Ein Wolfsburg-Flop als Erfolgsgarant

Jochen Rabe
15. Januar 201309:01
In der Bundesliga ein Flop, in Belgien top: Dieumerci MbokaniGetty
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Premier League, Primera Division, Serie A - Europas Topligen stehen in der Sportberichterstattung fast täglich im Fokus. Weniger Beachtung hierzulande findet der Fußball aus anderen Ländern. SPOX hat sich in Europa umgesehen und zieht ein Hinrundenfazit einiger ausgewählter Ligen. Heute: Belgien, Niederlande und Frankreich.

Belgien: Pro League

Die Hinrunde kompakt: Der RSC Anderlecht - und dann lange nichts. So hart es klingt, aber so muss man den bisherigen Verlauf der belgischen Liga zusammenfassen. Der amtierende Meister erzielte in den ersten 22 Spielen die meisten Tore (52), kassierte die wenigsten Gegentore (20) und hat mittlerweile ein Polster von acht Zählern auf den ersten Verfolger. Alles deutet darauf hin, dass Anderlecht seinen Titel in den Playoffs auch mit dem neuen Coach John van den Brom verteidigen wird.

Der beste Torschütze des Tabellenführers ist dabei ein in der Bundesliga bekanntes Gesicht: Der einstige Wolfsburg-Flop Dieumerci Mbokani. In der Bundesliga beim VfL Wolfsburg vor zwei Jahren noch grandios gescheitert, sticht der Kongolese in dieser Saison so richtig. In 23 Pflichtspielen erzielte er 21 Tore und ist somit einer der Garanten für den Durchmarsch des RSC. An der Spitze der Torjägerliste steht jedoch ein anderer: Carlos Bacca vom FC Brügge knipste in 17 Spielen 17 Mal.

Abgeschlagen Tabellenletzter ist Cercle Brügge. Der Vorjahressiebte fuhr erst drei Siege ein und hat bereits vier Zähler Rückstand auf das rettende Ufer. Gut für die "Kleinen" aus Brügge, dass auch das Schlusslicht in Belgien in die Relegation darf... SPOX

Blog: Der Playoff-Modus im belgischen Fußball

Die beiden Aufsteiger Sporting Charleroi und Waasland-Beveren schlagen sich derweil beachtlich: Beide haben sich vorentscheidend von den Abstiegsplätzen abgesetzt.

Positive Überraschung: SV Zulte-Waregem. Gerade so sprang der Klub, der seine Heimspiele im Regenboogstadion austrägt, in der Vorsaison als 13. dem Abstieg von der Schippe. Sowieso hat man sich nach dem sensationellen Pokalsieg 2006 an das Mittelmaß gewöhnt. Seitdem der mittlerweile 55-jährige Francky Dury den Klub vor ziemlich genau einem Jahr bereits zum dritten Mal übernommen hat, läuft es aber wieder rund.

Und zwar so richtig: Seit Mitte Oktober ist der Klub ohne Niederlage, holte sieben Siege und vier Unentschieden aus den letzten elf Ligaspielen und stürmte auf Tabellenplatz zwei. Die Teilnahme an den Meisterschafts-Playoffs ist mit 13 Punkten Vorsprung auf den siebten Platz beinahe schon sicher. Der Vizemeister-Titel wäre in der Liga der größte Erfolg der Vereinsgeschichte. Da verzeihen die Fans dem Team auch die bittere 0:5-Klatsche im Hinspiel des Pokal-Viertelfinals gegen Genk.

Negative Überraschung: KAA Gent. Im Vorjahr noch in den Playoffs auf Platz vier abgeschnitten, läuft es bei den Buffalos in dieser Saison gar nicht. Nach einem durchwachsenen Start wurde der norwegische Trainer Trond Sollied entlassen. Nachfolger Bob Peeters übernahm Anfang November - und ist noch unerfolgreicher als sein Vorgänger. Seitdem der 38-Jährige das Team übernommen hat, wurde kein einziger Sieg mehr eingefahren. Bereits seit zehn Spielen wartet Gent auf ein Erfolgserlebnis.

Wie sehr bei den Blau-Weißen die Nerven blank liegen, zeigte zudem eine Aktion von Ilombe Mboyo. Als der bisherige Kapitän Anfang Dezember im Ligaspiel gegen Waasland-Beveren einen Elfmeter vergab, verlor er die Nerven und legte sich lautstark mit den Fans an. Im Nachhinein zeigte sich der Kongolese reumütig: "Ich hätte mich nicht so verhalten sollen. Deswegen werde ich nicht länger die Kapitänsbinde tragen", so Mboyo.

