konnten nicht auf Anhieb voll trainieren. Ob ihm diese Situation Sorgen mache, wurde Favre nach dem 3:2-Testspielsieg gegen Düsseldorf gefragt und der Trainer antwortete wie gewohnt wortkarg und banal: "Ja, natürlich. Wir hoffen, dass sie so schnell wie möglich wieder zurück sind."

Und so kam es dann auch, die beiden Franzosen stiegen nach und nach wieder ins Mannschaftstraining ein. Prognose: Sie werden in Leipzig die Innenverteidigung bilden.

Teile des Mannschaftstrainings verpassten zudem Paco Alcacer (Aufbautraining nach Muskelfaserriss), Mahmoud Dahoud (Erkältung), Jacob Bruun Larsen (Innenbanddehnung im Knie), Roman Bürki (muskuläre Probleme im Oberschenkel) und Thomas Delaney (Wadenprobleme).

Sie arbeiteten teils individuell im Fitnesszelt neben dem Platz und steigerten sich sukzessive. Bei Torjäger Alcacer dürfte es mit einem Startelfeinsatz in Leipzig jedoch eng werden. Seinen Fitness-Rückstand konnte er in seinem Heimatland jedenfalls nicht verkürzen.

"Ich muss aktuell noch ein bisschen langsamer machen, habe aber keinen Rückschlag oder Ähnliches erlitten. Wenn man wie ich ein bisschen Probleme hatte, muss man vorsichtiger sein, damit es nicht schlimmer wird", sagte der Spanier.

Etwas rätselhafter ging es bei Marco Reus zu. Der BVB-Kapitän verpasste aufgrund von Magenproblemen fast die Hälfte aller Einheiten. Ähnlich erging es den Dortmundern bereits im Vorjahr in Marbella, damals grassierte ein Magen-Darm-Infekt und legte mehrere Spieler lahm. Spätestens kommende Woche sollte Reus das Training allerdings wieder aufnehmen können.

Die Zeit an der Costa del Sol lief für Dortmund somit zwar nicht wie gewünscht, aber auch nicht. Denn: Noch drei volle Wochen stehen Favre und Co. zur Verfügung, ehe die englischen Wochen wieder beginnen.

Die Trainingsschwerpunkte

Favre hatte im vergangenen Jahr angekündigt, für die Rückrunde mindestens ein neues System einstudieren zu wollen. Im ersten halben Jahr seiner Amtszeit kristallisierte sich nach dem anfänglichen 4-3-3 das 4-2-3-1 als Dortmunds präferierte Anordnung heraus.

Der Coach dachte nun vor allem an ein System mit Dreier-/Fünferkette, doch dazu braucht es ausreichend Innenverteidiger - und die standen eben nicht zur Verfügung. Stattdessen musste Favre beim Test gegen die Fortuna wie schon im letzten Hinrundenspiel gegen Gladbach auf Julian Weigl zurückgreifen und stellte ihm U23-Youngster Amos Pieper zur Seite.

Und so setzte Favre dann vor allem auf das Spiel in engen Räumen. Aus gutem Grund, denn die Gegner des BVB hatten sich im Laufe der Hinrunde immer mehr auf Dortmunds Spielweise eingestellt, bisweilen sehr defensiv agiert und dem Offensivspiel damit Tempo und Tiefgang genommen.

Da schwer davon auszugehen ist, dass viele Gegner in der Bundesliga auch 2019 dieses Rezept anwenden werden, um gegen die Schwarzgelben etwas zu holen, lag darauf der größte Schwerpunkt in den Tagen in Marbella. Dies bestätigten auch die Spieler in den täglichen Gesprächsrunden.

"Es ist ein großes Thema für uns, auf die veränderten Herangehensweisen unserer Gegner zu reagieren", sagte Delaney. "Wir spüren, dass sich etwas verändert hat. Damit wir auch gegen diese Gegner Lösungen finden, müssen wir dazulernen und uns gewisse Dinge auf dem Platz erarbeiten."

