Erling Haaland wechselt vom BVB zu Manchester City: Der Transfer aus drei Perspektiven

Tim Ursinus
10. Mai 202222:59
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Die größte Transfer-Saga dieser Saison ist beendet: Erling Haaland verlässt den BVB und wechselt im Sommer zu Manchester City. SPOX beleuchtet den Transfer aus drei Perspektiven.

Erling Haaland: Der Transfer aus der Perspektive des Spielers

Nach einem Jahr bei RB Salzburg und rund zweieinhalb Jahren bei Borussia Dortmund geht die Karriere von Erling Haaland kometenhaft weiter - nicht nur finanziell, sondern vor allem sportlich. Der Norweger hat mit Manchester City den endgültigen Schritt zu einem europäischen Top-Klub geschafft, mit dem er auch große Titel gewinnen kann - der DFB-Pokal (2021) und die österreichische Meisterschaft (2019) in allen Ehren.

Nach monatelangen Spekulationen um seine Zukunft hat Haaland die aus seiner Sicht sowohl logischste als auch beste Entscheidung getroffen. Mit seinen körperlichen Voraussetzungen passt der 21-Jährige perfekt in die Premier League. Spätestens nach seiner Ankunft beim BVB weiß die ganze Fußballwelt von seiner Durchschlagskraft, seinem Tempo und der unfassbaren Torgefahr (85 Tore in 88 BVB-Pflichtspielen) Bescheid. Zumal ein anderer Verein in diesen Sphären schlichtweg keinen Sinn für Haaland ergeben hätte.

Auf der Insel wären ansonsten nur noch der FC Chelsea und Manchester United ernsthaft in Frage kommen. Die Blues müssten allerdings erstmal ordentlich Platz für Haaland schaffen. Für Romelu Lukaku, der bislang einen der wohl größten Transferflops der jüngeren Vereinsgeschichte darstellt, hätte zuerst ein Abnehmer gefunden werden müssen, der die im vergangenen Sommer investierten 113 Millionen Euro zumindest im Ansatz zurückzahlt.

Die Übernahme der Klubführung zögert sich außerdem weiterhin heraus, noch gibt es keine Planungssicherheit. Bei den Red Devils wäre es hingegen eine schöne Geschichte gewesen, den kriselnden Traditionsverein wieder zurück an die Spitze zu führen. Haaland allein würde aber - wenn überhaupt - nur eine von vielen Baustellen schließen. Bei City kommt er dem Ziel, in der Weltspitze erfolgreich zu sein, deutlich schneller näher. Des weiteren muss er bei Uniteds Stadtrivalen kein Jahr in der Europa League verschwenden.

Erling Haaland geht künftig für Manchester City auf Torejagd.getty

Erling Haaland: Entscheidung gegen Real Madrid goldrichtig

Auch die Entscheidung gegen Real Madrid ist zu diesem Zeitpunkt die goldrichtige. Bei den Königlichen, die von jeglichen Gazetten einige Zeit vor City zum Favoriten auf eine Haaland-Verpflichtung ernannt worden sind, hätte er gedroht, in den Massen der Angreifer unterzugehen.

Mit Karim Benzema hat Real den derzeit wohl besten Stürmer in seinen Reihen, Kylian Mbappe soll zudem aus Paris kommen. Mbappe kann zwar auch auf den Außen agieren, aber keine Mannschaft dieser Welt braucht drei Neuner von diesem Kaliber. Haaland hätte dort nicht denselben Stellenwert wie bei City.

Und mit Pep Guardiola trifft er auf einen Trainer, der ihn wie viele andere auch mit großer Sicherheit noch ein Stück besser macht (Stichwort Spielintelligenz). Vielleicht sogar zum Besten der Welt.

Manchester City: Der Transfer aus der Perspektive der Skyblues

Es ist ein offenes Geheimnis, dass Guardiola sich schon in der vergangenen Sommer-Transferperiode nach einem neuen Stürmer gesehnt hat. Die Verpflichtung von Harry Kane zerschlug sich am Veto von Tottenham Hotspur. Die Alternative, Cristiano Ronaldo, entschied sich für eine Rückkehr zum englischen Rekordmeister. Der Spanier ging leer aus und musste sich ein weiteres Jahr ohne einen Torjäger herumschlagen.

Hinzu kam der Abschied von Sergio Agüero, der sich dem FC Barcelona anschloss und kurze Zeit später gezwungen war, seine Karriere aufgrund von Herzproblemen zu beenden. Es blieb nur Gabriel Jesus, der seine Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor in dieser Spielzeit ein weiteres Mal vermissen lässt.

City verfügt zwar über viele herausragende Techniker, ein Spieler mit der Torgefahr eines Haalands fehlt aber. Jesus erzielte in der Premier League in 26 Spielen acht Tore, in der Champions League war er viermal erfolgreich. Den Ansprüchen der Skyblues wird das keineswegs gerecht.

Pep Guardiola hat endlich seinen Stürmer bekommen.getty

Manchester City: Haaland ist fas fehlende Puzzleteil

So wurde es in dieser Spielzeit auch im 14. Anlauf seit der Scheich-Übernahme 2008 nichts mit dem großen Ziel, den Henkelpott zu gewinnen. Nach dem verlorenen CL-Finale im Vorjahr gegen den FC Chelsea war im Halbfinale gegen Real Madrid Schluss.

