Die City Football Group hat inzwischen Vereine auf fünf Kontinenten unter ihren Fittichen. Das Aushängeschild in Manchester mit Trainer Pep Guardiola nutzt das unternehmensinterne Transfersystem beinahe schon in Perfektion, denn besonders die Beziehung zur Schwester in Melbourne macht Vergleiche zum Red-Bull-Modell unvermeidbar.
Chalifa bin Zayid Al Nahyan und seine Familie sind das, was der Normalverdiener hierzulande als wohlhabend bezeichnet, vielleicht auch ein bisschen mehr als das. Etwa 60-mal so viel wie Roman Abramovich haben der Präsident und die Herrscherfamilie Abu Dhabis auf ihrem Konto.
Ein winziger Bruchteil davon, etwa 120 Millionen Euro, flossen 2003 in die per Regierungserlass gegründete Fluggesellschaft Etihad Airways, die heute mehr als zehn Milliarden Euro pro Jahr umsetzt und den teuersten Flug der Welt von New York nach Mumbai anbietet. Für umgerechnet 34.000 Euro können Passagiere in "The Residence" während des 19-Stunden-Fluges auf goldenem Porzellan dinieren. Oder ihr Geld woanders sinnvoll investieren.
Chalifas Bruder Mansour bin Zayed Al Nahyan, eines von insgesamt 18 Geschwistern, sammelt als Minister für Präsidentschaftsangelegenheiten und Vorstandsvorsitzender der First Gulf Bank etliche Flugmeilen. Die meisten dafür verwendet er für sein Hobby Manchester City, das vor neun Jahren über Nacht zum reichsten Verein der Welt wurde und inzwischen als Flaggschiff eines Imperiums dient.
2008 übernahm Scheich Mansour den Premier-League-Klub als Gründer der gerade formierten Abu Dhabi United Group für geschätzte 185 Millionen Euro von Thaksin Shinawatra, dem ehemaligen Premierminister Thailands. Der hatte nach einem Jahr den Spaß verloren, war aber ohnehin zu sehr mit seinem eigenen Ruf beschäftigt.
Citys Milliarden-Transfers und Obama auf Kurzwahl
Unter der Leitung des Scheichs, der in den USA Politikwissenschaften studierte und Gerüchten zufolge Ex-US-Präsident Barack Obama auf Kurzwahl gespeichert hat, nahm City einen bekanntermaßen rasanten Anstieg und krönte sich zweimal zum Meister. Ein nicht unwesentlicher Betrag von 1,3 Milliarden Euro floss zwischen dem Sommer 2008 und 2017 in den Kader, 255 Zugängen stehen 245 Abgänge und ein Saldo von 953 Millionen Euro gegenüber.
Für Citys Eigentümer tatsächlich kein großer Krater im Geldbeutel, denn der heute 46-Jährige legte sein Hauptaugenmerk neben den Transferausgaben auf die Infrastruktur des Vereinsgeländes und investierte weiter großzügig.
Hauptsponsor Eithad Airways, ein kleines Spielzeug von Mansours Familie, sicherte sich die Namensrechte für den neuen Campus, der noch immer erweitert wird. Im Gegenzug wurde der Vertrag mit ManCity um zehn Jahre verlängert und das Etihad Stadium großflächig ausgebaut.
Die Marke "Manchester City" expandiert
2012 gesellte sich nach der City Football Academy auch die Frauen-Abteilung der Skyblues dazu, die die ersten vier Jahre nach der Übernahme des Scheichs noch ihr eigenes Ding durchzog. Aus den Manchester City Ladies wurde im Zuge des Rebranding der Manchester City Women's Football Club.
Der erste Wink auf eine baldige Expansion der größer werdenden "Marke" City war noch nicht wirklich erkennbar, immerhin blieb es bis dato beim wöchentlichen First-Class-Flug von Abu Dhabi nach Manchester mit gelegentlichen Stopps in Singapur und London, Niederlassungen der Fist Gulf Bank.
Dann schaltete sich MLS-Comissioner Don Garber ein, der von der emporkommenden Sonne im regnerischen Manchester erfuhr und sich mal vorsichtig an City-CEO Ferran Soriano herantastete. Das Duo kannte sich schon seit Sorianos Tätigkeiten als Vizepräsident des FC Barcelona, als der damalige Versuch, eine MLS-Franchise in Miami zu installieren, krachend gescheitert war.
New York und der Anfang der City Football Group
Diesmal konnte Garber Soriano überzeugen. In Kooperation mit den New York Yankees gründete Manchester City die 20. Franchise der US-Liga. Der New York City Football Club wurde 2013 offiziell vorgestellt und sollte 2015 erstmals an den Start gehen. Die Vereinsfarben gestalteten sich selbstverständlich himmelblau, als Ausrüster stieg Nike ein und Hauptsponsor Etihad übernahm die zu keiner Zeit vakante Stelle auf der vorderen Trikotseite.