Dort sah das so aus: Über- und Unterzahlspiel mit begrenzten Ballkontakten, Spielaufbau und Verlagerungen, direkte Duelle zwischen Abwehr und Angriff (zwei gegen zwei, vier gegen vier), das Ganze mal als große Übung mit dem gesamten Team und teils auf sechs kleine Tore, dann wieder in Kleingruppen - Favre und seine Co-Trainer Manfred Stefes sowie Edin Terzic, die den Großteil der Einheiten anleiteten, variierten die Inhalte mehrfach.

Das Ziel für die Spieler war häufig dasselbe, ganz egal, ob mit oder ohne Torabschluss trainiert wurde: aus engen Räumen mit wenigen Kontakten schnelle Lösungen zu finden und das Auge für den freien Raum zu schulen.

Die Mannschaft zog diszipliniert mit und legte großes Engagement an den Tag, doch auch der Spaß und die Lockerheit blieben nicht auf der Strecke. Nach einer Übung mussten die Unterlegenen die Gewinner zu deren Belustigung Huckepack durch Slalomstangen tragen.

Die Youngster

Der BVB komplettierte seinen Kader mit drei Spielern aus den U-Mannschaften: Neben Innenverteidiger Pieper aus der zweiten Mannschaft, der im Sommer auch schon auf der USA-Reise mit dabei gewesen war, absolvierten auch dessen U23-Teamkollege Julian Schwermann sowie U19-Talent Tobias Raschl das Trainingslager.

Pieper rutschte aufgrund des Innenverteidiger-Engpasses bereits am 17. Spieltag in den BVB-Kader, in Marbella nahm er nun den nach Akanjis Ausfall frei gewordenen Platz ein. Der 20-Jährige kam gegen die Fortuna auch eine Halbzeit lang zum Einsatz und verhinderte unmittelbar nach dem Düsseldorfer Führungstor im letzten Augenblick einen weiteren Treffer, als er einen Torschuss von Oliver Fink rechtzeitig abgrätschte.

Mittelfeldspieler Schwermann durfte erstmals bei den Profis mittun. Erst vor einem halben Jahr wurde er in die zweite Mannschaft hochgezogen, glänzte dort in der Vorbereitung und kam in der Regionalliga West direkt auf 16 Einsätze (drei Tore). Die Nominierung des 19-Jährigen für Marbella ist somit durchaus beachtenswert. 27 Spielminuten bekam Schwermann, der im Dezember einen neuen Vertrag bis 2020 unterschrieben hatte, gegen Düsseldorf von Favre geschenkt.

Eingewechselt wurde er für Raschl, mit 18 Jahren einen guten Monat jünger als Jadon Sancho und somit der Hahn im Korb. Raschl spielt im Alltagsbetrieb für die A-Junioren in der Bundesliga West. Der defensive Mittelfeldakteur hatte 2018 mit zwei Verletzungen zu kämpfen: Zu Jahresbeginn zog er sich einen Innenbandriss im Knie zu, Mitte November musste er dann wegen eines Außenbandanrisses im Sprunggelenk pausieren.

Raschl stand gegen Düsseldorf in der Startelf und kam zusammen mit Weigl auf die meisten Minuten (63). Zwar kamen die Rheinländer nach einem Ballverlust von ihm zu einer guten Gelegenheit, doch in Ansätzen blitzten bei Raschl jene Eigenschaften auf, für die er auch als Leistungsträger in der U19 bekannt ist (18 Pflichtspiele, fünf Scorerpunkte): Raschl besitzt eine gute Technik, eine noch bessere Übersicht und bringt viel Spielverständnis mit.

Kein Wunder, dass Borussia Mönchengladbach erneut auf ihn aufmerksam wurde. Dort spielte Raschl bereits zwischen 2011 und 2013. Der Youngster ist zudem gut mit dem Sohn von Gladbachs Sportdirektor Max Eberl befreundet.

"Sie bringen sich gut ein", sagte der gestandene Profi Marcel Schmelzer zu den Trainingsleistungen des Trios. "Es ist immer wieder erstaunlich, wie die jungen Spieler mittlerweile ihr Ding durchziehen - eigentlich genauso, wie sie es in der Jugend gemacht haben. Sie haben eine Riesenqualität, da ist kein großer Leistungsunterschied zu bemerken."