Player to watch: Einer der Leistungsträger beim Überraschungsteam Zulte-Waregem ist der 19-jährige Thorgan Hazard. Der jüngere Bruder des Millionen-Transfers Eden steht eigentlich ebenfalls beim FC Chelsea unter Vertrag und ist bis Sommer in die belgische Liga ausgeliehen.

Wie sein Bruder wirbelt er über die linke Außenbahn oder im zentralen offensiven Mittelfeld. Mit seinen Tempodribblings und seinem Auge für die Mitspieler zeigt er, dass die Blues ihn nicht nur unter Vertrag genommen haben, um Eden Gesellschaft zu leisten, sondern dass er ein Versprechen für die Zukunft ist.

Das internationale Abschneiden: Fast die gesamte belgische Delegation kommt nicht europäisch durch den Winter. Dabei begann die internationale Saison speziell für Meister Anderlecht eigentlich vielversprechend. Nachdem sich der RSC in der Champions-Quali gegen Ekranas und Limassol durchgesetzt hatte, wurde man mit Milan, Malaga und Zenit in eine zumindest machbare Gruppe gelost - und konnte im Mailänder Giuseppe Meazza mit einem 0:0 einen Achtungserfolg erzielen. Letztlich reichte es für Anderlecht aber nicht, mit fünf Punkten wurde der belgische Meister Gruppenletzter und schied aus.

Ebenfalls in der Gruppenphase - aber in der Europa League - scheiterte der FC Brügge. Das Team von Juan Garrido war gegen Bordeaux, Newcastle und Maritimo chancenlos und schied deutlich aus. Gar nicht erst soweit kam Gent. Der KAA flog bereits in der EL-Quali gegen den ungarischen FC Videoton raus.

Mit dem KRC Genk kann nur ein belgisches Team im europäischen Wettbewerb überwintern. Und wie: Ein so starkes Abschneiden hätte den Blau-Weißen wohl kaum einer zugetraut. Immerhin waren unter anderem die Champions-League-erfahrenen FC Basel und Sporting Lissabon in der Europa-League-Gruppe des dreimaligen belgischen Meisters. Überraschend souverän gewann der KRC die Gruppe und qualifizierte sich für das Sechzehntelfinale - wo man auf den VfB Stuttgart treffen wird.

Niederlande: PSV bombt sich an die Spitze

Frankreich: Zlatan als X-Faktor für den Titel

Niederlande: Eredivisie

Die Hinrunde kompakt: Wie im Vorjahr gibt es auch in dieser Saison einen engen, spannenden Kampf um die Tabellenspitze. Punktgleich mit dem Zweiten Twente, führt der PSV Eindhoven das Klassement trotz vier Niederlagen derzeit an.

Fast unfassbar ist dabei das Torverhältnis des Teams von Trainer Dick Advocaat: In 18 Spielen erzielte der 21-malige niederländische Meister 60 Treffer!

Trotzdem steht unter den sechs besten Torjägern kein Angreifer des PSV. Stattdessen ist der 24-jährige Ivorer Wilfried Bony von Vitesse mit derzeit 16 Toren der treffsicherste Spieler der Liga.

Am Tabellenende wird es für Willem II Tilburg bereits eng. Erst zweimal konnte der Aufsteiger in der Hinrunde als Sieger vom Platz gehen. Das rettende Ufer ist dennoch in Sichtweite: Nur drei Punkte trennen das Schlusslicht vom rettenden Ufer. Vom Tabellen-14. PEC Zwolle abwärts stehen derzeit alle Teams in akuter Abstiegsgefahr.

Positive Überraschung: Vitesse Arnhem. Nach jahrelangem Abstiegskampf und Mittelmaß zog Vitesse letzte Saison überraschend in die Europa-League-Qualifikation ein. Weil Erfolgscoach John van den Brom im Sommer zum RSC Anderlecht wechselte, schien es unwahrscheinlich, dass die Schwarz-Gelben diesen Erfolg wiederholen könnten.

Unter Fred Rutten hätte es aber nicht besser laufen können. Nach neun Spieltagen war die Truppe noch unbesiegt und stand auf Rang drei. Nach dem 15. Spieltag war die Rutten-Elf sogar punktgleich mit Tabellenführer Twente Zweiter der Tabelle. Vor allem defensive überzeugte die Überraschungsmannschaft, die achtmal zu Null spielte und mit 18 Gegentreffern den zweitbesten Wert der Liga aufweist.

Erst zum Ende des Jahres 2012 ging Vitesse die Luft aus: Nach nur einem Punkt aus den letzten drei Partien rutschte man auf den fünften Tabellenplatz ab, hat jedoch noch Kontakt zur Spitzengruppe und ein komfortables Punktepolster nach unten.