Als erster Mitarbeiter des NYCFC kümmerte sich Claudio Reyna, ehemaliger City-, MLS- und US-Nationalspieler, als Sportdirektor um die Zusammenstellung eines Kaders und zog mit Jason Kreis einen jungen Trainer an Land, dessen Dienste nach einer enttäuschenden ersten Spielzeit nicht weiter gefragt waren.
Als Nachfolger wurde Patrick Viera aus der Jugendakademie in Manchester nach New York verfrachtet, um das mit Weltstars wie David Villa, Frank Lampard und Andrea Pirlo aufpolierte Team möglichst schnell zum ersten MLS-Cup-Triumph zu führen.
Die nun multikontinentale Marke "City" erlangte mehr und mehr Aufmerksamkeit und Mansour selbst strebte nach mehr. 2014 gründete er deshalb die City Football Group, eine Holding-Gesellschaft der Abu Dhabi United Group, an der sich im selben Atemzug mit China Media Capital und CITIC Capital zwei chinesische Unternehmen für 300 Millionen Euro mit insgesamt 13 % beteiligten.
Ein globales Netzwerk sollte kreiert werden, um die Kommunikation zwischen den einzelnen Filialen zu verbessern. Geplant war da längst die Übernahme des australischen Fußballklubs Melbourne Heart.
Melbourne und das Villa-Lampard-Dilemma
Vonstatten ging diese im Frühjahr 2014 für umgerechnet 7,5 Millionen Euro und zunächst 80 Prozent des Klubs. Teamname, Wappen und Farben wurden wie üblich umgestaltet. Der Melbourne City Football Club streifte sich zum Ligastart ein hellblaues Gewand mit einer arabischen Fluggesellschaft auf der Brust über.
Zu diesem Zeitpunkt hielt die City Football Group 100 Prozent Anteile am Manchester City Football Club und jeweils 80 Prozent am New York City und Melbourne City Football Club und war auf drei Kontinenten präsent. Im Big Apple hat Yankee Global Enterprises seine 20 Prozent nach wie vor nicht hergegeben, das wird sich wohl erst ändern, wenn der NYCFC seinen eigenen Fußballtempel errichtet und aus dem Yankee Stadium auszieht. Businessleute des Rugby-Klubs Melbourne Storm gaben im August 2015 klein bei, seitdem gehört der MCFC vollständig der City Football Group.
Von den Vorzügen eines weltweit vernetzten Fußballklubs profitierten alle drei recht schnell. Tim Cahil, das Aushängeschild des australischen Fußballs, kehrte China für Melbourne den Rücken. David Villa schloss sich dem NYCFC an, Frank Lampard ebenso. Beide hatten nur das Problem, dass die Saison in der Major League Soccer erst im März 2015 starten sollte, bis dahin brauchten sie Spielpraxis.
Also wurde die City Football Group (CFG) kreativ und schickte Villa zunächst nach Melbourne, wo er von zehn anvisierten Spielen nur vier absolvierte. Chelsea-Urgestein Lampard durfte gar nochmal Premier-League-Luft atmen und stellte seine Fähigkeiten ausgerechnet gegen die alte Liebe unter Beweis. Später gesellte sich jeder wieder zurück zu seinem eigentlichen Klub.
Yokohama, Montevideo und ein talentierter Venezolaner
In Melbourne errichtete Mansour derweil wie in Manchester eine City Football Academy und ließ sich diese mehr kosten, als die Lizenz für die A-League wert war. Das Nachwuchsteam sowie die Frauenmannschaft wurden aufgefrischt mit Topspielern des Kontinents. Der Melbourne City Women's Football Club zog in seiner Debütsaison ungeschlagen durch die reguläre Spielzeit und ließ sich auch in den Playoffs auf dem Weg zum Titel nicht aufhalten.
Der nächste Halt auf der globalen Reise führte die City Football Group an die östlichen Ränder Japans. Eine Minderheitsbeteiligung am J-League-Team Yokohama F. Marinos diente einerseits der fußballerischen Partnerschaft, andererseits der Sponsorenförderung.
Mit dem Autohersteller Nissan, Namensträger des Stadions in der Hafenstadt und inzwischen auch Ärmelsponsor für Melbourne CFC, wurde ein langfristiger Vertrag abgeschlossen. Im Gegensatz zu den vorherigen Übernahmen sicherte sich die CFG diesmal nur 20% am japanischen Traditionsverein.
Talent Herrera nach New York verliehen
Kompensiert wurde der kleine Rückschlag in diesem April in Uruguay. Die 100-prozentige Übernahme des Zweitligaklubs Atletico Torque mit einem Zuschauerschnitt von 250 Fans wirkte zwar auf den ersten Blick wie ein missglückter PR-Gag, doch die ersten Fußstapfen auf dem nun fünften Kontinent waren der Dosenöffner für kluge Kooperationen.
