Spanien und Chile stehen im Achtelfinale der WM 2010. Der Europameister besiegte die Südamerikaner mir 2:1 (2:0) und trifft als Sieger der Gruppe H auf Portugal.
David Villa (24.) und Andres Iniesta (37.) erzielten vor 41.958 Zuschauern in Pretoria die Tore für die Mannschaft von Tainer Vicente de Bosque. Rodrigo Millar traf für Chile (47.). Chile spielt im Achtelfinale gegen Brasilien.
Nachbetrachtung:
Sie haben es doch geschafft: Im Gegensatz zu Frankreich und Italien konnte Spanien ein Desaster in der Vorrunde vermeiden. Doch auch nach dem dritten Spiel ist nicht klar, was der Europameister in Südafrika drauf hat. Einer epischen, aber nutzlosen Ballbesitzorgie gegen die Schweiz folgte ein wenig überzeugendes 2:0 gegen Honduras und ein knapper Sieg gegen zehn Chilenen.
Spanien hat überdurchschnittliche Fähigkeiten, bis jetzt bleiben diese aber größtenteils verborgen. Die Furia Roja spielt bei weitem nicht so brillant wie während der EM 2008, aber noch ist sie im Turnier und hat enormes Steigerungspotential. Hervorzuheben sind Pique, Xabi Alonso und Villa. Ein Faustpfand der Spanier: Kein einziger Spieler geht gelb-vorbelastet in die K.o.-Runde.
Das sieht bei den Chilenen anders aus. Gegen Brasilien muss Trainer Bielsa die Innenverteidigung umbauen. Ponce und Medel kassierten die zweite Gelbe Karte. Immerhin kehrt Kapitän Carmona zurück. Chile muss im Achtelfinale gemäßigter zur Sache gehen. Zehn Gelbe und eine Gelb-Rote Karte stehen nach der Vorrunde zu Buche.
Die Mannschaft wird ihren erfrischenden Stil beibehalten. Ein Vabanque-Spiel, wenn es gegen abgezockte Brasilianer geht. In der Qualifikation für Südafrika gab es gegen den fünfmaligen Weltmeister in zwei Spielen sieben Gegentore (2:4 und 0:3).
Reaktionen:
Marcelo Bielsa (Trainer Chile): "Eine Qualifikation mit einer Niederlage ruft immer unterschiedliche Gefühlslagen hervor. Spanien hat in der ersten Halbzeit den Ball sehr gut zirkulieren lassen. Wir kamen erst in der zweiten Halbzeit besser zur Geltung, aber es reichte leider nicht mehr zum Ausgleich."
Vicente Del Bosque (Trainer Spanien): "Wir wussten, dass es kein einfaches Spiel werden würde. Zur Halbzeit dachte ich, wir hätten das Spiel unter Kontrolle. Aber es kam anders. Das Spiel gegen Portugal wird sehr schwierig. Wir haben uns aber stabilisiert. Es gibt eine Menge Druck, wir wissen, was in Spanien erwartet wird. Wir wollen das Maximum erreichen."
David Villa (Spanien): "Es war schwierig für uns. Wir sind glücklich, dass wir es geschafft haben und im Achtelfinale sind. Ich kann das mit dem Favoriten nicht mehr hören. Portugal und Spanien sind zwei starke Mannschaften. Mal sehen, was passiert."
Der SPOX-Spielfilm:
Vor dem Anpfiff: Chile muss auf den gesperrten Carmona und Fernandez verzichten. Valdivia und Estrada spielen dafür im Mittelfeld. Der gegen die Schweiz schwache Suazo muss Gonzalez im Sturmzentrum weichen.
Spanien mit einer Änderung: Iniesta ersetzt Navas auf dem rechten Flügel.
10.: Beausejour lässt 20 Meter vor dem Tor schön für Valdivia durch und startet dann rechts in den Strafraum. Er kriegt den Ball und legt sofort quer zum heranstürmenden Gonzalez. Der trifft die Kugel zwar nicht richtig und es gibt Abstoß. Aber da sah die spanische Abwehr schon mal alt aus.
24., 0:1, Villa: Aus heiterem Himmel! Capdevila schlägt einen langen Ball in den Lauf von Torres auf der linken Außenbahn. Bravo kommt aus dem Tor und grätscht die Kugel weg, aber nicht ins Aus, sondern ins Feld. Und dort kommt Villa angestürmt. Aus 43 Metern nimmt er den heranhoppelnden Ball mit links direkt und trifft mitten ins leere Tor. Saubere Technik, schönes Ding, aber völlig unnötig für Chile.
37., 0:2, Iniesta: Doppelpass von Iniesta und Torres, dann geht es nach links zu Villa und der legt zurück zu Iniesta an die Strafraumgrenze. Der Mittelfeldspieler nimmt die rechte Innenseite und schiebt unten rechts ein. Das war Spanien!