Negative Überraschung: AZ Alkmaar. An die sensationellen Leistungen in der Meistersaison 2009 unter Louis van Gaal konnte AZ in den letzten Jahren zwar nicht anknüpfen, immerhin beendeten die Rot-Weißen die vergangenen Jahre aber dennoch auf Platz vier oder fünf und qualifizierten sich damit für Europa.

Davon ist die Mannschaft von Gertjan Verbeek derzeit weit entfernt. Im Vorjahr stand man nach 18 Spielen an der Tabellenspitze, ins Jahr 2013 startet Alkmaar als Zwölfter, mit bereits acht Niederlagen auf dem Konto. Besonders hakt es dabei an der Defensive: So kassierte man doppelt so viele Gegentore (32) wie zum gleichen Zeitpunkt der letzten Spielzeit.

Passend dazu das klägliche Scheitern in der Europa-League-Qualifikation: Gegen Anschi Machatschkala verlor man nach dem 0:1 im Auswärtsspiel vor heimischen Publikum gar mit 0:5.

Players to watch: Seit der letzten Saison ist Bruno Martins Indi in der Viererkette von Feyenoord unverzichtbar. Im August gab der 20-Jährige unter Louis van Gaal sein Debüt in der niederländischen Nationalmannschaft - und ist seitdem auch in der Elftal gesetzt. Martins Indi ist Linksfuß und kann sowohl Innen- als auch Linksverteidiger spielen, also ein Spielertyp genau nach den Vorstellungen des ehemaligen Bayern-Trainers.

Ebenfalls Neu-Nationalspieler ist der 20-jährige Marco van Ginkel. Der zentrale Mittelfeldspieler ist die Schaltzentrale im Spiel von Überraschungsteam Vitesse und war bereits an zehn Treffern direkt beteiligt (vier Tore, sechs Assists). Für seine starken Leistungen in der Liga wurde er mit dem Länderspieldebüt im prestigereichen Duell gegen Deutschland belohnt.

Das internationale Abschneiden: Auf europäischem Boden enttäuschte die Eredivisie beinahe auf ganzer Linie. Der amtierende Meister Ajax ist das einzige Team, das im internationalen Wettbewerb überwintert: In der Todesgruppe D der Champions League mit Real Madrid, Borussia Dortmund und Manchester City wurde Amsterdam Dritter und darf deswegen im Sechzehntelfinale in die Europa League einsteigen. Gegner wird im Februar Steaua Bukarest sein.

Außer dem Rekordmeister überzeugte jedoch keine Mannschaft. Feyenoord musste sich zuerst in der CL- (gegen Kiew), dann in der EL-Quali (gegen Sparta Prag) geschlagen geben. Ebenfalls schon in der Qualifikation scheiterten Alkmaar und Herenveen.

Eindhoven und Twente zogen wenigstens noch in die Gruppenphase der Europa League ein, schieden dort jedoch nach schwachen Auftritten aus.

Belgien: Ein-Magath-Flop als Erfolgsgarant

Frankreich: Zlatan als X-Faktor für den Titel

Frankreich: Ligue 1

Die Hinrunde kompakt: Millionentransfers, neue Geniestreiche von Ibrakadabra, spektakuläre Siege - verfolgt man die Berichterstattung hierzulande, könnte man den Eindruck gewinnen, dass Paris Saint-Germain in der Ligue 1 an der Spitze völlig einsam seine Kreise zieht. Die Wirklichkeit ist eine andere: Die Meisterschaft ist in diesem Jahr wohl nirgends in Europa so spannend wie in Frankreich. Tabellenführer ist Olympique Lyon, PSG rutschte nach dem dürftigen 0:0 gegen Ajaccio auf Platz zwei zurück. Einen Punkt dahintet liegt Olympique Marseilleauf Rang drei.

Da stellt sich die Frage: Was wäre der sündhaft teure Kader von Paris ohne Zlatan Ibrahimovic? Der Schwede ist nicht nur die schillerndste Figur, sondern auch der prägende Spieler in der Ligue 1. Mit 18 Toren führt Ibra die Torschützenliste deutlich an, der nächst beste Angreifer Bafetimbi Gomis liegt schon sieben Treffer dahinter. Ibrahimovic ist der X-Faktor im PSG-Spiel und der erste Meistertitel seit 1993 für Paris hängt eng mit der Form des Angreifers zusammen.