Wie etwa im Norden Südamerikas. Die Partnerschaft mit Atletico Venezuela beinhaltete planmäßig den Austausch von Scouting- und Coaching-Material, das dem Klub aus Caracas weiterhelfen sollte.
Geholfen hat die Vereinbarung inzwischen allerdings nur der CFG, denn den ersten talentierten Spieler von Atletico lotste die Gruppe per First-Class-Flug direkt nach Manchester, um Yangel Herrera von dort wieder in die andere Richtung zu schicken und nach New York zu verleihen.
City Holding wie Red Bull - nur ruhiger und klüger
Die Scouts in Südamerika schlugen kurz darauf wieder Alarm und rieten zu Torwart Geronimo Rulli aus Maldonado. Über Manchester landete der Argentinier in San Sebastian, wo ihn Real Sociedad nach einer zweijährigen Leihe für sieben Millionen Euro fest verpflichtete. Durch Partnerschaften in Europa und Akademien in Afrika erhofft sich die Holding, die ohnehin schon clever durchgeführten Abläufe in näherer Zukunft zu vervielfachen.
Erinnerungen werden dabei vor allem an das Red-Bull-Modell zwischen Leipzig und Salzburg wach, das sich der Bundesligist in jüngerer Vergangenheit mehrmals zum Vorteil machte. Ähnlich geht es Manchester City, das logischerweise das Flaggschiff von Scheich Mansour ist und das System des Energy-Konzerns nochmal verbessert zu haben scheint.
Das belegt der Wechsel von Aaron Mooy zu Aufsteiger Huddersfield Town. Den australischen Nationalspieler, der beim Confed Cup gegen Deutschland in der Startformation stand, verpflichtete Melbourne City 2014 wenig überraschend ablösefrei von Western Sidney. Wenig überraschend, weil es bei Transfers innerhalb der A-League keine Ablösesummen gibt, um Kosten zu reduzieren und mittels des Salary Caps den Wettbewerb zu fördern.
Manchester City kann das System nicht umgehen
Wer sich vorher also gefragt hat, was die CFG in Australien erreichen will, hat jetzt die Antwort erhalten. Manchester City kann das System einfach umgehen und talentierte Akteure aus dem Oberhaus über die Zwischenstation in Melbourne nach Europa verfrachten - ohne auch nur einen Cent zu bezahlen.
Wie eben Mooy, der im vergangenen Jahr die Etihad-Maschine nach Manchester bestieg und vier Tage später die einstündige Autoreise entlang der M62 nach Huddersfield antrat. Bei den Terriers hinterließ der 26-Jährige einen starken Eindruck und trug in 45 Einsätzen maßgeblichen Anteil am Aufstieg in die Premier League.
Jetzt sind Huddersfield und Trainer David Wagner gewillt, Mooy für eine australische Rekordsumme zwischen 15 und 20 Millionen Euro zu kaufen. Ein Betrag, der die gesamte Investitionssumme in den Melbourne City Football Club mit einem Mal wieder rausholen würde.
Wäre Mooy andererseits nicht eingeschlagen, wäre auch das kein Problem gewesen. Dann nämlich hätte Scheich Mansour den Flieger zurück nach Melbourne bereitgestellt. Bei Luke Brattan beispielsweise war genau das der Fall. Die City Football Group hat die A-League im Grunde zu ihrer hauseigenen Akademie gemacht.
City Football Group will noch mehr Teams
Und sie ist noch immer nicht satt. Geplant ist ein Team, eine Filiale, auf jedem Kontinent. Das wiederholt Khaldoon Al Mubarak, Vorstandsvorsitzender der CFG, mehrfach: "Wenn die Gelegenheit sich bietet - und danach halten wir Ausschau - kann man erwarten, dass wir genauso viele Klubs zu unserer Gesellschaft hinzufügen, wie wir aktuell schon besitzen."
Spekuliert wurde bereits über Mannschaften in Indien oder China, gerade auch wegen der chinesischen Teilhaber. John Comitis, Eigentümer des Cape Town City FC in Südafrika, soll die City Football Group außerdem um eine Investition gebeten haben. Comitis war schon zuständig für die beständige Zusammenarbeit zwischen Ajax Amsterdam und Ajax Cape Town.
Auch Beteiligungen an der AS Saint-Etienne in Frankreich oder Boavista Porto und Estoril Praia in Portugal standen im Raum, die UEFA-Regularien machen etwaige Unterfangen aber faktisch zunichte. Zwei Investments innerhalb Europas sind bis dato noch untersagt. Dorthin wären die First-Class-Flüge aber auch fast nicht von Nöten.
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