Einer der Gründe war mal wieder das Gespür für das Momentum - und eben Karim Benzema. Der Franzose traf in beiden Halbfinals dreimal, also nur einmal weniger als Jesus im gesamten Wettbewerb. Besonders im Rückspiel war auffällig, dass es City in den entscheidenden Momenten an Spielern mit dem viel zitierten Torriecher fehlt. Dass Riyad Mahrez, ein Rechtsaußen, mit sieben Treffern die meisten City-Tore in der Königsklasse erzielt hat, spricht Bände.

In der Liga - dort ist übrigens Raheem Sterling mit zwölf Toren bester Schütze - mag es aufgrund der unglaublichen Konstanz von City am Ende sehr wahrscheinlich für die Meisterschaft reichen. In engen Entscheidungen, die es auf dem Weg zu Europas Thron am Ende in der Regel ausschließlich gibt, ganz offensichtlich nicht.

Sollte Haalands Verletzungsanfälligkeit keinen Strich durch die Rechnung machen, könnte sich die wohl letzte Lücke, die den Gewinn der Champions League bislang verhinderte, schließen. Haaland ist das fehlende Puzzleteil. Auf allen anderen Positionen kann Guardiola schon auf absolute Weltklasse setzen - und nun auch in der Sturmspitze.

BVB: Der Transfer aus der Perspektive von Borussia Dortmund

Ja, auf den ersten Blick hat Borussia Dortmund mit dem Abgang von Haaland seinen mit Abstand wichtigsten Offensivspieler verloren. Wieder hat es der größte Konkurrent des FC Bayern München um den Meistertitel nicht geschafft, seinen besten Spieler zu halten.

Allerdings herrscht jetzt endlich Klarheit, den Verantwortlichen um den designierten Sportdirektor Sebastian Kehl bleibt die nötige Zeit, um einen längst ins Visier genommenen Nachfolger auch tatsächlich zu verpflichten. Zudem wird dem BVB ein ähnlicher Verlauf wie bei Ousmane Dembele (2017 zum FC Barcelona), Pierre-Emerick Aubameyang (2018 zum FC Arsenal) oder Jadon Sancho (2021 zu Manchester United) erspart, bei dem die Spieler mehr oder weniger gestreikt haben, um Dortmund zu verlassen.

Mit Karim Adeyemi kommt ein vielversprechendes Stürmer-Talent ins Ruhrgebiet, ersetzen kann er Haaland allein wegen seiner völlig anderen Spielweise freilich nicht. Das kann aber auch kein anderer Spieler, der sich in den für den BVB bezahlbaren Regionen befindet. Von einem 1:1-Ersatz wird daher nie die Rede sein können, darauf sollte und wird Dortmund auch nicht aus sein.

Die durch Haalands Wechsel verlorene Torgefahr muss künftig auf mehrere Schultern verteilt werden. Adeyemi hat in Österreich gezeigt, dass er für eine zweistellige Anzahl an Toren gut ist, wird aber auch Zeit benötigen, um sich an die Bundesliga zu gewöhnen. Donyell Malen, der vor der Saison für 30 Millionen Euro von der PSV Eindhoven gekommen war, blieb diesem Nachweis mit wettbewerbsübergreifend neun Treffern in 38 Spielen noch schuldig. Nur in Ansätzen ließ er seine Klasse im und um den gegnerischen Sechzehner herum aufblitzen.

BVB: Borussia Dortmund kann keinen Weltklasse-Stürmer verpflichten

Es muss also das Ziel des BVB sein, einen Spieler zu verpflichten, der zumindest um die 15 Tore garantiert. Die Verhältnisse haben sich dahingehend ohnehin verschoben. Das zeigt ein einfacher Blick auf die Torjägerlisten der europäischen Top-5-Ligen. Nur Robert Lewandowski erzielte mit seinen 34 Saisontreffern über 30 Tore. Überflieger Benzema kommt in LaLiga beispielsweise auf 26 Tore, Kylian Mbappe in der Ligue 1 auf 24.

Aus der Bundesliga würde am ehesten noch Patrik Schick, der über ähnliche Fähigkeiten wie Haaland verfügt, in das Anforderungsprofil passen. Die Führungsetage von Bayer Leverkusen schloss einen Verkauf des Stürmers aber bereits definitiv aus.

Zudem hatte es Gerüchte über eine Bundesliga-Rückkehr von Luka Jovic gegeben, ein Transfer des einstigen Frankfurters würde aber ein großes Risiko mit sich bringen. Bei dem Serben müsste nach den drei trostlosen Jahren bei Real Madrid jede Menge Aufbauarbeit geleistet werden.

Ein Kandidat wie Timo Werner dürfte nach den bereits getätigten Transfers von Niklas Süle, der dem Vernehmen nach zu einem der Topverdiener aufsteigt, und Nico Schlotterbeck (kolportierte 20 Millionen Euro) sowie Adeyemi (30 Millionen Euro plus Boni) trotz der Haaland-Millionen nicht im Budget liegen. Bei Sebastien Haller ist der BVB laut der WAZ zuversichtlich, den Transfer stemmen zu können. Nach Informationen von SPOX und GOAL gibt es bei Verantwortlichen aufgrund von Hallers Alter jedoch noch Restzweifel. Andernfalls bleibt für Kehl und Co. wohl nur die gängige Lösung, einen Rohdiamanten zu verpflichten. Wie zum Beispiel Hugo Ekitike oder Adam Hlozek.

Erling Haaland: Seine Leistungsdaten beim BVB

SaisonSpieleToreAssists
2019/2018163
2020/21414112
2021/2229288