Im Tabellenkeller sieht es für zwei Teams sehr düster aus: Troyes hat als Vorletzter bereits sechs Punkte Rückstand zum rettenden Ufer, Nancy als Schlusslicht sogar sieben. Erst einmal gingen die Lothringer als Sieger vom Platz - am ersten Spieltag gegen Stade Brest. Seit Anfang August wartet Nancy also auf einen Erfolg. Bei einer solchen handfesten Krise beeindruckt es umso mehr, dass der Klub noch immer an Trainer Jean Fernandez festhält.

Positive Überraschung: FC Lorient. Im Mai musste man noch ganz schön zittern: Letztlich schaffte Lorient nur mit einem Punkt Vorsprung den Klassenerhalt und kam nochmal mit einem blauen Auge davon. Die neue Spielzeit begann mit einem Achtungserfolg, als man PSG am ersten Spieltag ein 2:2 abtrotzte. Acht Spiele lang blieb der Fast-Absteiger ungeschlagen, erst ein 1:6-Debakel gegen den FC Valenciennes leitete eine Schwächephase ein.

Mit einem riesigen Lauf zum Ende des Jahres machte der bretonische Klub dann allerdings doch die beste Hinrunde der Vereinsgeschichte perfekt. Mit 31 Punkten ist das Team von Trainer Christian Gourcuff (bereits seit zehn Jahren im Amt) auf Tuchfühlung mit den Europapokal-Plätzen.

Negative Überraschung: Montpellier HSC. Was für eine Achterbahnfahrt in den letzten Jahren: Aufstieg aus der Ligue 2, Fünfter, 14., sensationell Meister - so sehen die Ergebnisse des HSC in den letzten vier Jahren aus. Nach dem unglaublichen Höhenflug in der letzten Saison, sind die Südfranzosen in 2012/13 unsanft gelandet.

Der Abgang des letztjährigen Torschützenkönigs Olivier Giroud zum FC Arsenal hat ein Loch hinterlassen, das bislang niemand füllen konnte. In engen Spielen fehlt oftmals das nötige Quäntchen Glück. Schon jetzt hat Montpellier mehr Niederlagen kassiert als in der gesamten Meistersaison. Unter dem Strich steht bislang ernüchterndes Mittelmaß für das Team von Trainer Rene Girard: 29 Punkte, Platz neun.

Players to watch: Alain Traore. Der leichtfüßige Offensivallrounder aus Burkina Faso ist das Herzstück des FC Lorient. In 13 Pflichtspielen war der 24-Jährige an zehn Toren direkt beteiligt.

Vor allem die vielseitige Einsetzbarkeit macht Traore so wertvoll für seinen Trainer. Bislang wurde er in dieser Saison als Mittelstürmer, auf der Zehn, auf der linken Außenbahn und auf der Doppelsechs eingesetzt. Allerdings ist Traore auch verletzungsanfällig. Mehrere Male musste er in der Hinrunde wegen kleiner Wehwehchen passen.

Bei Olympique Lyon wird Maxime Gonalons immer unverzichtbarer. Der defensive Mittelfeldspieler spielte 18 Mal durch und bestätigte sein großes Potenzial mit einer Reihe richtig starker Leistungen. Besonders herausragend ist dabei die Passquote des 23-Jährigen: 90 Prozenz aller Bälle brachte er in der Liga zum Mann, in der Europa League sogar 92 Prozent.

Das internationale Abschneiden: In der Königsklasse hatten die Franzosen drei Eisen im Feuer. Zwei davon bekamen es mit deutschen Gegnern zu tun - und scheiterten in ihrer jeweiligen Gruppe kläglich. Der amtierende Meister Montpellier holte in einer Gruppe mit Schalke, Arsenal und Piräus nur zwei Zähler und schied sieglos aus. Lille gelang in der Bayern-Gruppe F immerhin ein Dreier, ansonsten waren die Auftritte des LOSC aber erschreckend. Der negative Höhepunkt: Die 1:6-Demontage in München.

Einzig PSG spielte eine starke Champions-League-Vorrunde und setzte sich an die Spitze einer Gruppe mit Porto, Dynamo Kiew und Dynamo Zagreb. Und das Achtelfinal-Los klingt zumindest machbar: Ibrahimovic und Co. treffen auf den FC Valencia.

In der Europa League schlugen sich die drei französischen Starter deutlich besser. Bordeaux und Lyon dominierten ihre Gruppen und zogen souverän ins Sechzehntelfinale ein. Dort allerdings bekommen es die beiden Teams mit harten Brocken zu tun. Girondins trifft auf Dynamo Kiew, Olympique muss sich mit den Tottenham Hotspur messen. Nur Marseille schied in einer Gruppe mit Fenerbahce, Mönchengladbach und Limassol aus.

Belgien: Ein-Magath-Flop als Erfolgsgarant

Niederlande: PSV bombt sich an die Spitze