37.: Gelb-Rot für Estrada! Nach dem Doppelpass von Iniesta und Torres hat er den spanischen Stürmer leicht am Fuß touchiert. Ein völlig unabsichtlicher "Gehfehler", den der Schiedsrichter mit Gelb bestraft.
47., 1:2, Millar: Der gerade eingewechselte Mittelfeldmann bekommt den Ball 18 Meter vor dem Tor zentral und wird nicht angegriffen. Er legt sich die Kugel auf den rechten Fuß und schießt - Pique fälscht ab und so segelt die Kugel über Casillas unhaltbar ins Tor.
Fazit: Spanien reichen 20 starke Minuten, um sich Chile vom Leib zu halten. Die Südamerikaner dürfen sich bei Honduras bedanken.
Der Star des Spiels: Xabi Alonso (SPOX-Note 2). Musste in der ersten Halbzeit viel Defensivarbeit übernehmen und half mitunter als fünfter Abwehrspieler aus. Alonso köpfte jede Flanke, jede Ecke der Chilenen aus der Gefahrenzone, überzeugte mit aggressivem, aber fairen Zweikampfverhalten und schleppte Bälle für Xavi. Kurz vor der Pause wurde Alonso übel am rechten Fuß getroffen, biss aber auf die Zähne und hielt bis zur 74. Minute durch.
Für die SPOX-User war David Villa Man of the Match
Die Gurke des Spiels: Marco Estrada (SPOX-Note 6). Weil der in den ersten beiden Spielen überzeugende Mittelfeldmotor Carmona eine Gelbsperre absitzen musste, kam Estrada überhaupt erst in die Mannschaft. Sein Auftritt dauerte nur 37 Minuten. Völlig überdreht grätschte Estrada nach allem, was sich auf dem Platz bewegte. Meistens traf er spanische Beine. Der 27-Jährige hätte nach zwei fiesen Tritten im Niemandsland schon nach 25 Minuten vom Platz gehört. Er erwies seinem Team einen Bärendienst, wenngleich er die zweite Gelbe Karte nach einem harmlosen Zweikampf mit Torres bekam.
Die Pfeife des Spiels: Marco Rodriguez aus Mexiko. Der wegen seiner streng nach hinten gegelten Haarpracht "Klein-Dracula" genannte Schiedsrichter machte einige Fehler. Vidal foulte Torres im Strafraum elfmeterwürdig. Der Pfiff blieb aus. Ponce hätte nach zwei heftigen Fouls in der ersten Halbzeit Rot sehen müssen. Estrada kam erst glimpflich davon, um dann für "nichts" die Zweite Gelbe Karte zu bekommen.
Analyse: Gegen Honduras und die Schweiz triumphierte Chile mit überfallartigem Angriffsfußball. Auch gegen Spanien ließ Coach Bielsa seine Spieler stürmen. Selbe Taktik, selber Plan: extrem aggressives Spiel gegen den Ball. Chile attackierte Spanien in den ersten 20 Minuten mit teilweise sieben Mann in deren Hälfte.
Damit kam der Europameister überhaupt nicht zurecht. Viele Bälle wurden lang auf Torres geschlagen, ein eigentlich verpöntes Mittel im spanischen Fußball. Wenn Torres den Ball mal verarbeiten konnte, rückten die Spanier viel zu langsam nach. Ein bizarrer Fehler von Torhüter Bravo und ein Geistesblitz von Villa brachte die Furia Roja aus dem Nichts in Führung.
Chile blieb auch nach dem Rückstand seiner Linie treu - und rannte ins Verderben. Mit vielen unnötigen, überharten Fouls brachten sich die Südamerikaner aus dem Rhythmus. Nach Estrada hätte auch Ponce die Rote Karte sehen müssen. Chile lebt von seiner enormen Laufbereitschaft und Aggressivität, aber den Kopf sollte man dabei nicht verlieren.
Spanien muss sich den Vorwurf gefallen lassen, eine sichere Führung gegen zehn Chilenen aufs Spiel gesetzt zu haben. Erst durch die Einwechslung von Fabregas und der Systemumstellung von 4-3-3 auf 4-2-3-1 bekam der Europameister die Kontrolle über das Spiel. Den Chilenen schwanden die Kräfte. In der Endphase ging es in erster Linie darum, kein weiteres Gegentor zu bekommen und auf Honduras im Parallelspiel gegen die Schweiz zu hoffen.
Dieses Vorhaben ging auf. Chile und Spanien stehen im Achtelfinale. Es geht gegen Brasilien bzw. Portugal.
Chile - Spanien: Daten und Fakten