Der ehemalige Frankfurter Gelson Fernandes (34) und der Mainzer Edimilson Fernandes (24) sind Teil des womöglich größten Fußball-Clans der Welt. Die Geschichte von sechs mehr oder weniger eng verwandten Männern mit kapverdischen Wurzeln, die Fußball-Europa eroberten.
"Alle in der Familie lieben den Fußball", sagt Edimilson Fernandes vom FSV Mainz 05 im Gespräch mit SPOX und Goal und lächelt. Anders wäre diese schon ein kleines bisschen verrückte Geschichte ja auch gar nicht möglich: Mit Edimilson, Gelson Fernandes, Manuel Fernandes, Cabral, Elton Monteiro und Ulisses Garcia verdienen oder verdienten schließlich insgesamt sechs mehr oder weniger eng verwandte Männer dieser Großfamilie ihr Geld als Profifußballer.
Die Wurzeln des Clans liegen auf den Kap Verden, dieser kleinen Inselgruppe im atlantischen Ozean vor der Küste Mauretaniens mit seinen rund 550.000 Einwohnern. Die Wege der sechs Männer zu europäischen Profiklubs waren aber reichlich unterschiedlich.
Gelsons Vater: Vom illegalen Immigranten zu Sions Platzwart
Edimilson kam im Schweizer Sion zur Welt, wohin seine Eltern einst ausgewandert waren - gemeinsam mit dem Vater seines Cousins Gelson. Eine wilde Reise, wie Gelson, der bis zu seinem Karriereende in diesem Sommer für Eintracht Frankfurt gespielt hatte, in einem Interview mit dem Blick erzählte: "Mein Vater flog nach Portugal. Später reiste er mit dem Bus und ohne Papiere weiter in die Schweiz. Als illegaler Immigrant. Er arbeitete in Sion für einen Bauer, hat die Kühe gemolken."
Gelson wuchs unterdessen in ärmlichen Verhältnissen und ohne fließendes Wasser mit seiner Mutter auf den Kap Verden auf, bis ihn sein Vater im Alter von vier Jahren in die Schweiz holte. Gegen seinen Willen. "Als der Flug anstand, versteckte ich mich hinter Zuckerrohren bei der Oase, wo wir Wasser holen und zum Haus tragen mussten", erinnerte sich Gelson.
Letztlich musste er doch fliegen und landete am Flughafen in Paris, wo ihn sein Vater, den er zuvor noch nie gesehen hatte, abholte und nach Sion brachte. Beim Einleben im fremden Land half ihm vor allem eines: Der Fußball. Gelson begann in der Jugendabteilung des FC Sion zu spielen, im Sommer 2004 unterschrieb er seinen ersten Profivertrag. Zeitgleich bekam sein Vater einen neuen Job: Er wurde Platzwart beim Klub.
Gelson ist Edimilsons Cousin, "Bruder" und Berater
Bald begann auch der acht Jahre jüngere Edimilson in Sions Jugendabteilung zu spielen. "Gelsons Vater hat mich immer zum Training mitgenommen", erinnert er sich. Durchaus praktisch, so ein Onkel als Platzwart. Gelson war zu diesem Zeitpunkt bereits Schweizer Nationalspieler und als solcher in die weite Fußball-Welt gezogen: Er spielte zeitweise in England bei Manchester City und in Frankreich bei AS Saint-Etienne, in Italien bei Udinese Calcio und in Portugal bei Sporting Lissabon - ehe er 2013 für ein halbes Jahr nach Sion zurückkehrte.
Edimilson hatte sich dort unterdessen in die U21 hochgekämpft. Nach den Trainingseinheiten verbrachte er damals viel Zeit mit seinem älteren Cousin, der eigentlich viel mehr für ihn ist als ein Cousin. "Wir sind wie Brüder", sagt Edimilson, der seit 2019 in Mainz unter Vertrag steht und wie Gelson am liebsten im zentralen Mittelfeld spielt. "Gelson und ich stehen täglich in Kontakt. Er ist auch so etwas wie mein Berater: Wenn jemand mit einer Anfrage an mich herantritt, ist er der erste Ansprechpartner. Seit seinem Karriereende hat er noch mehr Zeit für mich."
Manuel Fernandes: Straßenfußball mit Kindheitsfreund Nani
34 Jahre ist Gelson mittlerweile alt und damit nach dem ebenfalls 34-jährigen Manuel Fernandes das zweitälteste Mitglied des Fußball-Clans. Dessen Eltern waren vor seiner Geburt von den Kap Verden in die portugiesische Hauptstadt Lissabon ausgewandert, wo er im sozial schwachen Vorort Amadora aufwuchs.
