Die richtungweisende Wahl ist entschieden: Ex-Ultra Kay Bernstein wird neuer Präsident beim Fußball-Bundesligisten Hertha BSC.
Aus der Kurve in das höchste Amt von Hertha BSC: Ex-Ultra Kay Bernstein ist neuer Präsident des wankenden Berliner Fußball-Bundesligisten und soll den kriselnden Klub in eine bessere Zukunft führen. Der 41-Jährige setzte sich am Sonntag in einem richtungweisenden Wahl-Showdown gegen Polit-Profi Frank Steffel (CDU) durch.
Bei der Verkündung des Ergebnisses gab es lautstarken Jubel durch Bernsteins Unterstützer, die den Fangesang "Ha Ho He" anstimmten. Der neue starke Mann wandte sich in seiner Dankesrede an alle Vereinsmitglieder. "Unsere Alte Dame liegt auf der Intensivstation", sagte er, "wir können sie nun von innen wieder heilen - und das geht nur zusammen."
Jeder der Anwesenden sei ein Hertha-Markenbotschafter und müsse helfen, "damit wir unsere blau-weiße Seele zurückgewinnen". Schon in seiner emotionalen Ansprache kurz vor der Wahl hatte er gefordert: "Wir müssen den Verein von innen entgiften. Wir brauchen einen ehrlichen, wirklichen Neustart!" Dieser werde aber nur mittels eines Burgfriedens gelingen, "der alle eint".
Das verfing: Für Bernstein votierten auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung 1670 von 3040 stimmberechtigten Mitgliedern. Er lag damit klar vor seinem schärfsten Rivalen Steffel (1280 Ja-Stimmen) sowie Außenseiter Marvin Brumme (26 Ja-Stimmen). Insgesamt wurden 3016 Stimmzettel abgegeben.
Bernstein tritt Nachfolge von Gegenbauer an
Bernstein tritt die Nachfolge von Werner Gegenbauer an. Der 72-Jährige, der seit 2008 amtierte, hatte einen Tag nach dem Klassenerhalt seinen Rücktritt erklärt. Zwischen Gegenbauer und Investor Lars Windhorst war es vermehrt zu Unstimmigkeiten gekommen. Die Auseinandersetzungen sollen laut Gegenbauer aber keinen Einfluss auf seine Entscheidung zum Abschied gehabt haben. Windhorst hatte Herthas Ex-Präsidenten unter anderem "Seilschaften" und "Klüngelei" vorgeworfen.
Die Stichwahl zwischen Bernstein und Steffel hatte sich abgezeichnet, die Kandidaten hatten aufgrund ihrer grundverschiedenen Vergangenheit polarisiert. Hier Steffel, von 2009 bis 2021 Bundestagsabgeordneter und seit 2005 Präsident des Handball-Bundesligisten Füchse Berlin.
Er war vom Hertha-Aufsichtsrat vorgeschlagen worden und galt aufgrund seiner Vita als Windhorts Favorit. Als Fürsprecher gewann Steffel zudem überraschend Hertha-Urgestein Pal Dardai, der in einem Twitter-Video Wahl-Werbung für ihn machte.
imago imagesWindhorst zur Wahl: "Es kann ja nur besser werden"
Investor Windhorst beglückwünschte Bernstein gegenüber dem kicker zur Wahl: "Mit Interesse habe ich gehört, was er und Fabian Drescher zur zukünftigen Zusammenarbeit mit dem Gesellschafter gesagt haben. Wir gehen offen und ohne jeden Vorbehalt in die kommenden Gespräche. Es kann ja nur besser als früher werden."
Bernstein, Inhaber einer Kommunikations- und Eventagentur, punktete mit seiner Authentizität, Emotionalität und Fan-Nähe. Er war Mitglied der Ultra-Gruppierung "Harlekins '98'", seine Leidenschaft für den Klub ist glaubwürdig, für viele steht er für einen echten Neuanfang. "Mit Lars Windhorst hinsetzen, Vertrauen aufbauen, abstimmen, hatte Bernstein bei der Vorstellungsrunde als einen von zehn Programmpunkten für die ersten 100 Tage seiner Amtszeit genannt.
Zu tun gibt es reichlich. Der sportliche Misserfolg, ein kaputtes Image, tiefe Gräben innerhalb des Vereins, eine wirtschaftlich angespannte Lage trotz des üppigen Millionen-Invests von Windhorst, das offene Stadionprojekt - die Liste der Problemfelder und Aufgaben ist lang. Die Hertha-Mitglieder haben entschieden: Ex-Ultra Kay Bernstein soll die passenden Lösungen finden.