Wenn Manuel Fernandes gerade nicht für die Jugendmannschaften von Benfica Lissabon spielte, dann spielte er auf der Straße mit seinem Kindheitsfreund Nani. "Damals konnten wir nur davon träumen, irgendwann gemeinsam im Nationalteam zu spielen", erzählte Nani später. "Dass wir es beide geschafft haben, ist eine unvorstellbare Sache."
Wie sie sich einst auf der Straße die Bälle zupassten, passten sie sich später im portugiesischen Nationaltrikot zu. Flügelstürmer Nani stieg zum Star auf und wechselte zu Manchester United, doch auch für den Mittelfeldspieler Manuel Fernandes reichte es zu insgesamt 15 Länderspielen. Seine Fußball-Reise führte ihn quer über den Kontinent: Von Lissabon über Umwege zum russischen FK Krasnodar und zuletzt in die Türkei zu Kayserispor.
Cabral und Elton Monteiro: Die Lausanne-Connection
Aktuell ohne Klub ist dagegen sein 31-jähriger Cousin Cabral. Er wurde in der kapverdischen Hauptstadt Praia geboren, übersiedelte aber bald in die Schweiz. In Lausanne, unweit von Sion gelegen, wurde Cabral zum Profi, später holte er als zentraler Mittelfeldspieler mit dem FC Basel fünf Meistertitel und drei nationale Pokale und kehrte nach einigen weiteren Stationen zum FC Lausanne-Sport zurück.
Dort spielte er in der vergangenen Saison gemeinsam mit Gelsons Cousin Elton Monteiro. Innenverteidiger, 26 Jahre alt. Geboren in Sion lernte auch Elton Monteiro das Fußballspielen auf Rasenflächen, die Gelsons Vater als Platzwart pflegte. Mit Lausanne stieg er in der vergangenen Saison in die erstklassige Super League auf, wo nun Duelle mit dem sechsten Clan-Mitglied warten: dem 24-jährigen Linksverteidiger Ulisses Garcia von den Young Boys Bern.
Gelson, Edimilson und Ulisses Garcia im Schweiz-Kader
Wie Manuel Fernandes wurde auch er in einem Lissabonner Vorort geboren, als er drei war, übersiedelte seine Familie aber in die Schweiz. Ulisses Garcia durchlief die Jugendabteilung des Grasshopper Club Zürich, später spielte er in Deutschland bei Werder Bremen und dem 1. FC Nürnberg, ehe er zu den Young Boys wechselte.
Als Ulisses Garcia 2017 zum bisher einzigen Mal in die Schweizer Nationalmannschaft berufen wurde, standen auch Edimilson und Gelson im Kader. Rege ist sein Austausch seit jeher vor allem mit Gelson. "Von ihm lerne ich viel, sowohl als Fußballer, aber auch im Leben neben dem Platz", erzählte Ulisses Garcia mal. "Wir unterhalten uns oft auch über Dinge, die nicht unmittelbar mit dem Sport zu tun haben, zum Beispiel darüber, was man in seiner Freizeit Sinnvolles tun könnte."
Gelson ist so etwas wie das Zentrum des Clans, aber auch die anderen fünf stehen in regelmäßigem Austausch. "Mit meinen Cousins zweiten Grades Manuel Fernandes und Cabral sowie mit Gelsons Cousins Elton Monteiro und Ulisses Garcia kommuniziere ich viel über die sozialen Netzwerke", berichtet Edimilson. Sie alle sind in den Wohnorten quer über Europa getrennt, im Blut und den Wurzeln auf den Kap Verden aber vereint.
Die Mitglieder des Fußball-Clans
Name | Alter | Position | Aktueller Klub |
Gelson Fernandes | 33 | Mittelfeld | Karriereende (zuletzt Eintracht Frankfurt) |
Edimilson Fernandes | 24 | Mittelfeld | FSV Mainz 05 |
Manuel Fernandes | 34 | Mittelfeld | Kayserispor |
Cabral | 31 | Mittelfeld | vereinslos (zuletzt FC Lausanne-Sport) |
Elton Monteiro | 26 | Verteidigung | FC Lausanne-Sport |
Ulisses Garcia | 24 | Verteidigung | Young Boys Bern |
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